Das Erbe der Phaetonen
nacht“, sagte Kasarin, unwillkürlich die Stimme dämp- fend, „ist mir der Gedanke gekommen, es könnte Belopolskis Raumschiff sein. Aber da Sie behaupten, es habe die Form einer Scheibe, entfällt...“
„Aber erlauben Sie mal“, unterbrach ihn Subbotin. „Nehmen wir an, Sie hätten recht, und das ‚Rätsel' sei die ‚SSSR-KS 3'. Aus welchem Grunde sollte sie statt am siebenundzwanzigsten September schon am achten August von der Venus gestartet sein? Und nehmen wir an, ich hätte mich bei der Form geirrt. Wie erklären Sie sich dann das Verhalten des Raumschiffs? Warum bewegt es sich in verschiedene Richtungen?“
Kasarin stand auf und ging im Arbeitszimmer auf und ab.
„Das ist es ja“, sagte er. „Das Verhalten dieses Körpers ent- behrt des Sinns. Aber wir wissen nicht, was unsere Genossen auf der Venus erlebt haben.“
„Es ist doch wohl kaum anzunehmen, daß die ganze Besat- zung den Verstand verloren hat.“
„Wieso die ganze? Belopolski und Melnikow genügen. Sie allein sind in der Lage, das Raumschiff zu steuern. Aber es könnte auch etwas anderes passiert sein. Nehmen wir an, Belo- polski und Melnikow sind umgekommen und Paitschadse oder Balandin steuert das Raumschiff. Meinen Sie nicht auch, daß es sich bei ungeschickter Steuerung gerade so und nicht anders ver- halten müßte oder zumindest könnte?“
„Das ist zweifelhaft. Über diese Frage holen wir uns am besten bei Kamow Auskunft. Er kennt sich da am ehesten aus. Aber ich bin ganz sicher, daß der Körper die Form einer regel- mäßigen Scheibe hat. Also kann es nicht die ,KS 3' sein. Gleich wird man ihnen die entwickelten Negative meiner Aufnahmen und die Spektrogramme bringen. Dann können Sie selber meine Schlußfolgerungen überprüfen.“
„Ich zweifle nicht an ihrer Richtigkeit“, antwortete Kasarin. „Ich wollte Ihnen nur meine nächtlichen Gedanken mitteilen. Jedoch die Form des Körpers läßt keinen Zweifel. Es handelt sich nicht um Belopolskis Raumschiff. Aber was ist es dann?“
Der junge Astronom zuckte mit den Achseln.
„Wir werden weiter beobachten“, sagte er.
Der Sekretär trat ein und überreichte ein Telegramm.
„Von der Krim“, sagte er.
Kasarin überflog es und reichte es schweigend Subbotin.
Das Astrophysikalische Observatorium Bachtschissarai teilte darin mit, seine Mitarbeiter hätten in der vergangenen Nacht die Form des im Sonnensystem aufgetauchten unbekannten Him- melskörpers bestimmt. Sie waren zum gleichen Ergebnis gelangt.
„Jetzt besteht kein Zweifel mehr“, sagte Kasarin, „es ist eine flache Scheibe. Aber was stellt sie dar?“
Wieder war ein stummes Achselzucken die Antwort.
„Beobachten Sie weiter, Alexej Petrowitsch. Wir müssen das Rätsel unbedingt lösen. Jetzt ist es auch an der Zeit, der Presse Mitteilung zu machen.“
„Meiner Meinung nach ist es noch zu früh“, wandte Subbotin ein. „Warten wir noch ein wenig. Die morgigen Beobachtungen werden vielleicht neues Material liefern. Wenn Sie erlauben, fahre ich jetzt nach Hause.“
„Natürlich, Alexej Petrowitsch. Ruhen Sie sich aus. Wenn es irgend möglich ist, leiste ich Ihnen morgen früh Gesellschaft. Dann beobachten wir zusammen.“
Kaum hatte sich die Tür hinter dem jungen Wissenschaftler geschlossen, klingelte das Telefon. Kasarin nahm den Hörer ab.
„Sind Sie's, Sergej Wladimirowitsch?“ vernahm er eine be- kannte Stimme.
„Ja, Sergej Alexandrowitsch.“
„Was gibt's Neues?“
„Wir haben die Form dieses Körpers festgestellt. Es ist eine regelmäßige Scheibe. Nach Subbotins Ermittlungen besitzt sie in ihrer Mitte Aussparungen.“
„Also ist es keine Scheibe, sondern ein Ring?“
„Ein Ring oder etwas Ähnliches. Jedenfalls keine geschlossene Scheibe.“
„Und die Abmessungen?“
„Etwa zweihundertfünfzig Meter im Durchmesser. Und das Interessanteste: Sie hat ihre Geschwindigkeit geändert. Anfangs waren es zwanzig Kilometer pro Sekundenquadrat und heute be- reits fünfzig. Außerdem bewegt sie sich von der Sonne weg.“
„Was vermuten Sie?“
„Vorläufig noch gar nichts. Wir stehen vor einem Rätsel.“
„Jedenfalls ist es nicht die ,SSSR-KS 3'.“
Daß Kamow die gleichen Gedanken gehabt hatte wie er, ver- blüffte Kasarin.
„Ich habe gerade mit Subbotin darüber gesprochen“, sagte er. „Was meinen Sie, Sergej
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