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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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gezeigt. Die Höhle war kaum einen halben Tagesmarsch entfernt, aber da es keinen direkten Pfad gab, musste der ehemalige Schmied mühsam über Wurzelwerk und Findlinge steigen.
    Irgendwann tauchte das gähnende Maul aus Erde und Stein in einem Hügel vor ihm auf, und Siegfried war die Anspannung anzumerken. Er bewegte sich nur noch bedächtig, und es steigerte seine Vorsicht noch, als er auf einem Pfahl den Kopf eines Mannes stecken sah, den Sigfinn nach den Legenden als Kronprinz Giselher von Burgund erkannte.
    Doch Fafnir wartete nicht in der Höhle auf seinen Feind, sondern kam aus dem Himmel herabgestoßen und fiel Siegfried ohne Vorwarnung in den Rücken. Nur mit Mühe gelang es ihm, aus dem Weg zu springen, auf dass die Krallen der Bestie ihn nicht packten und zerquetschten.
    Obwohl Sigfinn Fafnir öfter begegnet war und er sogar dessen Tod miterlebt hatte, war er von grausiger Ehrfurcht erfüllt. So wie Siegfried war der Lindwurm jung an Jahren und voller gnadenloser Kraft. Seine lederne Haut schimmerte, und die Schuppen waren glatt und ohne Kratzer. Sein Leib schien schmaler, beweglicher, und er setzte den zweigeteilten Schwanz noch stärker als Waffe ein. Siegfried hatte kaum eine Chance, im direkten Zweikampf gegen ihn
zu bestehen. Nachdem er sich mehrere böse Schläge eingehandelt hatte und viele Locken den Flammen geopfert waren, wich er von der kleinen Lichtung in den dichten Wald aus, wohin Fafnir ihm nur ungelenk folgen konnte. Das schwere Wurzelwerk einer Eiche gab ihm Schutz, bis der Drache ihn geflohen wähnte.
    Seltsam - keiner der Heldengesänge hatte je erwähnt, dass Siegfried vor dem Drachen davongelaufen war, auch wenn es in dieser Situation das Klügste war, was es zu tun gab.
    Der Drache kehrte in seine Höhle zurück, zufrieden damit, den Gegner in die Flucht geschlagen zu haben. Sigfinn sah es in dem dunklen Gang funkeln, und für einen Moment erinnerte er sich an das Gold, das er dort gesehen hatte - und an die Nibelungen, die ihn verlocken wollten. Er war neugierig, wie die Zwerge und der Lindwurm zueinander standen.
    Nach einer Weile tauchte Siegfried wieder auf, auf dem Hügel direkt über dem Eingang der Höhle. Offensichtlich wollte er nun etwas planvoller vorgehen und sah sich die Arena genau an. Dann zog er sein zerrissenes Hemd vom Leib. Auch auf die Entfernung von fast fünfzig Schritten konnte Sigfinn seine beeindruckenden Muskeln sehen. Die Arbeit in der Schmiede hatte ihn zu einem Hünen gemacht. Leisen Schrittes schlich der Erbe von Xanten zum Eingang der Höhle und schnappte sich den Schädel des unglücklichen Giselher. Er stopfte ihm einen Streifen Stoff seines Hemdes in den Mund und band ihn am abgeschlagenen Hals durch, so dass er pendeln konnte wie eine Kugel. Dann kletterte er wieder auf den Hügel und schwenkte den Schädel für Fafnir sichtbar hin und her, den Drachen lauthals verhöhnend.

    Es war ein Mut, den Sigfinn in seinem Leben nicht aufgebracht hätte, und er zeigte Wirkung: Fafnir kroch wütend aus der Höhle, und Siegfried hatte Gelegenheit, ihm ins Genick zu springen. Mit Nothung in der Hand ritt er auf dem Drachen, doch jeder Versuch, die Klinge in das Tier zu rammen, scheiterte an den Schuppen, die wie Eisenplatten waren. So lief auch dieser Angriff nicht zu Siegfrieds Gunsten, und der Drache behielt die Oberhand. Er kroch rückwärts in die Höhle, um den Angreifer von seinem Rücken zu streifen. Es gelang Siegfried gerade noch, über Fafnirs Kopf zu springen und sich im Dreck abzurollen. Nothung fiel aus seiner Hand. Nicht so weit, dass er das Schwert nicht sofort hätte wieder greifen können …
    In diesem Moment geschah etwas, das so falsch war, dass Sigfinn es nicht übersehen konnte. Nothung, schon zur Ruhe gekommen, rutschte noch ein Stück weiter. Siegfried hechtete ihm nach, aber es entzog sich seinem Griff, als wolle es von ihm nicht mehr gehalten werden!
    Sigfinn wusste, dass er den Moment gefunden hatte! Den Moment, an dem die Geschichte nicht so verlaufen würde, wie sie vom Schicksal vorgesehen war! Es war Siegfried bestimmt, das Schwert zu nehmen und durch den Gaumen in den Drachenschädel zu wuchten. Doch ohne Nothung war Xantens Erbe nur einen Flammenstoß vom sicheren Tod entfernt!
    Jetzt hörte Sigfinn auch das hässliche Kichern der Nibelungen, und in der Höhle sah er ihre kleinen Augen in der Dunkelheit glimmen. Mit ihren Zauberkräften schoben sie das Schwert über den Boden, stets gerade so weit, dass Siegfried panisch

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