Das Erbe der Phaetonen
unterkriegen.
Abermals verging ein Tag und eine Nacht.
Saizew und Knjasew beendeten die Überprüfung der Trieb- werke, und nichts hielt das Raumschiff nun mehr auf der Arsena.
Es hatte sechsunddreißig Stunden auf dem Asteroiden ver- bracht, eine ausreichende Zeit für alle vorgesehenen Arbeiten und auch für die unvorhergesehenen, die zur Hauptaufgabe ge- worden waren. Nun lag es bereit, die Fahrt fortzusetzen. Nur ein Mann der Besatzung fehlte.
Am 4. Juli, ein Uhr nachts Moskauer Zeit, sprang das eine Triebwerk des Raumschiffes an, und behutsam löste sich das Schiff von der Arsena.
Mit tiefer Trauer beobachteten die Sternfahrer, wie der Aste- roid sich von ihnen entfernte. Bald hatte er sich in einen kleinen Stern verwandelt, der rasch seinen Glanz verlor. Dann ver- schwand er ganz. Noch lange blickten alle auf den Bildschirm.
Die Kosmonauten wußten, daß Opfer an Menschenleben bei der langwierigen Eroberung des Kosmos nicht zu vermeiden waren. Die Natur ergibt sich nur in hartem Kampf. Die Ge- schichte der Expeditionen nennt unzählige Namen Gefallener. So war es auf der Erde, so würde es auch im interplanetaren Raum sein. Der Weg zum Wissen ist dornenreich. Aber niemals, weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft, vermag der Tod die Forscher aufzuhalten. Die siegreiche Wissenschaft be- wahrt den Namen jedes Gefallenen, aber sie schreitet unauf- haltsam voran zum vollen Sieg über die elementaren Kräfte der Natur, die sich ihr blindlings widersetzen. Schon allein durch ihr Sterben beweisen die Opfer der Wissenschaft die erhabene Kraft des Lebens. Wer weiß – vielleicht wird eines Tages auch der Tod demütig den Nacken vor dem Willen des Menschen beugen. Dann wird niemand mehr fallen und kein Sieg mehr so teuer bezahlt zu werden brauchen. Von keiner Trauer getrübt, wird die Straße der Wissenschaft licht und froh sein wie sie selbst, die schönste Offenbarung der wundervollen Gabe der Natur, des menschlichen Geistes.
Dies wußten sie. Aber das Herz gehorcht nicht immer der Vernunft.
Zwei Tage herrschte im Schiff schweigende Trauer. Die Be- satzungsmitglieder blieben in ihren Kajüten, trafen sich nur zu den Mahlzeiten, sprachen aber auch dann kaum miteinander.
Toporkow nahm jeden Tag Radiogramme auf, in denen der Besatzung das Beileid ausgesprochen wurde; sie kamen buch- stäblich aus aller Welt. Auch auf der Erde waren alle durch den tragischen Zwischenfall auf der Arsena zutiefst erschüttert.
Aber wie stark auch ihre Trauer sein mochte, das Leben stellte gebieterisch seine Forderungen.
Der Flug ging weiter. Es galt zu leben und zu arbeiten. Sechs Tagereisen lagen zwischen Arsena und Venus, aber das Pro- gramm der wissenschaftlichen Arbeiten für diese Zeit war noch nicht erfüllt. Als erste besannen sich die Astronomen auf ihre Pflicht und gaben den übrigen ein Beispiel.
Am 8. Juli bat Belopolski die Besatzung in die Funkkabine, um den Bericht über die Forschungsergebnisse von der Arsena zu hören. Die Zeit war so gewählt, daß die Radiowellen des Raumschiffes gerade auf der Erde empfangen werden konnten, und die Wissenschaftler, die sich im Kosmischen Institut ein- gefunden hatten, nahmen sozusagen an dieser Versammlung teil.
Den Bericht gab Professor Balandin. Als enzyklopädisch ge- bildeter Mensch vereinigte er in seiner Person drei wissenschaft- liche Fachgebiete – er war ein hervorragender Ozeanograph und Zoologe sowie ein bedeutender Theoretiker der Raumfahrt.
Obwohl der Gegenstand seiner Darstellung so umfangreich war, daß er für eine ganze wissenschaftliche Monographie ge- reicht hätte, verstand der Professor es, ihn in zwanzig Minuten zu behandeln. Äußerste Knappheit und präzise Formulierung der Fakten sowie klare, geschliffene Schlußfolgerungen – das war der Stil seines Berichtes.
Der Professor begann mit einer Charakterisierung der Arsena. Er teilte mit, was die geologische Untersuchung ihres Inneren ergeben hatte: Der Asteroid bestand zu drei Vierteln aus ge- diegenem Eisen.
„Eine gleichartige Zusammensetzung zeigen auch die Meteo- riten, die auf die Erde fallen. Das beweist, daß Asteroiden und Meteoriten gemeinsamen Ursprungs sind. Ob sie nun als Trüm- mer eines ,fünften Planeten' anzusprechen sind oder nicht, läßt sich noch nicht mit Bestimmtheit sagen. Das Vorhandensein von Sauerstoff im Eisen spricht allerdings für die Planetenhypo-
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