Das Erbe der Phaetonen
seinem Sitz, beugte sich krampfhaft vor, gleichsam bemüht, das Gleichgewicht zu halten, und schlug dann lang auf den Boden der Kabine. Über ihn fiel wie leblos Balandin ...
Das strahlende Gewölbe wurde noch gleißender, noch blen- dender. Aber die beiden Männer sahen und hörten nichts mehr.
Triumphierend krachten Donnerschläge, als feierten sie ihren Sieg über die irdischen Eindringlinge. Durch das Gewölbe der Baumkronen stießen grelle Blitze ins Dickicht und flossen, in zahllose Rinnsale verzweigt, die Baumstämme hinab. Rot leuch- tend flammten die Baumriesen auf und erloschen wieder.
Fern erscholl, allmählich wachsend und anschwellend, dump- fes Grollen.
Über dem Ort, an dem mit verbrannter Antenne der Gelände- wagen stand, zog der wütende Venusregen auf.
Am Ufer des Sees
Dieses Gewitter war das kürzeste, aber schrecklichste, das die Sternfahrer auf dem unerforschten Planeten erlebten.
Es gab Augenblicke, in denen sie zweifelten, ob der Schiffs- körper die ununterbrochen herniederprasselnden Blitze und die schreckliche Wucht der Regengüsse aushalten würde, von denen das ganze Schiff erbebte. Noch nie hatten die Elemente derart gewütet.
Bei jedem Donnerschlag – und sie folgten einander fast ohne Pause – schlitterte das gewaltige Raumschiff so heftig, daß alle fürchteten, es werde sich sogleich auf die Seite legen und wie ein Strohhalm, den der Wirbelsturm vor sich her treibt, das Ufer hinabgleiten.
Die Außenatmosphäre verwandelte sich in ein einziges elek- trisches Meer. Alle Anlagen des zentralen Steuerpultes, die nach draußen Verbindung besaßen, versagten. Das Schiff „erblin- dete“, wurde „taub“. Zum Glück war es Toporkow gelungen, die Außenantenne beizeiten zu bergen. Das berechtigte zu der Hoffnung, daß die Funkanlagen wenigstens nicht zerstört wer- den würden.
An den erstbesten Gegenstand geklammert – Hauptsache, er war befestigt und hielt! –, warteten die Besatzungsmitglieder stumm auf das Ende des Chaos. In den zwölf Minuten, die das Gewitter währte, dachte keiner von ihnen an sich und was ihn erwartete, falls das Schiff umschlagen würde. Alle weilten in Gedanken an der Seite ihrer Genossen im Wald.
Das hundert Tonnen schwere Raumschiff trotzte mühsam der Gewalt des Unwetters. Was aber mochte aus dem kleinen, leich- ten Geländewagen und den beiden Insassen geworden sein? Bot ihnen der Wald, auf den sie sich verlassen hatten, als sie ihre gefährliche Fahrt begannen, genügend Schutz?
Quälend langsam verstrichen die Sekunden, die Minuten ... Das gewaltige Schiff schütterte und wankte. Das Gewitter schien kein Ende zu nehmen.
Wenn später jemand daran zurückdachte, daß ihnen kurze zwölf Minuten wie träge Stunden vorgekommen waren, wun- derte er sich. Aber genauso war es gewesen.
Kaum war das Gewitter mit der für die Venus üblichen Plötz- lichkeit abgezogen, erscholl in allen Räumen des Raumschiffes die bestimmte und äußerlich ruhige Stimme Melnikows. Er hatte sein Pult die ganze Zeit nicht verlassen, um nötigenfalls, wenn es am Boden zu gefährlich wurde, mit dem Schiff sofort starten zu können.
„Sofort die Geräte und Apparaturen der Funkkabine, des Observatoriums und der Räume im Achterschiff prüfen und mir ihren Zustand melden“, befahl er. „Die Genossen Knjasew und Wtorow machen den zweiten Geländewagen fahrfertig und halten sich bereit, um nötigenfalls dem anderen Wagen zu Hilfe zu kommen. Stepan Arkadjewitsch stellt ein Rettungskommando zusammen. Igor Dmitrijewitsch – so schnell wie möglich Funk- verbindung mit Belopolski und Balandin herstellen. Ich bin am Steuerpult.“
Während Melnikow auf die Ausführung seiner Befehle war- tete, kontrollierte er mit Hilfe der Geräte den allgemeinen Zu- stand des Schiffes. Er wußte schon, daß der zentrale Bildschirm nicht funktionierte. Aber wie sah es mit den anderen aus?
Systematisch drückte er nacheinander auf die Kontrollknöpfe und verfolgte gespannt die Antworten, die ihm die Lämpchen am Pult und die Aufzeichnungsstreifen der Registriergeräte gaben.
Der Schiffskörper sowie die Mechanismen der Stoßdämpfer und Tragflächen waren unversehrt geblieben. Die ausfahrbare Antenne hatte ebenfalls keinen Schaden genommen. Aber alle Horchgeräte, Außenbildschirme und Radarprojektoren wiesen Schäden auf.
Das war unerfreulich, doch keineswegs beängstigend.
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