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Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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bekanntgeworden.
       Belopolski nahm Wtorow das Lineal aus der Hand und be- trachtete es aufmerksam.
       „Das ist nicht auf der Erde gemacht worden“, sagte er. „Die Einteilung entspricht keinem auf der Erde gebräuchlichen Maß- system. Wir kennen die Maßeinheit nicht, die der Herstellung dieses Instruments zugrunde liegt. Wenn Kosmonauten das Lineal verloren haben, so sind sie nicht von der Erde ge- kommen.“
       Seine Begleiter sahen sich schweigend an.
       Nicht von der Erde?!
       Hatten etwa Bewohner einer anderen Welt den Planeten be- sucht? Vielleicht lag ihr Schiff immer noch auf der Venus? Das Lineal schwamm in einer Bucht, in die es die Meereswellen nicht hineingetragen haben konnten. Also befand sich dieses Raum- schiff vielleicht ganz in der Nähe.
       Alle drehten sich fast gleichzeitig zum Ufer um, als erwarte- ten sie, aus dem orangeroten Dickicht würde sogleich ein fremd- artiges Geschöpf heraustreten, ein Besucher von einem anderen Planeten.
       Doch die Umgebung lag unverändert, niemand kam, und nichts rührte sich auf dem steilen Hang.
       An Bord des Raumschiffes hatten die Genossen anscheinend diese Unterhaltung mitgehört, aber sie konnten sich kein Bild daraus machen. Melnikow fragte, was vorgefallen sei, und ihm wurde ausführlich berichtet.
       Niemand dachte an die weitere Erforschung der Bucht. Das Boot kehrte um. Alle fieberten vor Ungeduld, den überraschen- den Fund gründlich zu untersuchen und genau zu bestimmen, woraus er hergestellt war. Das Lineal schien aus Holz zu sein, aber das mußte genau geprüft werden.
       Die Prozedur der Einschleusung in das Schiff kam den vier Männern diesmal quälend lang vor.
       Sobald sich die Außentüren geschlossen hatten, begann ein Luftfilter zu arbeiten. Die aus der Kammer abgesaugte Luft wurde in einen Doppelbehälter geleitet, der Spiritus nebst einer Beimischung von Schwefelsäure enthielt, und kehrte, nachdem sie noch einen Filter mit aktivierter Kohle durchlaufen hatte, von Formaldehyd gereinigt in die Kammer zurück. Diese Ope- ration dauerte zehn Minuten. Anschließend mußten die Kom- binationen, die Helme und die Spezialschuhe ausgezogen und in einen hermetisch verschließbaren Kasten gelegt werden. Dann wurde abermals die Luft fünf Minuten lang gefiltert. Erst nach diesen Vorsichtsmaßnahmen konnten die Türen geöffnet werden und durfte man das Innere des Schiffes betreten.
       Die ganze Besatzung versammelte sich im Laboratorium. Belopolski legte das Lineal auf den Tisch.
       Früher waren Meteoriten lange Zeit das einzige gewesen, was an außerirdischen Objekten wissenschaftlich untersucht werden konnte. Seitdem die Epoche der interplanetaren Flüge ange- brochen war, hatten die Wissenschaftler auch zahlreiche Objekte anderer Art erhalten: Gesteinsproben, die auf dem Mond ge- sammelt worden waren, Proben der Flora und Fauna des Mars. Nicht mehr der zufällige Absturz eines Meteoriten, sondern die planmäßige, bewußte Arbeit des Menschen lieferte nunmehr das Material zum Studium des Lebens im All.
       Aber noch nie hatte ein Mensch einen Gegenstand in seinen Händen gehalten, der auf einem anderen Planeten hergestellt worden war.
       Es wäre denkbar gewesen, daß das Stück Holz durch ein Zu- sammentreffen unwahrscheinlicher Umstände irgendwo abge- splittert war und dabei die Form eines langgestreckten Recht- ecks, eines Lineals angenommen hatte. Aber kein Zufall konnte auf den Rand eines solchen Rechtecks ebenmäßige, voneinander gleich weit entfernte Maßzeichen eingetragen haben. Das konnte nur ein vernünftiges Geschöpf tun, das wenigstens mit den An- fangsgründen der Mathematik vertraut war.
       „Wie merkwürdig“, sagte Knjasew, „daß wir, kaum daß wir die Venus betreten haben, sogleich auf ein neues Geheimnis stoßen.“
       Es war in der Tat merkwürdig. Als hätte jemand absichtlich das Lineal weggeworfen, um die Gäste darauf aufmerksam zu machen, daß der Planet seine eigenen Herren habe und bewohnt sei.
       „Ich bin trotzdem davon überzeugt, daß es auf der Venus keine vernünftigen Wesen gibt“, sagte Belopolski.
       „Aber woher ist dann dieses Lineal gekommen?“
       Konstantin Jewgenjewitsch zuckte die Achseln. „Das weiß ich ebensowenig wie Sie.“
       „Ist das ärgerlich!“ sagte Toporkow. „Wenn wir Funkver- bindung hätten...“
       Niemand antwortete, aber alle beseelte der gleiche Gedanke. Der geheimnisvolle

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