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Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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geäußert hatte.
       Andrejew bat Toporkow, Melnikow ans Mikrofon zu holen, er wolle sich mit ihm beraten. Boris Nikolajewitsch hatte gerade die Funkkabine verlassen. Als er wieder zurückkam, hatte das Kettenfahrzeug schon eine beträchtliche Strecke zurückgelegt.
       „Nehmen Sie mit Bestimmtheit an, daß der Weg zu dem See führt?“ fragte Melnikow, nachdem er sich Andrejews Zweifel angehört hatte.
       „Höchstwahrscheinlich fuhrt er zum See. Wir haben am Weg- land Stämme liegen sehen, deren Zweige ebenso abgebrochen waren wie bei den Stämmen am Fluß. Diese Stämme liegen am Rand der Schneise in annähernd gleichem Abstand voneinander und sind offenbar mit Absicht so hingelegt worden.“
       „Wie tief sind Sie in den Wald eingedrungen?“
       „Ungefähr fünfhundert Meter.“
       „Dann hat es keinen Sinn, umzukehren. Erst wenn Sie den anderen Wagen am See nicht vorfinden, suchen Sie die zweite Schneise.“
       „Gut.“
       Wachsende Besorgnis ließ Knjasew schneller fahren. Der Weg war erstaunlich glatt. Wie eine Parkallee auf der Erde. Nur zweimal stießen sie auf sanfte Kurven.
       Das majestätische Bild des unberührten Waldes – giganti- sche Bäume, deren Stämme wie riesige Säulen emporstiegen, die undurchdringliche Kuppel der Zweige und Blätter, das dichte Unterholz, wunderlich verflochten mit dem fahlen Gras – all das nahmen die Männer kaum wahr. Sogar Wtorow griff kein einziges Mal nach der Kamera, er hatte sie völlig verges- sen.
       Angestrengt blickten sie nach vorn und versuchten, wenigstens die Andeutung einer Spur zu finden, eine Kleinigkeit, die be- wiese, daß vor ihnen ein Kettenfahrzeug den gleichen Weg ge- fahren wäre. Aber sie entdeckten nichts.
       Allmählich wurden sich alle darüber einig, daß sie den fal- schen Weg gewählt hatten. Und hätte Melnikow ihnen nicht einen bestimmten Rat erteilt, den alle drei als Befehl auffaßten, wären sie wahrscheinlich umgekehrt.
       Dabei wären sie überzeugt gewesen, richtig und vernünftig zu handeln, obwohl gerade die Umkehr sie und ihre Genossen vom Raumschiff dazu verurteilt hätte, nie etwas über das Schick- sal der beiden Vermißten zu erfahren, die sie doch retten woll- ten.
       Der Zufall hatte sie auf eine gerade und breite Schneise ge- führt, auf der ihr Geländewagen schnell vorwärts kam, und er verschaffte ihnen auch die Möglichkeit, sehr bald die schreck- liche Wahrheit zu erfahren.
       Doch das wußten sie noch nicht und konnten es auch noch nicht wissen.

       Wäre jemand von der Besatzung der „SSSR-KS 3“ während des Gewitters über den Wald geflogen, hätte sich ihm ein selt- sames und für einen Erdenbürger völlig unerklärliches Bild ge- boten.
       Bei einem ersten flüchtigen Blick aus der Vogelperspektive konnte man meinen, der Wald des fremden Planeten unter- scheide sich nicht von dem der Erde. Abgesehen natürlich von seiner Farbe und gigantischen Höhe. Dem aufmerksamen Be- obachter jedoch konnten mehrere wesentliche Besonderheiten nicht entgehen. Vor allem fiel auf, daß die Bäume des Waldes einander völlig glichen, etwas, was auf der Erde nie vorkommt, weiter reichten alle Baumkronen bis zu ein und derselben Höhe, als wären sie mit der Schere eines Riesengärtners beschnitten, und Zweige und Blätter wurden nicht, wie auf der Erde, von oben nach unten dichter und kräftiger, sondern von unten nach oben. Das Laub war besonders auffällig. Jedes Blatt erreichte, zu einem Rohr zusammengerollt, eine Länge von mehreren Metern. Der heftige Wind konnte den Blättern fast gar nichts anhaben, sie bewegten sich kaum. Bei näherem Hinsehen konnte man auch die Ursache dafür erkennen. Jedes Blatt war nicht nur durch einen, sondern durch zwei Stiele, die an seinen gegen- überliegenden Enden saßen, mit dem Zweig verbunden, was ihnen mehr Halt gab. Auch waren Stiele und Blätter oft mehrere Zentimeter dick.
       In dem dichten Dach des Waldmassivs gab es kein einziges „Fenster“, durch das der Blick hätte ins Innere fallen können. Das undurchdringliche Astgewölbe entzog alles den neugieri- gen Augen.
       Wie ein riesiger gepflasterter Platz von orangeroter Farbe, fast regungslos und gleichsam in ewiger Ruhe erstarrt, sah der Wald der Venus von oben aus.
       Sobald aber ein düsteres Gewitter aufzog, änderte sich das Bild. Je näher es kam, desto lebhafter wurde es. Die aufgeroll- ten Blätter entfalteten sich, zuerst langsam, dann

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