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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Tages, dass mir die Knie weich werden, aber die Reihe der Grüßenden reißt nicht ab. Lady Lisle steht neben mir und flüstert mir ihre Namen ins Ohr und sagt ein paar erklärende Worte zu jedem, aber ich kann sie nicht verstehen, und außerdem sind es zu viele neue Namen, um mir alle zu merken. Die Menschenmenge betäubt mich förmlich, aber alle sind freundlich und lächeln und verbeugen sich so respektvoll. Ich sollte froh sein über so viel Aufmerksamkeit und ihrer nicht müde werden, das weiß ich wohl.
    Sobald die letzte Dame, der letzte Page mir die Ehre bezeigt hat und ich mich mit Anstand zurückziehen kann, sage ich, dass ich vor dem Dinner gern meine Privatgemächer aufsuchen möchte, und meine Dolmetscherin sagt es den Leuten, doch selbst dort bekomme ich keine Ruhe. Sobald wir meine Privatzimmer betreten, sehe ich neue fremde Gesichter: Es sind meine Kammerdiener und Zofen, die mir vorgestellt werden möchten. Ich bin von allen diesen Eindrücken und Vorstellungen so erschöpft, dass ich sage, ich wolle mich in mein Schlafgemach zurückziehen, aber nicht einmal dort darf ich allein sein. Sofort folgen mir Lady Lisle und andere Damen sowie die Kammerzofen, um zu fragen, ob ich alles hätte, was ich bräuchte. Ein halbes Dutzend Mägde kommt herein und schüttelt das Bett auf und zieht die Vorhänge zu und steht dann da und schaut mich erwartungsvoll an. Am Rande der Verzweiflung sage ich, dass ich nun beten möchte. Ich begebe mich in das kleine Kabinett und schließe die Tür vor ihren diensteifrigen Gesichtern.
    Ich höre sie draußen warten: ein Publikum, das auf den Hanswurst wartet, der herauskommen und seine Kunststücke vorführen soll. Sie sind ein wenig verblüfft über die Verzögerung, nehmen sie jedoch gelassen. Ich lehne mich an die Tür und lege den Handrücken an die Stirn. Mir ist kalt, und gleichzeitig ist mir der Schweiß ausgebrochen, als hätte ich Fieber. Ich muss es durchstehen. Ich weiß, ich kann es, ich kann Königin von England sein und eine gute Königin dazu. Ich werde ihre Sprache lernen, schon jetzt kann ich das meiste verstehen, obwohl das Sprechen mir noch Schwierigkeiten bereitet. Ich werde alle diese neuen Namen und den Adelsrang dieser Menschen lernen, damit ich sie korrekt anreden kann und nicht immer wie eine Puppe dastehe, deren Strippenzieher für sie sprechen muss. Sobald ich nach England komme, werde ich mir neue Kleider bestellen. Meine Hofdamen und ich sehen neben den englischen Schwänen wie dicke Enten aus. Die Engländerinnen gehen halb nackt mit einem Hauch von Haube auf dem Kopf, sie schweben in ihren leichten Kleidern einher, während wir in groben Barchentstoff eingeschnürt sind wie Pakete. Ich werde lernen, elegant zu sein, ich werde lernen, leutselig zu sein, ich werde es lernen, eine Königin zu sein. Ich werde es ganz sicher noch lernen, hundert Menschen zu empfangen, ohne vor Angst zu schwitzen.
    In diesem Augenblick fällt mir ein, dass sie mein Benehmen seltsam finden könnten. Am Anfang habe ich gesagt, dass ich mich zum Dinner umziehen will, und dann endet es damit, dass ich mich vorgeblich zum Beten in eine schrankgroße Kammer zurückziehe und alle warten lasse. Ich muss ihnen wohl furchtbar fromm vorkommen oder schlimmer noch: furchtbar schüchtern. Sobald mir dies bewusst wird, stehe ich wie erstarrt in dem winzigen Kabinett. Ich komme mir so tölpelhaft vor. Ich weiß nicht, wie ich es wagen soll, wieder herauszukommen.
    Ich horche an der Tür. Draußen ist es ganz still geworden; vielleicht haben sie keine Lust mehr, zu warten. Vielleicht sind sie alle fortgegangen, um ihre Kleider zu wechseln. Zögernd öffne ich die Tür einen Spalt breit und spähe hinaus.
    Nur noch eine Dame ist im Zimmer. Sie sitzt ganz ruhig am Fenster und schaut in den Hof hinunter. Als sie das verräterische Knarren der Tür hört, hebt sie den Kopf und schaut mich freundlich und interessiert an.
    »Lady Anna?«, fragt sie, erhebt sich und knickst vor mir.
    »Ich ...«
    »Ich bin Jane Boleyn«, sagt sie, da sie errät, dass ich im Gewirr dieses Morgens keinen einzigen Namen behalten habe. »Ich bin eine Eurer Hofdamen.«
    Als sie ihren Namen sagt, bin ich vollkommen verwirrt. Sie muss mit Anne Boleyn verwandt sein ..., aber was tut sie dann in meinen Gemächern? Sie soll doch wohl nicht in meine Dienste treten? Sie sollte doch im Exil oder in Ungnade gefallen sein?
    Ich schaue mich suchend um, ob jemand übersetzen kann, doch sie lächelt und schüttelt den Kopf.

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