Das Erbe der Phaetonen
über eingeschaltet gewesen, und die Genossen an Bord hatten den Wortwechsel verfolgt.
„Also dann – meinetwegen!“ Andrejew gab nach.
Er und Wtorow setzten die Gasmasken auf, weil beim Öffnen der Tür zwangsläufig die Luft der Venus eindringen würde.
Knjasew stieg aus. Ohne zu zögern, ging er auf den Wasser- vorhang zu, trat unerschrocken in ihn hinein und entschwand tkn Blicken seiner Kameraden, die ihm besorgt nachsahen.
Sekundenlang war noch verschwommen der Umriß seiner Ge- stalt zu erkennen, die von den Scheinwerfern angestrahlt wurde. Dann verschwand er...
Aber es war noch keine Minute vergangen, als Knjasew aus dem Vorhang buchstäblich wieder herausgeschossen kam. Mit einem Satz war er auf seinem Platz, schaltete die Motoren ein und riß den Regler bis zur Höchstgeschwindigkeit durch.
Der Geländewagen stürmte vorwärts, hatte, ehe die beiden anderen es sich recht versahen, die Wassersperre hinter sich ge- lassen und rollte geradewegs auf den See zu.
In voller Fahrt bog Knjasew scharf nach rechts ab. Die linke Raupenkette hob sich vom Boden, der Wagen legte sich bedenk- lich auf die Seite. Dann erfaßte der mächtige Lichtstrom der Scheinwerfer eine Szene, bei deren Anblick Andrejew und Wto- row vor Schreck für einen Augenblick das Herz stehenblieb.
Das elektrische Licht zitterte, brach sich in allen Farben an den Regenfäden, verwandelte sie in funkelnde Perlenketten. Hinter diesem seltsam glitzernden Netz war ganz in der Nähe eine Gruppe erstarrt... Die Menschen der Neuzeit waren ver- dattert – plötzlich standen vor ihnen lebendig gewordene Unge- heuer der Vorzeit.
Im grellen Scheinwerferlicht verharrten fünf phantastische Gestalten, gewaltige „Schildkröten“, die sich auf die Hinter- beine erhoben hatten, mit grellroten Panzern und disproportio- nal kleinen dreieckigen Köpfen, an denen wie gelbes Feuer je drei riesige kreisrunde Augen leuchteten. Die kahlen, faltigen Leiber glänzten blaßrosa, als wären sie aus Metall. Die dicken Beine schienen keine Zehen zu besitzen. Von oben bis unten waren sie gleich plump und mit fleischigen Hautfalten bedeckt. Die Vorderbeine dienten ihnen offenbar als Arme. Sie waren ebenso dick und unförmig wie die Füße. An den Enden hatten sie vier Auswüchse, deren jeder so dick wie ein Menschenarm war. Zwischen diesen fingerähnlichen Greifern schimmerten dünne, durchsichtige Häute, was sie gigantischen Entenfüßen ähnlich machte.
Wtorow wußte sofort: Das sind die gleichen „Schildkröten“, die sie vom Unterseeboot aus beobachtet haben. Gerade nach ihnen hatten Balandin und Korzewski emsig gefahndet.
Doch nicht der Anblick dieser Ungeheuer erfüllte die Herzen der drei Tapferen mit Entsetzen. Sie hatten seit langem damit gerechnet, den Bewohnern der Venus Auge in Auge gegenüber- zutreten, und nicht angenommen, daß ihre Körperformen denen des Menschen ähnelten. Sie wären beim Anblick selbst noch ab- scheulicherer und häßlicherer Geschöpfe nicht erschrocken. Aber das Blut erstarrte in ihren Adern, als sie erkannten, daß der große dunkle Gegenstand, den diese Vorzeitungeheuer in den Pranken hielten, nichts anderes als ihr Geländewagen war, an dessen Fenstern sie Belopolski und Balandin erkannten.
Die „Schildkröten“ stapften ins Wasser. An ihrer Absicht konnte nicht der geringste Zweifel bestehen. Sie wollten den Geländewagen mit auf den Grund des Sees nehmen.
Die drei Männer im zweiten Wagen begriffen, daß sie Augen- zeugen vom letzten Akt eines Dramas waren, dessen Einzel- heiten sie nicht kannten.
Das grelle Licht, das so unvermittelt die gewohnte Dunkel- heit vertrieb, hatte die fünf Venusianer innehalten lassen. Einen Augenblick verharrten sie reglos, waren betroffen und vielleicht auch zu Tode erschrocken. Die erbarmungslosen Strahlen der Scheinwerfer mußten ihren auffallend großen, lichtempfind- lichen Augen, weh tun.
Der zweite Geländewagen raste geradewegs auf sie zu. Knja- sew wollte die ganze Gruppe samt der anderen Maschine an- scheinend zermalmen.
All das geschah innerhalb von zwei, drei Sekunden.
Als der Wagen sich den Venusianern schon bis auf drei Schritte genähert hatte, stürmten diese auf einmal, ohne ihre Beute fallen zu lassen, ins Wasser und verschwanden in der Tiefe.
Außer sich vor Verzweiflung und seiner Sinne kaum noch mächtig, riß Knjasew den Bremshebel der linken
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