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Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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das Ufer, der Himmel – alles entschwand den Blicken. Die Männer sahen weder das Wasser noch das Boot, sahen einander selber nicht mehr. Sie fühlten nur, wie ihr Boot unter der Last der stürzenden Wassermassen erbebte. Falls das Plastedach dem Ansturm des Wassers nicht standhielt, mußte das Boot augenblicklich untergehen.
       Fast gleichzeitig flammten die Scheinwerfer an den Helmen Belopolskis und Balandins auf. Ihr Licht fiel auf gurgelnden, weißen Schaum rings um das Boot und auf die Sturzbäche des Wolkenbruches, der ununterscheidbar mit einem ungestümen Wasserfall verschmolz, der sich dicht neben ihnen von der Höhe des Ufers in die Bucht ergoß.
       „Fahren Sie mit dem Boot etwas vom Ufer weg“, sagte Belo- polski.
       In seiner Stimme schwang nicht die geringste Erregung. Die- sen Mann schien die gefahrliche Lage, in die sie geraten waren, nicht im geringsten zu beunruhigen.
       Korzewski befolgte die Weisung, das Boot entfernte sich ein großes Stück vom Wasserfall.
       „Wenn es uns nur nicht in den Ozean hinaustreibt“, bemerkte Wtorow.
       „Hier ist ja kein Wind“, erwiderte Balandin.
       „Als wir damals mit ,KS 2’ hierherflogen“, erklärte Belo- polski im Ton eines Lektors, „stießen wir auf eine Gewitter- front von eintausend Kilometer Mächtigkeit. Wenn diese hier genauso ist, kann sie ein paar Stunden dauern. Dann müßten wir unter der Bordwand unseres Raumschiffes Schutz suchen.
       Wenn es aber nur eine kleine Gewitterfront ist, haben wir sie bald überstanden. Auf der Venus sind die meisten Gewitter- fronten nicht groß. Deshalb werden wir lieber vorerst hier bleiben und abwarten.“
       „Wird das Plastedach halten?“
       „Es ist für solche Belastung berechnet. Wenn es bis jetzt ge- halten hat, wird es auch den Rest überstehen. Gefahr droht uns nicht.“
       „Warum ruft uns niemand vom Schiff?“ fragte Balandin. „Das ist doch sehr merkwürdig, Boris Nikolajewitsch!“ sagte er nachdrücklich.
       Es erfolgte keine Antwort.
       „Vielleicht ist keiner auf der Station“, sagte Korzewski un- schlüssig.
       „Das ist ganz ausgeschlossen. Genosse Melnikow!“ rief der Professor noch einmal.
       Abermals Schweigen.
       „Sie hören uns nicht!“
       „Sie müssen uns hören!“
       Lang anhaltendes Donnergrollen von erschütternder Gewalt unterbrach das Gespräch, als wäre selbst der Himmel der Venus in tausend Stücke zersprungen und wollte sogleich auf das feste Land stürzen. Wie ein märchenschönes Feuerwerk erhellten Dutzende von Blitzen gleichzeitig die Bucht mit flackerndem Licht. Ganz nahe vor dem Boot erhob sich inmitten einer Regen- wand der riesenhafte Leib des Raumschiffes, auf dem wie ein feuriges Netz die Flammen von Entladungen zuckten, als er- gössen sich nicht die Fluten eines Wasserregens, sondern eines elektrischen Regens auf die Bordwände.
       Das Gewitter schien noch heftiger zu werden.
       Das Boot begann krampfhaft zu zittern, und die Männer merkten, daß es allmählich tiefer sank. Die wild tosenden und schäumenden Wasser stiegen immer höher an der Bordwand empor, bis gegen den unteren Rand des Plastedaches.
       Plötzlich schoß am metallenen Vorsteven eine blaue Flamme empor. Sie ballte sich zu einem leuchtenden Kugelblitz und zer- barst, blaue Funkenkaskaden ins Dunkel sprühend, mit ohren- betäubendem Gepolter.
       In die sekundenlange Stille hinein, die dem folgte, sagte Wtorow plötzlich:
    „Jetzt weiß ich es!“
       Niemand reagierte darauf. Von der drohenden Gewalt der Elemente umklammert, harrten die Männer schweigend der kommenden Minuten. Das Boot war noch tiefer gesunken, als zöge es eine unsichtbare Hand auf den Meeresgrund.
       Und plötzlich, wie im Film, wenn eine Szene von einer ande- ren abgelöst wird, war das Gewitter vorübergeeilt. Verhallen- der Donner grüßte abschiednehmend aus der Ferne, und der dunkle Regenvorhang verzog sich rasch und verschwand hinter dem Wald am anderen Ufer. Alles sah wieder so aus wie vor- her. Sogar der vom Steilhang herabstürzende Wasserfall ver- siegte schlagartig.
       Das Boot schnellte in die Höhe, als freue es sich, daß es einer drückenden Last ledig war, und wiegte sich auf den sanf- ten Wellen des Fjordes. Man hätte glauben können, die Sonne wäre aufgegangen, so hell wurde es im Gegensatz zu der eben noch herrschenden Finsternis.
       „Sehen Sie nur – hier, was mit dem Kompaß

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