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Das Erbe Der Loge: Roman

Das Erbe Der Loge: Roman

Titel: Das Erbe Der Loge: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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unserem Stiefonkel zu suchen. Deine Überprüfung ergab sehr schnell, dass du der Vermisste warst, was die Informationskette erheblich erleichterte.«
    Erheblich erleichterte, kreiste es in meinem Kopf. Für wen?
    Man sagt Tieren nach, dass sie weit vor der Zeit in der Lage sind, Katastrophen zu spüren. Ich hatte das erste Mal in meinem Leben eben dieses Gefühl, dass ich kurz vor solch einer stand.
    Mit einer erneuten Schaummaske versuchte ich Zeit zu schinden, um ja nicht das Bad verlassen zu müssen.
    »Was hat der Rabbi damit zu tun?«
    »Das war uns auch nicht ganz klar. Aber seine Daten auf dem Computer beweisen, dass Goldrausch Gelder über die Synagoge auf diverse Konten ins Ausland geschleust hat.«
    »Du hast ihm also kein Anti-Viren-Programm aufgespielt?«
    »Hältst du mich für blöd? Ich sperre mich doch nicht selbst aus. Mit jedem seiner Updates des vermeintlichen Anti-Viren-Programms komme ich jetzt tiefer in die Kanäle hinein. Dabei glaube ich noch nicht einmal, dass der Rabbi davon weiß. Die Daten sind verschlüsselt, auf ganz raffinierte Weise. Aber ich komme noch dahinter, wie das Ding zu knacken ist.«
    »Warum konntest du dann den Zugriff auf die Verlagsdateien plötzlich nicht mehr knacken?«
    »Die habe ich sofort nach deinem ruhmlosen Abgang geknackt«, kam es stolz aus dem Wohnzimmer. »Das hat mich überhaupt erst auf die Synagoge gebracht und die Verbindung zwischen Goldrausch und dem Verleger bestätigt. Hannah hätte sich die Schlepperei mit den Zeitungen sparen können. Euer Verleger ist ein schlauer Hund. Der geht nicht über den Verlags-Server. Er hat seine eigene, völlig separate Leitung zum Zentralcomputer. Nicht ganz einfach, da dranzukommen. Aber es hat sich gelohnt.«
    Nun hatte ich mich schon zweimal rasiert, hatte zweimal das Waschbecken und die Dusche geputzt. Jetzt fiel mir nichts mehr ein, was mich hätte länger im Bad halten können.
    Die kostbare und informative Distanz war dahin. Ich musste den anonymen Beichtstuhl »Bad« verlassen und hoffen, dass Sam jetzt nicht wie ein Sünder, der plötzlich nach der Absolution seinem Pfarrer von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, in peinliche Starre verfiel.
    »Ich habe Hunger und Durst. Kannst du mir die Zusammenhänge beim Essen erzählen? Du bist mein Gast«, versuchte ich den Faden wieder aufzunehmen.
    Sam schaute auf die Uhr und wackelte abwägend mit dem Kopf hin und her. »Wir haben noch drei Stunden. Zu ein paar Bierchen und einem Steak wird es reichen. Zieh dir aber bitte etwas Gedecktes an, und ich fahre.«
    Er klang so, wie ich es befürchtet hatte. Dienstlich. Er hatte nie gebeichtet. Seine Erklärung um die Zimmerecken hatte es nie gegeben. Mich fröstelte, obwohl es in der Wohnung zum Ersticken heiß war. Vermutlich bist du nach einem ganzen Tag ohne Bier auf Entzug, versuchte ich das Gefühl zu bagatellisieren. Wusste aber, dass es schlicht die Ungewissheit war, in der man mich gezielt zu halten schien.
    Anfüttern nannte man das bei Anglern und Jägern, um die Beute durch Sucht nach was auch immer an den Platz ihres Todes zu gewöhnen. Verdammt, ist es einfach, dich als von Beruf neugierigen Journalisten zu ködern, haderte ich mit dieser Erkenntnis. Es musste nur außergewöhnlich genug sein, schon sprang die Flamme der Hoffnung nach der Story des Lebens auf, die einen berühmt machte, die einen all die Jahre Buckeln unter selbstgefälligen Chefredakteuren und arroganten Verlegern, Frustsaufen und nie funktionierendes Privatleben vergessen machte.
    »Ganz schön einfach gestrickt, so ein Journalist, stimmt's?«, sah ich Sam fragend an und hoffte, dass er es nicht bestätigen würde.
    Der verzog nur die Mundwinkel zu einem flüchtigen Lächeln, enthielt sich aber jeden Kommentars.
    »Warum haben wir noch drei Stunden Zeit? Wozu und wofür? Ich habe heute keine Lust mehr auf irgendwelche Termine, die nicht mit mir abgesprochen wurden.«
    Sam stand wortlos auf und ging ins Schlafzimmer. Nachdem er sich zwei Minuten über meine Sortierweise im Kleiderschrank informiert hatte, legte er mir mit sicherem Griff das heraus, was ich eigentlich nur zur Beerdigung von guten Freunden anzog. Ein weißes Hemd, den grauen Anzug, der am Bauch und im Schritt klemmte, eine dunkelblaue Krawatte, deren Knoten mir mal eine wildfremde Frau auf dem Friedhof gebunden hatte und den ich mich nie mehr getraut hatte zu öffnen, die schwarzen Schuhe.
    »Was wird das denn? Gehen wir zu einer Leichenschau?«
    Sam schüttelte den Kopf.

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