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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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bleiben, wollte den Sieg mit seinem Vorfahren auskosten, vielleicht sogar mit ihm nach Worms zurückkehren, wo er zu Gunthers Krönung den Drachenschädel auf den Marktplatz werfen würde. Doch er spürte, wie der Strom der Zeit an ihm zerrte, ihn wieder fortreißen wollte in die Jahre, in die er gehörte.

    Nun, da Fafnir gefallen war, fühlte sich Siegfried fast magisch von der Höhle angezogen, die ihm den Lohn für seine Tat versprach. Bevor Sigfinn ihn warnen konnte, dass die Nibelungen seinen Geist mit ihrem Gold blenden würden, packten die Götter ihn am Kragen, und die Welt drehte sich erneut um ihn. Licht, Dunkel, Licht, Dunkel.
    Es würde eine Rückkehr in Frieden sein. Sigfinn hatte dafür gesorgt, dass Siegfried gelang, was seiner Legende entsprach. Er würde sich nicht dem finsteren Hagen unterwerfen, und Hagen würde keinen Pakt schließen, um mit Fafnir an seiner Seite aus dem kleinen Reich Burgund die schwarze Macht Burant zu schmieden.
    Island würde wieder sein Reich sein, Christer sein Vater, Kari seine Mutter. Frieden würde herrschen und Brynja an seiner Seite sein.
    Doch was Sigfinn als Nächstes spürte, war Kälte und kräftiger Wind, der mit tausend Nadeln seine Wangen stach. Er öffnete die Augen und wartete den Moment ab, den sie brauchten, sich an das neue Licht zu gewöhnen.
    Er war in Worms, immer noch. Das Worms von Hagen, düster und im Chaos. Fafnirs Kadaver. Neben ihm lag der Leichnam des alten Siegfried, und Brunhilde war noch an seiner Seite. Durch das hässliche Loch in der Mauer, wo einst der Balkon gewesen war, hörte er die Unruhe in den Straßen. Doch nun war es Tag, und um den Drachen schwirrten Abertausend Fliegen.
    »Wie lange war ich fort?«, verlangte Sigfinn zu wissen.
    »Was für dich nur wenige Stunden waren, war für Worms zwei Wochen«, sagte Brunhilde. »Ich habe auf dich gewartet. Du hast gut getan.«
    »Warum bin ich wieder hier?«, fragte er verwirrt.
»Warum bin ich noch hier? Siegfried hat den Drachen besiegt, und der Fluss der Zeit ist wieder im Lot.«
    Brunhilde schüttelte den Kopf. »Ein letztes Rad ist noch zu drehen, bevor fließt, was zu fließen bestimmt ist.«
    Sigfinn war gleichermaßen enttäuscht, wütend und erschöpft. »Was ist denn noch? Sind der Opfer nicht genug gebracht? Wurde nicht genug Blut vergossen? Lass uns gehen - mich, Calder und Brynja. Gib uns unsere Welt zurück!«
    Die blinde Seherin, die einst Königin gewesen, legte Siegfrieds Kopf mit großer Vorsicht auf den Steinboden und stand mühsam auf. Mit einer dünnen Hand deutete sie in den Himmel hinauf, an dem sich graue Wolken ballten. »Ihr müsst euch zusammenfinden und das Amulett des Drachen schmieden. Es ist der Schlüssel, ohne den sich die Tür in deine Wirklichkeit nicht öffnen lässt.«
    Sigfinn zog das Amulett aus dem Hemd, das den vorderen Teil des Drachen zeigte - ohne sein Auge. »Dann werde ich mit Brynja und Calder nicht in unserer Zeit vereint, sondern muss sie hier finden? Wie soll das gehen? Woher kann ich wissen, ob sie überhaupt noch am Leben sind?«
    Diese Frage hatte ihn in den letzten Wochen so wenig beschäftigt, weil er immer davon ausgegangen war, alles rückgängig machen zu können, was seit der Nacht in Island geschehen war, als die Zeit gebrochen wurde.
    »Sie leben, so viel kann ich dir sagen«, entgegnete Brunhilde. »Und die Kraft des Amuletts treibt euch zueinander. Aber es wird kein leichtes Wiedersehen.«
    Sigfinn atmete tief ein, und im Vergleich zum Nibelungenwald, den er gerade durchschritten hatte, roch es wieder abgestanden und schwefelig. »Ist es ein neues Spiel der Götter?«

    Die Seherin schüttelte den Kopf. »Kein Spiel mehr. Aber nun liegt es an dir, was kommt. Siegfried hat seinen Teil getan und seinen Frieden dafür bekommen.«
    Mit erstaunlicher Leichtigkeit hob sie den Leichnam des Kriegers in ihre Arme, ging zum Loch in der Mauer und dann mit sicherem Schritt darüber hinaus. Ihre Füße brauchten keinen Boden, ihr Auge kein Ziel. Es sah aus, als trüge sie Siegfried geradewegs in den Himmel. Oder nach Asgard.
    Sigfinn blieb allein zurück, mit Fafnirs stinkendem Kadaver.
    Plötzlich erzitterte die Burg. Staub rieselte von der Decke. Der Prinz von Island hörte Geschrei auf den Straßen von Worms, wütenden Jubel. Ganz Drachenfels schien zu stöhnen, sich gefesselt zu winden.
    Er sprang auf und wagte sich gerade so weit an das Loch im Gemäuer, dass er unter und vor der Burg eine riesige Menschenmenge sehen konnte, die gegen

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