Das Erbe der Phaetonen
der Funkstation wurden in großen Abständen vereinzelte Sätze aufgefangen, die aus dem Talkessel kamen. Ein unsichtbarer Trauerflor schien über die Arsena gebreitet.
Neun Stunden nach dem Aufbruch der Expedition waren fünf Mann wieder an Bord zurück. Schweigend wurden sie empfan- gen, schweigend half man ihnen beim Ausziehen. Wären alle sechs Ausgezogenen wiedergekehrt, hätte man sie mit Fragen überschüttet.
„Wo ist er?“ fragte Paitschadse halblaut, sobald er den Helm abgesetzt hatte.
„Im Observatorium“, antwortete Melnikow ebenso leise.
Die Ankömmlinge hatten finstere, eingefallene Gesichter.
Nachdem sie die Raumanzüge abgelegt hatten, begaben sie sich geschlossen zum Observatorium. Ihnen folgten die an Bord gebliebenen Genossen.
Lange standen die elf Männer vor dem Toten und nahmen schweigend Abschied. Belopolski zog das Fahnentuch beiseite, bückte sich und betrachtete angestrengt das, was noch unlängst das Gesicht seines Schülers gewesen war.
„Er war ein begabter Wissenschaftler“, sagte er wie im Selbst- gespräch. „Ich habe große Hoffnungen auf ihn gesetzt. Die Fami- lie der Sternfahrer hat einen schweren Verlust erlitten. Er hat sein Leben für die Wissenschaft geopfert.“ Belopolski richtete sich auf. „Wir müssen Leonid Nikolajewitsch Orlow auf der Arsena zurücklassen. Er wird hier ruhen, bis die nächste Ex- pedition ihn auf die Erde bringt. Die Beisetzung findet in zwei Stunden statt. Ich bitte Boris Nikolajewitsch und Konstantin Wassiljewitsch, eine geeignete Stätte zu suchen.“
„Kommen Sie, Boris“, sagte Saizew.
Sie wählten für das Grab eine Stelle unter einem überhängen- den Felsen aus. Dorthin würde nie ein Sonnenstrahl dringen, und der froststarre Leichnam konnte unbeschadet der Stunde harren, da er in einem Bleisarg ins Vaterland übergeführt wer- den würde.
„Wir werden hier für alle Zeiten ein Denkmal errichten“, sagte Melnikow und wies auf den Felsen.
Geräuschlos sprang die Stichflamme einer Detonation empor. Am Fuße des Felsens war eine Grube entstanden. Saizew brachte aus dem Ersatzteillager eine zwei Meter lange Stahlplatte, auf die er mit einem Schweißbrenner den Namen des Verstorbenen und das Datum schrieb.
Die Grabstätte war bereit.
Zur festgesetzten Stunde fand die Beisetzung statt. Orlow lag
in seinem Raumanzug aufgebahrt. Der zertrümmerte Helm war durch einen neuen ersetzt worden.
Außer Melnikow, Saizew, Balandin und Andrejew nahmen alle an der Trauerfeier teil. Sogar in diesem Falle wurde nicht gegen das Raumfahrergesetz verstoßen; ein Teil der Besatzung blieb an Bord.
Als die Stahlplatte das Grab verschloß, wurde Salut geschos- sen. Drei Salven. Sie waren nicht zu hören. Man sah aus den Pistolen nur das Mündungsfeuer züngeln.
Am nächsten Morgen brachen Belopolski, Balandin, Roma- now und Wtorow abermals zu dem Talkessel auf. Sie nahmen diesmal eine Elektrowinde nebst Akkumulatorenbatterien so- wie zwei Preßlufthämmer und Preßluftflaschen mit. Alles zu- sammen war sogar auf der Arsena eine schwere Last.
„Das könnt ihr zu viert nicht tragen“, sagte Melnikow. „Nehmt noch einen Mann mit.“
„Wir schaffen es schon“, entgegnete Belopolski. „Wir werden die Sachen zunächst stückweise über die Schlucht befördern und dann mit einem Seil auf den Felskamm hinaufziehen. Schließ- lich wiegt alles zusammen hier nicht mehr als dreißig Kilo- gramm. Mit dem kräftigen Wtorow wird es schon gehen.“
„Warum wollt ihr nicht mehr Leute mitnehmen?“
„Weil die Erfahrung von gestern lehrt, daß man nicht in großen Gruppen ausziehen darf. Das ist gefährlich.“
Die vier Mann gingen von Bord und kehrten erst nach zehn Stunden zurück. Drei von ihnen sahen zu Tode erschöpft aus.
„Machen Sie das Schiff startklar“, sagte Belopolski zu Melni- kow, und ohne noch ein Wort hinzuzusetzen, suchte er seine Kajüte auf.
„Ich bin so ausgepumpt, als hätte ich auf der Erde Fünfpud- säcke geschleppt“, sagte Romanow.
„Was habt ihr denn bloß gemacht?“ wurde er gefragt.
„Wir haben die Steine auseinandergeschoben.“
„Also sind die Granitfiguren jetzt zerstört?“
„Nein, die haben wir nicht angerührt.“
Wtorow sah aus wie immer. Der eiserne Organismus dieses Sportlers ließ sich von der Müdigkeit nicht
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