Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance
weitersagt. Das ist gut, denn es bedeutet, dass eine von ihnen es Francis mit Sicherheit erzählen wird, bevor er heute Abend kommt - und so wird er erfahren, dass ich ihn mag.
Ich kenne ihn nun schon seit Monaten, ein halbes Leben lang. Am Anfang haben wir uns nur angeschaut, aber jetzt lächelt er und grüßt freundlich. Einmal hat er mich sogar beim Namen genannt. Er kommt zusammen mit den anderen jungen Männern unseres Hauses zu Besuch in den Mädchensaal, und er glaubt, dass er in Joan Bulmer verliebt ist, die Augen hat wie ein Frosch. Wenn sie ihre Gunst nicht so großzügig verteilte, würde kein Mann sie ein zweites Mal ansehen. Aber sie ist frei, sehr frei in ihrer Art, und deshalb bin ich es, die er kein zweites Mal ansieht. Das ist ungerecht. So ungerecht. Sie ist gute zehn Jahre älter als ich und verheiratet und weiß daher, wie man Männer anlockt, während ich noch viel zu lernen habe. Dereham ist auch schon über zwanzig. Alle halten mich für ein Kind, aber ich bin kein Kind mehr, das werde ich ihnen schon zeigen. Ich bin vierzehn, ich bin zur Liebe bereit. Ich bin bereit für einen Liebhaber, und ich bin so verliebt in Francis Dereham, dass ich sterben muss, wenn ich ihn nicht sofort sehe! Vier Stunden und vierzig Minuten.
Von heute an muss alles anders werden. Jetzt, da ich vierzehn geworden bin, wird sich alles ändern. Es muss sich ändern, das weiß ich. Ich werde meine neue französische Haube aufsetzen, und ich werde Francis Dereham sagen, dass ich vierzehn bin, und er wird mich als das sehen, was ich in Wahrheit bin: eine Frau, eine Frau mit einiger Erfahrung, eine erwachsene Frau ... Und dann werden wir ja sehen, wie lange er noch bei dem alten Froschgesicht bleibt, wenn er doch nur auf die andere Seite des Saales zu kommen braucht, um sich in mein Bett zu legen.
Er ist nicht mein erster Liebhaber, das ist wohl wahr; aber für Henry Manox habe ich nie so tief empfunden, und wenn er das behauptet, dann lügt er. Henry Manox war gut genug für mich, als ich ein einfaches Landmädchen war, ein Kind noch, das Tafelklavier spielen lernte und von Küssen nichts wusste. Denkt nur, als er mich zum ersten Mal küsste, da mochte ich es nicht einmal und bat ihn, aufzuhören. Und als er mir die Hand unter das Hemdchen schob, war ich so erschrocken, dass ich laut aufschrie und weinte. Ich war erst elf, wie konnte er da von mir erwarten, dass ich die Freuden einer Frau kannte? Doch jetzt weiß ich Bescheid. Drei Jahre mit den anderen Mädchen im Saal haben mich alle Tricks gelehrt. Ich weiß, was ein Mann will, und ich weiß, wie ich ihn reizen kann, und ich weiß auch, wann ich aufhören muss.
Mein guter Ruf ist meine Mitgift - meine Großmutter würde betonen, dass ich keine andere besitze (fiese, alte Katze!)-, und niemand soll jemals sagen können, Katherine Howard wüsste nicht, was sie sich und ihrer Familie schuldig ist. Ich bin jetzt eine Frau, ich bin kein Kind mehr. Henry Manox wollte mein Liebhaber sein, als ich noch ein unschuldiges Kind vom Lande war, als ich noch fast nichts wusste. Ich hätte ihn auch gewähren lassen, nachdem er mich wochenlang bestochen und bedrängt hatte, bis zum Letzten zu gehen, aber dann hat er schließlich doch aufgehört, weil er Angst hatte, erwischt zu werden. Die Leute hätten ihn verurteilt, weil er über zwanzig war und ich erst elf. Deshalb wollten wir warten, bis ich dreizehn würde. Aber jetzt lebe ich im Norfolk House in Lambeth und bin nicht mehr in Sussex begraben. Jeden Tag könnte es geschehen, dass der König höchstpersönlich an unserer Tür vorbeireitet, nebenan wohnt der Erzbischof, und mein eigener Onkel Thomas Howard, der Herzog von Norfolk, kommt mit großem Gefolge zu Besuch - und einmal hat er sich sogar an meinen Namen erinnert! Ich bin Henry Manox jetzt turmhoch überlegen. Ich bin kein dummes Ding vom Lande mehr, das er zu Küssen und mehr zwingen kann. Ich habe eine höhere Stellung erklommen. Ich weiß, was sich im Schlafzimmer abspielt. Ich bin eine Howard, und ich habe eine glänzende Zukunft vor mir.
Doch ausgerechnet jetzt, wo ich alt genug bin, um an den Hof zu gehen - und als eine Howard würde ich selbstredend der Königin dienen -, ausgerechnet jetzt haben wir keine Königin mehr! Das ist eine Katastrophe. Wir haben keine Königin, denn Königin Jane starb nach der Geburt ihres Kindes - womit sie ja nur ihre Pflichten verweigert hat! -, und so gibt es am Hof keine freien Posten für Ehrenjungfrauen. Das ist so ein
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