Das Erbe der Lens
Lyranerin?«
fragte Maitland entsetzt. Kinnison spürte, wie sich die Gedanken seines Freundes überstürzten. »Das kompliziert die Dinge natürlich. Aber Kim – was um alles in der Welt hatte Eddie auf Lyrane zu suchen, und wie ist er den Sirenen entkommen?«
»Ich weiß es nicht, Cliff«, erwiderte Kinnison. »Vielleicht sollte ich dir noch sagen, daß ich das Mädchen sogar kenne, Sie war die Flughafenverwalterin, die es während meines ersten Besuches auf Lyrane II auf meinen Kopf abgesehen hatte.«
»Hmm.« Maitland war ratlos. »Dann muß man ja fast annehmen, daß auch an der Geschichte mit dem Lens-Träger etwas dran ist – jedenfalls soviel, daß sich eine Überprüfung lohnt. Mir kommt der kalte Schweiß bei dem Gedanken, daß ein Lens-Träger die Seite gewechselt haben könnte. Möchtest du dich persönlich um die Sache kümmern?«
»Ja. Dabei werde ich vielleicht eine Nebenrolle spielen, denn es gibt bestimmt Leute, die hierfür besser geeignet sind. Ich werde alles Nötige veranlassen. Besten Dank, Cliff – und Raum-ho!«
Anschließend setzte er sich mit seiner Frau in Verbindung und berichtete ihr nach einer kurzen, herzlichen Begrüßung von seinen Feststellungen.
»Dein Wunsch erfüllt sich also, Liebling«, schloß er. »Ich kann dich nicht aus der Sache heraushalten, selbst wenn ich es wollte. Sage den Mädchen Bescheid, lege deine Lens um, packe die Koffer und mache dich an die Arbeit.«
»Auf der Stelle!« lachte Clarissa, und ihre Begeisterung war deutlich spürbar. »Vielen Dank, Liebster!«
Erst jetzt kümmerte sich Kimball Kinnison um die Gestalt am Boden, und als Sybly Whyte sein Notizbuch schloß und das Lokal verließ, hatte sich der Mann beruhigt. Er wußte noch nicht, daß seine Leiden jetzt vorüber waren und daß er, nachdem eine ausreichende Zeit vergangen war, um den »Schriftsteller« nicht mehr mit seiner Heilung in Verbindung zu bringen, völlig genesen und so die Chance haben würde, wieder als Meteor-Schürfer zu arbeiten. Und daß er diesmal mehr Glück haben würde.
9
Das Abenteuer im Hypertunnel hatte Kathryn Kinnison die Augen geöffnet und sie erkennen lassen, wie schwach und fehlbar sie war. Es war an der Zeit, Arisia aufzusuchen. Und so näherte sie sich dem Planeten mit Höchstgeschwindigkeit und schickte Mentor ihre Gedanken entgegen. Sie wußte, daß sie dem Weisen von Arisia jederzeit willkommen war.
»Ah, meine Tochter Kathryn!« tönte ihr der Gedanke Mentors entgegen, in dem ein Hauch von Zuneigung zu liegen schien. Oder täuschte sie sich? »Bitte landen Sie wie gewöhnlich.«
Als sie die Strahlen der Landeautomatik spürte, die ihr kleines Schiff ergriffen, neutralisierte Kathryn die Kontrollen. Bei ihren bisherigen Besuchen war ihr alles selbstverständlich vorgekommen, doch heute hatte sie ihre Zweifel. War das, was sie zu sehen und zu fühlen glaubte, wirklich existent? Versuchsweise konzentrierte sie sich nach innen und erforschte ihren Geist bis in seine dunkelsten Tiefen, ohne auf die Spuren einer äußeren Einflußnahme zu stoßen. Sie allein hatte Gewalt über sich, und kein anderer Geist hätte den ihren spurlos unterwandern können. Wenn sie diese Schlußfolgerungen erweiterte, mußte also auch die Landung der Wirklichkeit entsprechen.
Sie landete. Der Boden, den sie betrat, war ebenso real vorhanden, wie der automatische Gleiter, der sie in kürzester Zeit vom Raumhafen zu ihrem Ziel brachte – zu dem unauffälligen Haus auf dem großen Krankenhausgelände. Der Kiesweg, die Blumenbeete und der unbeschreiblich süße und schwere Duft, der Schmerz und der kleine Blutstropfen an ihrem Finger, als sie sich unvorsichtig an einem Dorn verletzte – all das war Wirklichkeit.
Die automatischen Türen öffneten sich vor ihr, und sie betrat die vertraute Bibliothek Mentors, der sie hinter seinem großen Schreibtisch erwartete. Er schien sich nicht verändert zu haben. Irgendwie erinnerte er sie an ihren Vater, auch wenn er älter wirkte – sehr viel älter. Sie hatte ihn immer für neunzig gehalten, obwohl er kaum wie sechzig aussah. Diesmal streckte sie versuchsweise ihre Gedankenfühler aus und wich erschrocken zurück. Ihre Gedanken wurden aufgehalten – nicht von einer Barriere überlegener geistiger Macht, sondern von einem gewöhnlichen Gedankenschirm.
Unsicher blickte sie sich um.
»Ich weiß nicht ... Ist das alles hier ... Sind Sie ... Ich meine, existiert das wirklich, was ich hier sehe?« brach es aus ihr hervor. »Ich könnte
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