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Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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ist.“
       „Wenn wir das linke Bein nicht amputieren, hat er keine Stunde mehr zu leben.“
       Belopolski schlug die Hände vors Gesicht. Eine Fahrlässig- keit, an der er sich selber für mitschuldig hielt, würde für alle Zeiten Professor Balandin aus den Reihen der Astronauten reißen. Konstantin Jewgenjewitsch spürte, wie ihm ein Kloß zum Halse aufstieg.
       „Und man kann gar nichts machen?“
       „Nichts. Es ist zu spät.“
       „Aber eine Operation wurde ihn retten? Sind Sie dessen sicher?“
       Andrejew ließ den Kopf hangen.
       „Wir hoffen es“, antwortete er kaum hörbar.
       Belopolski wandte sich schweigend ab und ging hinaus.
       Die Operation begann.

       Vor der verschlossenen Tür der Ambulanz versammelte sich die ganze Besatzung. Niemand verlor ein Wort.
       Endlich öffnete sich die Tür.
       Im weißen Kittel und mit blutbenetzten Gummihandschuhen trat Korzewski auf die Schwelle. Er war totenbleich.
       „Sinowi Serapionowitsch ist gestorben“, sagte er.

    Zu den Ufern des Bergsees

       Balandins Tod war ein schwerer Schlag für die Besatzung, eine harte Probe auf ihre Tapferkeit, Energie und Zähigkeit. Voller Sorge beobachtete der Kommandant die Männer. Er befürchtete, der tragische Ausgang des im Grunde ersten Versuches, in die Geheimnisse des Planeten einzudringen, könnte ihnen den Glau- ben an den Sieg der großen Arbeit nehmen. Tief befriedigt und stolz überzeugte er sich davon, daß alle neun einen klaren Kopf behielten.
       Keiner ließ den Mut sinken.
       Um Mitternacht wurde der stählerne Sarg, den Knjasew aus Reserveplatten gebaut hatte, am Waldrand in eine tiefe Grube hinabgelassen. Das Grab wurde sorgfältig eingeebnet, damit es die Venusianer nicht entdeckten. So würde die Erde der Venus den Leichnam bis zum Eintreffen der nächsten Expedition be- wahren.
       Ein gesunder und normaler Mensch denkt gewöhnlich nicht ans Sterben. Auch bei der Vorbereitung der Expedition hatte niemand bedacht, was die Besatzung der „SSSR-KS 3“ tun solle, wenn jemand tödlich verunglückte. Nirgends an Bord konnte der Leichnam bis zur Rückkehr auf die Erde geborgen werden. Den toten Kameraden zu den Musterstücken aus Fauna und Flora der Venus in die Kühlkammer zu tragen, empfanden alle als unwürdig. Sie hielten es für besser, daß Balandins und – auf der Arsena – Orlows Leichnam bis zur nächsten Expedition an Ort und Stelle blieben.
       Nachdem die Astronauten Sinowi Serapionowitsch beigesetzt hatten, führten sie unter der Leitung Paitschadses, der an Ba- landins Stelle trat, die wissenschaftliche Forschungsarbeit mit doppelter Energie fort. Es blieb ihnen nicht mehr viel Zeit.
       Schnell und unmerklich vergingen die Stunden der Venus- nacht. Die angestrengte Arbeit half vergessen. Nicht den Men- schen, aber den Schmerz, den sein Tod verursachte.
       Mehrmals beobachtete die Besatzung das zauberhafte Nord- licht der Venus. Alle bedauerten, daß es auf der Erde ein solch unvergleichlich schönes Schauspiel nicht gab. Wtorows Aufnah- men konnten nur eine unvollkommene Vorstellung von der Phantasmagorie der Farben vermitteln.
       Je näher der Morgen rückte, desto seltener und matter leuch- tete das Nordlicht auf.
       Der Verkehr mit den Venusianern war völlig abgebrochen. Nur noch einmal kamen sie in großer Zahl – es mochten etwa hundert sein – zum Schiff. Sie standen etwa eine Stunde am Waldrand und sahen sich offenbar das Schiff genau an, traten aber nicht näher.
       Konstantin Jewgenjewitsch war überzeugt, daß die Expedi- tion am Bergsee den Venusianern erneut begegnen würde.
       Die Erlebnisse Belopolskis und seiner Begleiter in der unter- irdischen Stadt und auch die Begegnung mit den Venusianern auf der Schneise waren Gegenstand endloser, hitziger Ausein- andersetzungen.
       Romanow äußerte die Vermutung, daß die Venusianer ihre Gefangenen gar nicht gewaltsam zu den Bergen hatten ver- schleppen wollen. Vielleicht legten sie ihnen ganz einfach nahe, dorthin aufzubrechen. Belopolski sträubte sich lange gegen diese Auffassung, gelangte aber allmählich doch zu einer anderen Ein- schätzung der stummen Unterhaltung in der Höhle.
       Wenn man es sich richtig überlegte, hatten die Venusianer die Menschen von Anfang an nicht bedroht. Sie waren ihnen sogleich freundschaftlich entgegengekommen. Was die Menschen der Erde als Vergewaltigung empfanden – die Verschleppung des

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