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Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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Nikolajewitsch wird sicherlich den anderen Geländewagen ausschicken, um unseren Spuren zu folgen.“
       „Außer unserem Wagen kommt kein anderer durch die Schneise“, entgegnete Belopolski. „Sie ist zu schmal.“
       Plötzlich glitzerte dicht vor ihnen Wasser. Noch eine kleine Kurve – und der Wagen hatte den Waldrand erreicht. Vor ihnen breitete sich der spiegelglatte Waldsee, das Ziel ihrer Fahrt
       Das mit dichtem gelbem Gras bewachsene Ufer war an dieser Stelle nicht breiter als dreißig Meter. Nach Osten trat der Wald bedeutend weiter vom Wasser zurück. Ganz nah vor sich er- blickten die beiden Männer die rätselhaften Holzstapel. Es waren vier, gleich breit und gleich hoch angelegt, stumme Zeu- gen dafür, daß ihre Besitzer sich auf lineare Maßeinteilung ver- standen. Es war unmöglich, derart viele Baumstämme zufällig so präzise zu stapeln.
       So eilig Belopolski es auch hatte – er stoppte unwillkürlich.
       Ganz in der Nähe mußten sich die vernunftbegabten Bewoh- ner dieses Planeten aufhalten. Von hier aus zogen sie bei Nacht zum Fluß, um zu unbekanntem Zweck die nächste Ladung Baumstämme zu holen.
       Das ist gar kein See. Richtiger gesagt – nicht das, was wir sonst darunter verstehen! hatte Belopolski vor wenigen Stun- den zu seinen Genossen gesprochen.
       Nun war er mehr denn je von der Richtigkeit dieser Ansicht überzeugt. Dies war kein See. Es war eine Stadt, in der eine große Gruppe der Venusbewohner sich angesiedelt hatte. Die Geschöpfe, deren heimatliches Element das Wasser war, hatten gerade solch ein stehendes Gewässer bevorzugt, weil hierher keine Raubtiere aus dem Ozean dringen konnten. Auf dem riesi- gen Festland des Planeten gab es zweifellos Hunderte, vielleicht auch Tausende solcher Seestädte. Wer weiß, vielleicht bildeten sie alle gemeinsam einen Staat mit eigenen Gesetzen, eigenen Sitten und einem eigenen Lebensstil, die sich von denen der Erde unterschieden.
       Minutenlang musterten die Kosmonauten schweigend den See, gleichsam in der Erwartung, daß plötzlich einer seiner Be- wohner an Land stiege.
       „Wir fahren zurück!“ sagte Belopolski energisch.
       Jedoch, ganz im Banne gespannter Erwartung und ins Schauen vertieft, hatten sie völlig den heimtückischen Charakter des Planeten vergessen, auf dem sie sich befanden. Gerade wollte Belopolski die Hände auf die Steuerhebel legen, als dichte Nebel plötzlich das matte Abendlicht in die undurchdringliche Finsternis der Nacht verwandelte. Eine unbemerkt herangezo- gene Regenwand schüttete ihre Wassermassen auf das blinkende Fahrzeug der Eindringlinge.
       Der Geländewagen stand unmittelbar am Waldrand, und ehe die beiden es sich versahen, ergoß sich von den Baumkronen ein mächtiger Wasserfall auf sie hernieder. Die Männer errieten bloß, was geschah, weil das rasende Getöse des herabstürzen- den Wassers das wilde Rauschen des Regens und die Donner- schläge übertönte.
       Der Geländewagen war aus Plaststoffen hergestellt, die die Festigkeit von Stahl besaßen. Aber Belopolski wollte den Wa- gen nicht unnütz gefährden, startete den Motor und fuhr vom Waldrand weg an den See heran.
       Im Scheinwerferlicht erkannten die beiden, daß sich das Ufer in eine brodelnde Flut verwandelt hatte, in der die Raupen- Letten ihres Fahrzeugs versanken.
       „Ein Wunder, daß der Regen die Stapel nicht in den See spult“, sagte Balandin.
       „Sie sind wahrscheinlich gut abgestützt.“
       Die Astronauten hatten so oft auf der Venus Gewitter erlebt, daß sie am Charakter des Regens deren Stärke erkannten. Sie wußten sogleich, daß dieses zu den schwächeren, aber ausge- dehnten gehörte, die gewöhnlich eine halbe Stunde, eine ganze Stunde oder auch länger dauerten.
       Unmittelbar drohte ihnen keine Gefahr, doch Belopolski ge- riet ernstlich in Sorge. Eine halbe Stunde warten – das konnte für seinen Begleiter, der dringend ärztlicher Hilfe bedurfte, schwere Folgen haben. Der Professor ertrug die Schmerzen mit Haltung und jammerte nicht, aber Konstantin Jewgenjewitsch sah, wieviel Kraft ihn das kostete.
       Belopolski drehte die Scheinwerfer nach hinten. Aber er er- blickte bereits wenige Schritte hinter dem Wagen nichts als einen einzigen gigantischen Wasserfall. Hinter dieser tosenden Wand lag der schmale Zugang zu dem Waldweg. Es war aussichtslos, ihn in diesem Chaos aus Wasser und Finsternis zu suchen.
       Zehn lange Minuten blieb

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