Das Erbe der Pandora
näher. Er zieht die Schlinge zu: Ich kann es
regelrecht fühlen. Jetzt bin ich an der Reihe. Und ich habe meine Strategie
endlich vor Augen. Es dauerte eine Zeitlang, aber dann war es mir plötzlich
ganz klar.«
»Kip, warum kommst du nicht ins Bett
und holst etwas Schlaf nach? Ich weiß, daß dir eine Menge im Kopf
herumschwirrt, Liebster, aber —«
»Warum hast du die Polizei angelogen,
was den Zeitpunkt anging, an dem ich mit Brianna zu der Geburtstagsfeier
gefahren bin? Wegen deiner Lüge kann ich über eine Stunde meines Tages keine
Rechenschaft ablegen. Eine Stunde, in der Banzai mir nach Hause hätte folgen
können, wir hätten streiten können, und ich hätte ihn die Treppe hinunterstoßen
können. Warum?«
Summers mit Silikon angereicherte
Unterlippe zitterte. »Ich habe nicht gelogen. Ich schwöre dir, daß ich wirklich
dachte, es wäre drei Uhr gewesen. Ich hab’ nicht so auf die Uhrzeit geachtet.
Der Polizei hab’ ich erzählt, daß ich mich geirrt habe.«
»Nachdem der Schaden angerichtet war.
Gute Taktik.«
»Sieh mich nicht so an. Ich führe
nichts gegen dich im Schilde.«
»Das Monster wird bald seinen letzten
Zug machen.« Kip kniff wissend die Augen zu. »Aber ich habe eine Strategie. Ich
habe eine Strategie.«
»Ich bin nicht hinter dir her, Kip!«
Tränen strömten aus Summers Augen. »Ich liebe dich.«
Kip öffnete eine Schreibtischschublade
und holte mehrere gelbe Schreibblöcke heraus, die mit Gummibändern
zusammengehalten waren.
»Du liebst mich? Demzufolge jedenfalls
nicht. Hier steht, du bewunderst meine Genialität, und zeitweise magst du mich,
aber du hast mich nie geliebt. Manchmal tat ich dir sogar leid.« Er legte beide
Hände auf die Stapel.
Sie zuckte schlaff mit den Schultern.
»Ich hatte es dir gesagt. Du sollst
mich nicht hintergehen, und du sollst nicht alles mögliche ausplaudern.«
Summer ließ die Einkaufstüten fallen
und schlug die Hände vors Gesicht. »Ich hab’s für dich getan«, schluchzte sie.
»Ich wollte alles, was man über dich sagt, richtigstellen. Ich weiß, daß du
Bridget nicht getötet hast.. Das habe ich dort aufgeschrieben. Als ich dem
Verlag sagte, daß du nicht wolltest, daß ich das Buch schreibe, wollten die
ihren Vorschuß wiederhaben. Aber den hatte ich ausgegeben. Ich muß ihnen jetzt
das Buch geben.«
»Verbrenne es.«
»Was?«
Er zog eine Schublade auf, holte eine
Schachtel Streichhölzer heraus und warf sie ihr über den Tisch zu. »Du bekommst
nie genug, oder? Du mußt immer noch mehr haben. Dein Busen war in Ordnung, aber
du mußtest ihn dir vergrößern lassen. Deine Lippen waren in Ordnung, aber du
wolltest vollere haben. Es reicht nicht, daß du in meinem Haus lebst, du
möchtest in mein Bett. Seit meine Frau nicht mehr da ist, willst du nicht nur
die Herrin des Hauses sein, du mußt auch noch Geld damit verdienen. Hast du
Banzai deshalb die Treppen hinuntergeschubst? Deine Fernseharbeit verlief im
Sande, und du brauchtest neuen Zündstoff, um dich wieder mehr in die
Öffentlichkeit zu bringen?«
Summer bekam einen Schluckauf und gab
kleine quiekende Geräusche von sich, während sie schluchzte.
»Na los«, sagte er und zeigte auf den
Kamin.
»Kip, bitte.« Sie schlich zum Tisch
und griff mit zittrigen Händen nach den Streichhölzern. »Ich hab’ so lange
dafür gebraucht.« Sie fummelte herum und versuchte, den Stapel mit den gelben
Schreibblöcken vom Tisch zu nehmen.
Ausdruckslos beobachtete er sie.
Sie drückte die Blöcke an sich, ging
zum Kamin, faßte an den Messinggriff der Schutzvorrichtung und rückte sie vom
Feuer ab. Sie warf die Blöcke auf die zum Teil verbrannten Scheite und die
Asche im Kamin, holte ein Streichholz heraus und versuchte, es anzuzünden. Ihre
Hände zitterten so sehr, daß sie kein Feuer zustandebrachte. Sie versuchte es
noch einmal. Eine Flamme zischte am Streichholz. Sie hielt sie gegen eine Ecke
des Papierstapels, bis er Feuer fing, und warf dann das Streichholz obenauf.
Sie und Kip sahen schweigend zu, wie
sich das Feuer ausbreitete.
Als sie sich schließlich zu ihm
umdrehte, waren ihre Tränen getrocknet, und ihr Gesichtsausdruck war gefühllos.
»Es tut mir nicht leid, daß ich mit dir und Bridget Geld gemacht und erzählt
habe, wie es war, hier zu wohnen. Sie hat es verdient. Sie hat mich wie den
letzten Dreck behandelt und mich dann auf die Straße gesetzt. Daß sie ermordet
wurde, war das beste, was mir je passiert ist. Das leugne ich nicht. Ich bin
froh, daß es geschehen
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