Das Erbe der Phaetonen
Astronauten sahen deutlich Gras oder etwas Grasähnliches, das gelbbraun gefärbt war und an den Steilhängen wuchs. Ein Stück weiter ins Land hinein erhoben sich die Wipfel von Bäumen, von richtigen Bäumen, keinen Korallen. Sie hatten Zweige und Blätter und wiegten sich im Wind. Die hohen Uferfelsen mach- ten es unmöglich, Form und Farbe der Stämme zu erkennen.
„So schnell wie möglich mit dem Schiff Verbindung aufneh- men“, sagte Melnikow. „Mit eigener Kraft kommen wir hier nicht heraus.“
Schweigend wies Wtorow auf das Funkgerät.
Es bot einen traurigen Anblick. Zerschlagen glitzerten die Scheiben der Apparaturen, zerrissen hingen die Drähte heraus. Bei näherer Untersuchung stellte Melnikow fest, daß der Gene- rator sich losgerissen hatte und nicht mehr funktionierte.
Melnikows Miene verdüsterte sich.
„Ich bin kein Funker“, sagte er. „Sie auch nicht. Aber wenn wir die Funkverbindung nicht wiederherstellen, sind wir er- ledigt. Der Sauerstoff reicht nur noch für vierundzwanzig Stunden.“
„Der Kommandant wird das andere Flugzeug ausschicken, um uns zu suchen.“
„Es muß erst montiert werden, und das kostet viel Zeit.“ Melnikow verstummte und setzte erst nach geraumer Weile leise hinzu: „Auch wissen sie dort nicht, wohin wir geflogen sind.“
Wtorow entsann sich. Er hatte selbst an das Schiff gefunkt, daß ihr Flugzeug Kurs Süd nähme, um einem Gewitter auszu- weichen. Daß sie später nach Westen abgedreht hatten, konnte nicht mehr gemeldet werden. Wo würden die Männer vom Raumschiff sie also suchen? Natürlich südlich von der Insel.
Das ist der Tod! dachte Wtorow niedergeschlagen.
„Also ist alles aus?“ fragte er so ruhig wie möglich, aber seine Stimme zitterte verräterisch.
„Warum so voreilige Schlüsse ziehen? Wir werden kämpfen! Geben Sie mir den Ersatzteilkasten für das Funkgerät!“
„Sie glauben ...“
„Wir haben nichts zu glauben. Wenn wir das Sendegerät nicht reparieren, bedeutet das unser Ende. Also müssen wir es um jeden Preis reparieren. Darauf kommt es an!“
„Wir werden es versuchen“, sagte Wtorow. Die Worte und vor allem der Ton, in dem Boris Nikolajewitsch sprach, gaben ihm neue Hoffnung. Ohne Zeit zu verlieren, begannen sie zu arbeiten.
Ein Gewitter, das aufzog, störte sie nicht. Durch das massive Plastedach geschützt, wechselten sie bei elektrischem Lampen- licht die zerstörten Teile der Funkanlage aus. Sie brauchten nur mechanisch die neuen Teile an dieselbe Stelle zu setzen, von der sie die beschädigten entfernten, und äußerst behutsam die zerrissenen Leitungen wieder zu flicken. Verwechselten sie dabei einen Draht mit einem anderen, wäre ihre ganze Arbeit umsonst.
Dankbar dachten sie an Toporkows Unterricht in Funktech- nik, an dem auf Belopolskis Weisung alle Besatzungsmitglieder von „SSSR-KS 3“ hatten teilnehmen müssen. Ohne diese kluge Voraussicht des Expeditionsleiters hätten sie nicht einmal jene allgemeine Vorstellung von der Arbeitsweise eines Senders und eines Empfängers gehabt, die ihnen jetzt unschätzbaren Dienst erwies.
Sie nahmen gar nicht wahr, daß ein Gewitter nach dem ande- ren über das Flugzeug hinwegzog, und wunderten sich sehr, als sie entdeckten, daß seit Beginn ihrer Arbeit bereits neun Stun- den vergangen waren.
Die Funkanlage war repariert. Aber würde sie funktionieren?
Minutenlang zögerten sie mit dem Einschalten.
Die beiden Männer wußten genau, daß ein Mißerfolg für sie den Tod bedeutete. Wenn ihnen in dem kompliziert verflochte- nen Schaltschema ein Fehler unterlaufen war, würden sie nicht in der Lage sein, ihn aufzuspüren und zu beseitigen.
Die Genossen werden bestimmt alles daransetzen, uns zu finden, dachte Melnikow. – Sie haben wahrscheinlich inzwischen das zweite Flugzeug montiert. Ein paar Stunden werden sie uns südlich der Insel suchen. Erst wenn sich erweist, daß wir dort nicht sind, werden sie in andere Himmelsrichtungen fliegen. Vielleicht entdecken sie dann dieses Festland und schließlich auch uns? Aber wieviel Zeit werden sie dazu brauchen? Unsere Luft reicht noch für fünfzehn, sechzehn Stunden. Und selbst wenn sie uns entdeckt haben, kann das Flugzeug in der schmalen Bucht nicht wassern. Es wird umkehren und dann erst das Unterseeboot hierher auslaufen müssen. Das dauert abermals mindestens fünf Stunden. Wenn wir nicht zu
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