Das Erbe der Lens
Problem unlösbar erscheinen würde. In Wirklichkeit ist diese Hürde jedoch durchaus bezwingbar. Das werden Sie erkennen, wenn Sie sich einige Wochen damit beschäftigt und sich wieder etwas gesammelt haben. Auf keinen Fall dürfen Sie versagen – und nach meiner Vision werden Sie erfolgreich sein.«
Die Verbindung wurde unterbrochen. Kinnison schleppte sich müde an seine Kontrollen, ging in den trägheitslosen Flug über und machte sich auf die Heimreise nach Klovia. Für einen Mann, dessen Ausbildung abgeschlossen war, fühlte er sich bemerkenswert unsicher und hilflos. Er hatte um Hilfe gebeten. Aber was hatte er bekommen? Mentor hatte ihm einen Vortrag über philosophische, mathematische und physikalische Probleme gehalten – einen Vortrag, von dem er nicht recht wußte, was er damit anfangen sollte. Mentor hatte wahrscheinlich gewußt, was er tat, aber Kit hatte keine Ahnung, wie er die Ratschläge des Arisiers in die Wirklichkeit umsetzen sollte. Jedenfalls hatte er genug Stoff zum Nachdenken, und je eher er sich eingehend damit beschäftigte, desto besser.
Als er dann entspannt in seiner Koje lag und zur Decke starrte, begannen sich einzelne Teile des unvorstellbar komplizierten Puzzlespiels zu formieren und standen plötzlich in ganz neuer Beziehung zueinander. Die gewöhnlichen Zwilniks ... die Overlords von Delgon ... die Kalonier ... diesen Aspekt mußte er noch einmal mit seinem Vater besprechen. Dann die Eich ... Kandron von Onlo ... ›X‹ ... diese Probleme lagen in guten Händen. Dann hatte Mentor von einem Planeten Ploor gesprochen – was hatte er damit sagen wollen? Dieses Bruchstück wollte sich noch nicht in das Gesamtbild einfügen. Schließlich blieb Eddore übrig – und bei dem Gedanken an diesen Planeten rann es dem jungen Lens-Träger kalt über den Rücken. Eddore war einzig und allein sein Problem – Mentor hatte keinen Zweifel daran gelassen. Seit unzähligen Millionen von Jahren hatten die arisischen Pläne der Vernichtung der Eddorier gegolten, und er war zur Schlüsselfigur dieser Pläne geworden. Konnte er einen Angriff gegen einen Gegner leiten, von dem er absolut nichts wußte? Der einzige Weg, sich mit Eddore und seinen Bewohnern bekannt zu machen, führte über einen persönlichen Besuch. Er überlegte, ob er die Mädchen zu Hilfe rufen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Sie waren im Augenblick unterwegs und hatten außerdem genug damit zu tun, zu sich selbst zu finden. Er hatte dieses Ziel mit Hilfe Mentors bereits erreicht, und je mehr er sich mit der Frage beschäftigte, desto deutlicher wurde es, daß er sein Entwicklungsprogramm nur mit einer Ein-Mann-Expedition auf den Heimatplaneten der Erzfeinde der Zivilisation eröffnen konnte.
Er sprang aus seiner Koje, änderte den Kurs seines Schiffes und setzte sich mit seinem Vater in Verbindung.
»Paps? Hier ist Kit. Ich habe mich in den letzten Tagen auf Arisia herumgetrieben und bin dort auf einen Gedanken gestoßen, den ich mit dir besprechen möchte. Es handelt sich um die Kalonier. Was weißt du über diese Rasse?«
»Sie haben eine blaue Hautfarbe und ...«
»Das meine ich nicht.«
»Ich weiß. Im Laufe des boskonischen Krieges haben wir mit den Kaloniern Helmuth, Jalte, Prellin, Crowninshield zu tun gehabt ... mehr Namen fallen mir im Augenblick nicht ein. Dabei hat es sich um geschickte und kluge Männer gehandelt, die jedoch ausnahmslos der Geschichte angehören. Einen Augenblick – ich habe Eddies Lens-Träger vergessen! Der einzige wirklich scharfe Teil des Bildes war die Lens, da sich Eddie für die vielen hundert Leute, denen er im Laufe seines Lebens begegnet ist, nicht sonderlich interessiert hat. Aber der Lens-Träger war eine Ausnahme ... hier ist sein Bild. Leider nicht sehr scharf.« Die beiden Männer betrachteten die verwischte Gestalt, die im Geist des Freien Lens-Trägers aufgelebt war. »Meinst du nicht auch, daß es sich um einen Kalonier handeln könnte?«
»Durchaus. Aber leider haben wir keine Gewißheit. Was ist mit der Lens? Hast du dich einmal richtig damit beschäftigt? Ihr Abbild ist sehr deutlich ...«
»Natürlich! Aber mit ihr stimmt irgend etwas nicht – Ausstrahlung und Rhythmus sind irgendwie fremd und sehr wahrscheinlich boskonischen Ursprungs. Und das ist der springende Punkt, der mich beunruhigt.«
»Richtig. Dieser Umstand paßt gut zu dem eigentlichen Grund meines Anrufes. Ich bin nämlich der Meinung, daß wir bisher einen wichtigen Tatbestand übersehen haben.
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