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Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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Stellung der Sonne erkennen und die Dauer eines Tages ablesen. Ein Venustag entspricht dreiundzwanzig Erdentagen. Auf diese Weise läßt sich ermitteln, daß der Baum ungefähr vor anderthalb Venustagen gegen Mitternacht umge- brochen worden ist.“
       „Haben Sie auch feststellen können, wann er aus dem Wasser gezogen wurde?“ fragte Saizew nach längerem Schweigen.
       „Das läßt sich nicht so genau bestimmen. Die Bäume, die am Ufer liegen, werden oft naß durch den Regen. Zum Glück ist das untersuchte Stück von einem Stamm geschnitten worden, der unten lag. Wir nehmen an, daß er mindestens acht, neun'Erden- tage auf dem Trockenen gelegen hat.“
       „Und der Fluß hat ihn einen ganzen Venustag auf seinem Rücken getragen?“
       „Das leuchtet mir nicht ganz ein“, sagte Balandin. „Die Strö- mung fließt so schnell, daß ein Stamm nicht so lange brauchen kann, um das Wehr zu erreichen.“
       „Meiner Meinung nach ist alles ziemlich klar“, erklärte Belo- polski. „Boris Nikolajewitsch hat recht. Die Venusbewohner verlassen ihre Zufluchtsstätten selten und arbeiten nur nachts. Die Bäume sind in der vorhergehenden Nacht gefällt und ins Wasser geworfen worden. Sie sind bei Tage stromabwärts ge- trieben und von dem eigens dazu bestimmten Wehr aufgehalten worden. In der nächsten Nacht hat man sie herausgeholt und gestapelt. Das ist vor Sonnenaufgang geschehen. Heute. Man darf annehmen, daß in der nächsten Nacht, die in fünf Erden- tagen anbricht, das gestapelte Holz abtransportiert und an seiner Stelle anderes gestapelt werden wird.“
       „Wenn sich alles tatsächlich so verhält“, sagte Korzewski, „dann müssen wir nachts hierherkommen, um die Venusbewoh- ner zu sehen.“

       „Das werden wir auch tun“, antwortete ihm Belopolski. „Un- ser Arbeitsprogramm verlangt, daß wir uns auf der Nachtseite des Planeten aufhalten. Sobald es Abend wird, fliegen wir zum Kontinent und landen in der Nähe der Stromschnellen.“
       „Werden wir innerhalb von fünf Tagen eine Startbahn ge- schaffen haben?“ fragte Saizew. „Damit unser Raumschiff star- ten kann, müßten wir einen Teil der Korallenbäume an der Westküste vernichten und die Steilküste selbst erheblich ab- tragen.“
       „Das erübrigt sich. Heute sind die ersten Anzeichen der nahenden Flut beobachtet worden. Gegen Abend wird der Was- serstand um achtzig Meter gestiegen, werden die Korallenbäume mehr als bis zur Hälfte überspült sein. Übrigens, Boris Nikola- jewitsch, wird die Flut bis zu den Stromschnellen reichen?“
       „Ich glaube kaum.“ Melnikow schüttelte den Kopf. „Sinowi Serapionowitsch und ich haben auf der Rückfahrt die Strömungs- geschwindigkeit und die Entfernung von der Seeküste gemessen. Das Ergebnis beweist, daß das Wehr zweihundert Meter über dem Meeresspiegel liegt.“
       „Und“ – wir werden am Flußufer landen können?“
       „Auf dem südlichen Ufer bestimmt. Der Wiesen streifen zwi- schen Wald und Fluß genügt völlig.“
       „Also wird das Schiff am 22. Juni, in fünf Tagen, die Insel verlassen“, sagte Belopolski. „Wir werden so nahe wie möglich an das Wehr heranfliegen. Hoffen wir, daß wir dort das Rätsel der vernunftbegabten Geschöpfe auf der Venus lösen.“

    Der Flug zum Festland

       In der zweiten Hälfte des langen Venustages erstarb das Leben am Ufer der Insel. Die „Aktinien“, die „Bänder“ und „Lianen“ schienen wie tot. Man konnte sie berühren, sooft man wollte, mit den Händen greifen und umbiegen – sie reagierten nicht. Auch die längsten Regengusse erregten keine Bewegung bei ihnen.
       „Der Vorgang der Anabiose ist auch auf der Erde oft zu be- obachten“, erklärte Korzewski. „Allerdings hängt er dort von der Jahreszeit, hier jedoch von der Tageszeit ab. Viele Gewächse der Erde ersterben für die Dauer des Winters und feiern im Frühling Wiederauferstehung. Auch einige Tiere halten Winter- schlaf. Auf der Venus aber ist der Tag die für Lebensprozesse ungünstige Zeit. Natürlich spielen hier auf der Insel Ebbe und Flut eine entscheidende Rolle. Die Meeresorganismen sind ein- geschlafen, weil ihnen das Wasser fehlt. Auf dem Meeresgrund brodelt das Leben, wie wir gesehen haben, auch bei „Tage“. Die Inselbewohner haben sich an das besondere Leben auf einem Korallenriff, das bald im Wasser versinkt, bald wieder daraus emporsteigt, gewöhnt. Das ist sehr interessant, für einen Bio-

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