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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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rasch!«, sage ich. »Hopp, hopp!«
    Die Wachen nehmen meine Arme, und die Tür wird aufgestoßen. Immer noch stehen die Höflinge dort, es ist fast, als erwarteten sie ein weiteres Schauspiel auf der blutbefleckten Bühne. Es gefällt mir gar nicht, durch ihre Reihen geführt zu werden, zwischen den Freunden hindurch, die sich einst durch meine Bekanntschaft geehrt fühlten. In der ersten Reihe erblicke ich einen Verwandten, den Earl of Surrey, der ein wenig beklommen auf das Sägemehl schaut, das mit dem Blut seiner Cousine getränkt ist, und dennoch versucht, es mit einem Lachen abzutun. Auch ich lache und schaue von einem Wärter zum anderen. »Hopp, hopp!«, sage ich.
    Sie ziehen ein Gesicht, als wäre es ihnen lästig, und dann packen sie fester zu und gehen mit mir auf das Schafott zu. Ich halte inne. »Nicht mich«, sage ich.
    »Kommt nun, Lady Rochford«, sagt der Mann zu meiner Rechten. »Steigt schon die Treppe hinauf.«
    »Nein!«, protestiere ich und bohre meine Absätze in den Boden, aber sie sind stärker und ziehen mich weiter.
    »Nun komm schon, sei ein braves Mädchen!«
    »Ihr könnt mich nicht hinrichten«, sage ich. »Ich bin verrückt. Ihr dürft eine Verrückte nicht richten.«
    »Doch, wir dürfen«, sagt der Mann.
    Ich krümme mich in ihrem Griff. Als sie mich zu den Stufen bringen, stemme ich meinen Fuß gegen die unterste und stoße mich ab, und sie müssen mit mir ringen. »Ihr könnt das nicht tun«, protestiere ich. »Ich bin verrückt. Die Ärzte sagen es. Der König hat seine eigenen Ärzte geschickt, jeden Tag, um zu bestätigen, dass ich verrückt bin.«
    »Hat er wohl das Gesetz geändert, was?«, prustet einer der Wärter. Nun mischt sich ein weiterer Bursche ein und schiebt mich von hinten. Seine harten Hände stoßen mich die Stufen hoch. Gerade heben sie den eingewickelten Leichnam Katherines vom Block, und ihr Kopf liegt im Korb, ihr schönes goldbraunes Haar weht über den Rand.
    »Nicht mich!«, beharre ich. »Ich bin verrückt.«
    »Er hat das Gesetz geändert«, schreit mich der Wärter an, während die Menge grölt, erheitert durch den kleinen Kampf, mich die Treppe hinaufzubugsieren. »Hat das Gesetz geändert, sodass nun jeder wegen Hochverrats geköpft werden kann, ob er nun verrückt ist oder nicht.«
    »Der Arzt, der Leibarzt des Königs, bestätigt, dass ich verrückt bin.«
    »Macht keinen Unterschied, sterben werdet Ihr trotzdem!«
    Sie halten mich am vorderen Rand der Bühne fest. Ich schaue hinunter in die lachenden, begierigen Gesichter. Niemand an diesem Hofe hat mich je gemocht, niemand wird um meinetwillen eine Träne vergießen. Niemand wird gegen diese neue Ungerechtigkeit protestieren.
    »Ich bin nicht verrückt!«, rufe ich da. »Aber ich bin vollkommen unschuldig. Ihr guten Leute, ich flehe Euch an, bettelt beim König um Gnade. Ich habe nichts Falsches getan bis auf einmal, da habe ich etwas Furchtbares getan. Und dafür habe ich bezahlt, Ihr wisst, wie sehr ich bezahlt habe. Niemand hat mich beschuldigt, aber es war das Schlimmste, was eine Ehefrau tun konnte ...« Ein Trommelwirbel dröhnt, er übertönt jeden Laut, bis auf mein Weinen. »Es tut mir leid, es tut mir ja so leid ...«
    Sie zerren mich vom Geländer zurück und zwingen mich nieder in das besudelte Sägemehl. Sie drücken meine Hände auf den Richtblock, der feucht ist von ihrem Blut. Als ich meine Hände anschaue, sind sie mit Blut besudelt, als wäre ich eine Mörderin.
    »Ich bin unschuldig!«, rufe ich aus. »Ich habe nie etwas getan. Ich war nie schuldig. Mein einziges Verbrechen habe ich gegen George begangen, um Georges Liebe zu erringen, die Liebe meines Mannes George, Gott möge mir vergeben - ich will alles beichten ...«
    »Auf drei«, sagt einer der Wärter. »Eins - zwei - drei.«
 
***

 
 
    Sechs Jahre später
A NNA , H EVER C ASTLE , J ANUAR 1547
 
    So ist er also endlich tot: mein Ehemann, der mich verleugnete, der Mann, der die Verheißung seiner Jugend nicht erfüllte, der König, der zum Tyrannen wurde, der Gelehrte, der irrsinnig wurde, der geliebte Junge, der zu einem Ungeheuer wurde. Nur sein Tod bewahrte seine letzte Ehefrau Catherine Parr vor der Hinrichtung. Sie stand kurz davor, wegen Hochverrats und Häresie verhaftet zu werden - aber der Tod, der so lange Heinrichs Verbündeter und Kuppler gewesen war, kam nun auch zu ihm.
    Der Herzog von Norfolk kam sogar noch knapper davon als des Königs letzte Frau. Er saß bereits im Tower und wartete auf den Tod,

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