Das Erbe der Phaetonen
vorsichtig“, sagte Belopolski.
Melnikow und Wtorow entfernten sich von der Tür. Doch kaum hatten sie den ersten Schritt getan, als sie hinter sich ein leises Geräusch vernahmen – als sei etwas Metallenes herunter- gefallen.
Erschrocken drehten sich beide um. Die Türöffnung war ver- schwunden! Wo sie eben noch durch das dunkle Fünfeck den Venuswald gesehen hatten, schillerten jetzt ebenfalls spitz- winklige Facetten.
Alles war in eins verflossen!
Wtorow stürzte zur Wand und stieß sich schmerzhaft an einem Vorsprung. Das brachte ihm die Wirklichkeit zum Be- wußtsein.
Eingesperrt!
„Wer hat die Tür zugemacht?“
„Natürlich niemand“, antwortete Melnikow. „Sie hat sich von allein geschlossen. Jahrtausende sind vergangen, aber die Me- chanismen funktionieren immer noch zuverlässig, ebenso wie das Feuer hier in der Schale.“
„Wie kommen wir nun wieder raus?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht überhaupt nicht mehr. Ich habe ja vorausgesagt, daß die Verbindung abreißen könnte.“
„Raumschiff!“ rief Wtorow.
Es kam keine Antwort.
„Diese Wände sind aus einem unbekannten Metall“, sagte Melnikow. „Man kann uns nicht hören. Einstweilen sind wir von der Außenwelt abgeschnitten.“
Wtorow mußte sich an die Kaltblütigkeit seines Gefährten gewöhnen.
„Was machen wir nun?“ fragte er.
„Das, was wir vorhatten. Das Raumschiff untersuchen. Aber es scheint keine einzige Tür...“
Er stockte mitten im Satz und starrte staunend die Wand an: Ganz nahe, wie es schien, unmittelbar neben dem verschwun- denen Eingang, ging etwas Merkwürdiges und Unbegreifliches mit den bunten Facetten vor sich. Sie wurden rasch trübe und verloren ihre Konturen. Die Umrisse eines Fünfecks zeichneten sich deutlich an der Wand ab. Schon war innerhalb dieser Um- risse keine einzige spitzwinklige Facette mehr zu erkennen – sie schwanden, schmolzen zusehends, zerflossen in Nichts. Einen Augenblick später gähnte eine fünfeckige Öffnung vor ihnen.
„Da haben wir eine Tür!“ sagte Melnikow.
Zum erstenmal vernahm Wtorow ein Zittern in seiner Stimme.
„Wo ist die Wand geblieben?“
„Wer weiß. Tatsache ist, daß wir eine Tür vor uns haben, die ins Innere des Raumschiffes führt. Sie hat sich automatisch ge- öffnet, sobald die äußere geschlossen war.“
Gebückt blickten sie durch die Öffnung. Hinter ihr erstreckte sich die radiale Röhre. Die hellblaue Flamme spiegelte sich in langen hellen Streifen an ihren Wänden. Das andere Ende der Röhre verlor sich im Dunkeln.
„Die äußere Tür hat sich geschlossen, sobald wir uns von ihr entfernten“, sagte Wtorow.
„Ja, einer von uns hätte an der Schwelle zurückbleiben müs- sen. Die Automatik ist hier anders als bei uns. Sie sieht und handelt selbständig. Und was das erstaunlichste ist – sie ist völ- lig intakt geblieben. Von diesem Raumschiff können wir aller- hand lernen.“
„Wir haben die Tür von außen geöffnet“, sagte Wtorow, „sollten wir es da nicht auch von innen können?“
„Wenn nicht, werden die Genossen sie von außen öffnen. Sie wissen, wo wir sind. Das ist unsere Chance.“
„Jetzt, wo die Verbindung abgerissen ist, müssen sie ja schnell- stens zu Hilfe kommen.“
„Kaum! Wir haben vorbeugend gesagt, daß die Funkver- bindung eventuell abreißt.“ Melnikow sah Wtorow aufmerk- sam an. „Hast du etwa Angst, Gennadi?“
Der junge Ingenieur wurde rot
„Ich weiß nicht“, gestand er. „Als wir zusammen in der Ka- bine des zertrümmerten Flugzeugs saßen, hatte ich keine Angst. Aber hier, scheint's, hab ich welche.“
„Das Unbegreifliche muß Furcht hervorrufen“, sagte Melni- kow nachdenklich. „Das stimmt! Aber“, fügte er im gewohnten Ton hinzu, „wir wollen keine Zeit mehr verlieren.“
Sie begaben sich zur steinernen Schale.
Selbst aus der Nähe war nicht zu erkennen, worauf sie stand. Aber sie konnte unmöglich ohne jede Stütze frei in der Luft hängen. Wtorow versuchte mit der Hand unter die Schale zu fassen. Seine Finger berührten etwas Festes, und wie elektri- siert zuckte er zurück. Vorsichtig betastete Melnikow den Sockel. Er hatte, die Form eines Würfels, blieb jedoch nach wie vor völlig unsichtbar. Er schien aus Luft zu bestehen, die auf rätsel- hafte Weise erstarrt
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