Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
Vom Netzwerk:
hatten sich dort alle Expeditionsmitglieder versammelt. Die Sorge um die Ge- nossen draußen im Ungewissen hatte sie ans Funkgerät ge- trieben, über das sie mit ihnen verbunden waren.
       Melnikow, Korzewski und Wtorow empfanden warmherzige Dankbarkeit. Die Kameraden waren bei ihnen, an ihrer Seite. In der finsteren Nacht waren sie auf dem kahlen Felsen des Planetoiden nicht allein.
       Die Musik Tschaikowskis verklang.
       „Möchtet ihr noch etwas hören?“ fragte Toporkow.
       „Laß es gut sein!“ sagte Melnikow. „Es wird bald Morgen. Vielen Dank!“
       Nicht mehr als eine Viertelstunde war vergangen, da flammte links von ihnen am unsichtbaren Horizont überraschend ein grellweißer, gebrochener Streif auf. Es sah aus, als male ein Riese auf einem gigantischen Band eine Kurve von unbekannter Bedeutung.
       Die Sonne ging auf. Selber noch unsichtbar, beschien sie schon die Gipfel der Berge und die zerklüftete Felskette.
       Dann stieg sie über die Gipfel hinweg, und der neue Tag der Arsena trat in seine Rechte. Die bizarre, düstere Landschaft wirkte nach der unheimlichen Finsternis der Nacht förmlich heiter.
       Korzewski sah Wtorow an.
       „Wie sind Sie vorhin auf diese Idee gekommen?“
       „Woran haben Sie gedacht, Gennadi Andrejewitsch?“ fragte er. Im Ton seiner Frage lag kein Spott.
       Durch das Schauglas hindurch war zu erkennen, daß Wtorow tief errötete.
       „Ich weiß es wahrhaftig nicht“, antwortete er sichtlich ver- legen. „Es hat sich einfach ohne mein Zutun ergeben, zufällig. Es ist natürlich töricht“, setzte er hinzu.
       „Nein. Wieso ist es töricht? Ein bißchen sonderbar, ja, das stimmt, aber nicht töricht.“
       Korzewski legte Wtorow flüchtig die Hand auf die Schulter. Der Ton seiner Worte war ungewöhnlich herzlich. Melnikow blickte ihn erstaunt an.
       Korzewski lächelte sonst ebenso selten wie Belopolski, er sah immer streng und zugeknöpft aus. Fast nie suchte er eine Unterhaltung, und wenn sich jemand an ihn wandte, antwortete er kurz und knapp. Sogar beim Mittag- oder beim Abendessen in der Messe schien er seinen Gedanken nachzuhängen. Unter- haltungen über die Erde, wie sie sich zwischen den Expeditions- mitgliedern immer wieder entspannen, schienen ihn gar nicht zu berühren, und er äußerte für sie keinerlei Aufgeschlossenheit. Viele, auch Melnikow, glaubten, der polnische Gelehrte sehne sich nicht im geringsten nach der Erde und denke gar nicht an sie. Jedoch die vergangene Nacht hatte alle eines Besseren be- lehrt. Empfände der Biologe keine Sehnsucht nach der Erde, hätte ihn die überraschend vorgetragene Lyrik wohl nicht so tief beeindruckt.
       Um einen Menschen kennenzulernen, braucht man Zeit, dachte Melnikow. Früher habe ich über Belopolski auch ganz anders gedacht als jetzt.
       Er fühlte, daß Korzewski und Wtorow ihm nähergekommen, verständlicher geworden waren nach dieser im Grunde unbe- deutenden Episode.
       Sobald die Sonnenstrahlen die drei Männer auf dem Felsen erreicht hatten, stellten diese die nun überflüssige künstliche Heizung ab und gingen weiter.
       Wieder hieß es springen, in Felsenspalten hinabsteigen und alles gründlich untersuchen, was ihnen in den Weg kam.
       Nach anderthalb Stunden langten sie am Rande einer steilen Schlucht an. Auf ihrem Grunde, in einer Tiefe von fünfhundert Metern, breitete sich eine runde Talsohle, die größer war als alle bisher entdeckten. Aus der furchteinflößenden Höhe wirkte sie eben und glatt.
       „Dort werden wir wohl nicht hinunterspringen können“, sagte Wtorow.
       „Warum nicht?“ widersprach Melnikow. „Ohne weiteres kön- nen wir auch hier springen. Diese Tiefe entspricht etwa zwei Metern auf der Erde. Die Fallgeschwindigkeit wird am Ende des Sprunges sechs Meter pro Sekunde nicht übersteigen. Die Frage ist bloß, wie wir wieder heraufkommen. Seht einmal genau hin: Der Talkessel ist rings von Steilwänden eingefaßt. Nicht wahr, er gleicht einem gigantischen künstlichen Brunnen.“
       „Ja, wirklich“, pflichtete Korzewski ihm bei. „Eine bemer- kenswerte Laune der Natur. Aber wenn wir auch, wie Sie sagen, zwei Meter in die Tiefe springen können, so wird es doch nie- mand von uns fertigbringen, ebenso hoch zu springen.“
       „Sollen wir etwa hier abziehen, ohne diesen seltsamen Brun- nen untersucht zu haben?“ Wtorow beugte sich vor und spähte auf den Grund der Schlucht

Weitere Kostenlose Bücher