Das Erbe der Phaetonen
wundert“, sagte Korzewski, „ist der Umstand, daß man nirgends Pfützen sieht. Eine derartige Sint- flut müßte doch Spuren hinterlassen.“
„Die Pfützen könnten unter diesem roten Teppich stehen“, äußerte Toporkow unsicher. „Vielleicht ist dort ein richtiger Sumpf.“
Das Bild der Landschaft hatte sich nicht verändert, aber es fiel sofort auf, daß sich die vorher kaum wahrnehmbare Be- wegung am Ufer verstärkt hatte. Häufiger atmeten die Lianen, schneller bewegten sich die Härchen der Aktinien, und krampf- hafter wanden sich die Bänder am Boden.
„Ein weiterer Beweis dafür, daß die Heimat dieser Organis- men das Wasser ist!“ Der Biologe triumphierte. „Sie haben sich nicht getäuscht, Konstantin Jewgenjewitsch!“
„Na, dann gehen wir einmal an Land!“
„Einen Augenblick!“ bat Wtorow, als er sah, daß Belopolski
den Landesteg betreten wollte. „Erlauben Sie, daß wir Sie für alle Fälle anseilen.“
„Ja, das wäre angebracht.“
„Gennadi Andrejewitsch denkt als Alpinist immer an solchen Zauber“, sagte Toporkow lächelnd.
Vom Ende eines starken Seils umwickelt, das Wtorow in sei- nen muskulösen Händen hielt, schritt Belopolski über den Landesteg. Er blieb einen Augenblick stehen und überlegte, wohin er zuerst treten wollte. Behutsam setzte er den Fuß zwi- schen zwei rote Bänder. Dann tat er einen weiteren Schritt.
„Wasser ist nicht hier“, sagte er. Im selben Augenblick ver- sank er auch schon in der Tiefe.
Das Seil spannte sich ruckartig. Wtorow wankte keine Se- kunde. Mit wenigen Handgriffen zog er Belopolski auf den Steg zurück.
„Da sehen Sie, wozu solch ein Zauber gut ist“, sagte er spöt- tisch zu Toporkow.
Korzewski half Konstantin Jewgenjewitsch auf die Beine. Die Hose seiner Kombination war etwas beschmiert, aber völlig trocken. Also war Belopolski nicht ins Wasser gefallen.
„Meine Sohle ist auf der harten, schrägen, festen Oberfläche abgerutscht“, sagte er. „Ich glaube, der Boden ist hier porös. Das erklärt, warum sich das Wasser nicht staut. Es läuft durch die Erdporen in die Bucht ab.“
„Lassen Sie mich einmal versuchen.“
„Nein, ich gehe.“
Er trat abermals an den Rand des Laufsteges und tastete mit der Spitze seines Elektrovibrators den Boden ab.
„Halten Sie gut fest!“ bat Toporkow besorgt.
Wtorow sah ihn grienend an.
Sicher, wenn auch sehr langsam, schritt Belopolski voran und untersuchte sorgfältig den Weg vor sich. Oft versank sein Vibra- tor in der Tiefe. Daran ließ sich erkennen, daß er auf einem unsichtbaren Pfad schritt, der zwischen Gruben von unbekann- ter Tiefe verlief. Vielleicht reichten sie gar bis zur Oberfläche der Bucht hinab.
Nachdem Belopolski sich sechs Schritt entfernt hatte, blieb er stehen und drehte sich zu seinen Gefährten um.
„Folgt mir und bindet euch alle an dem Seil fest. Tastet den Weg gehörig ab. Boris Nikolajewitsch!“ rief er.
„Ich höre“, antwortete Melnikow.
„Fahren Sie das Periskop aus! Beobachten Sie aufmerksam den Horizont und warnen Sie, falls eine Gewitterfront herauf- zieht!“
„Sofort!“
Über dem Schiff stieg eine zwei Meter große Kugel auf. Sie erhob sich binnen Sekunden bis über die Kronen der rosa Bäume und wiegte sich am Ende einer dicken Trosse. Man sah, wie der Wind sie sogleich dem Ausgang der Bucht zutrieb.
„Wie ist die Sicht?“ fragte Belopolski.
„Tadellos.“
„Seien Sie nicht übervorsichtig! Verständigen Sie uns nur, wenn wirklich Gefahr droht!“
Melnikow gab keine Antwort.
„Hören Sie mich?“
„Natürlich, Konstantin Jewgenjewitsch.“
„Warum antworten Sie dann nicht?“
Belopolski lächelte über sich selbst. Er kannte den Charakter seines Schülers genau. Melnikow konnte Belehrungen dieser Art nicht leiden.
„Vorsicht!“ rief plötzlich Wtorow. „Ein Stachel!“
Aber Belopolski hatte es selber bemerkt.
Die scharfe Spitze des meterlangen Stachels eines Bandes, das unmittelbar vor ihm lag, zielte auf ihn. Diese langsame Bewegung der vermeintlichen Pflanze war unverkennbar ein Angriff.
Beinahe instinktiv schlug Belopolski mit dem Vibrator zu. Der seltsame Stachel zerbrach nicht, wie zu erwarten, in der Mitte, sondern flog als Ganzes ab. An der Stelle, an der er gesessen hatte, rannen aus
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