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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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sich um seine Wunde kümmern, bei ihm sein. Die Damen von Neuenwalde wollten nach einem Bader schicken lassen, einen Medikus gab es in der näheren Umgebung nicht. Aber Gerlin bezweifelte ohnehin, dass all diese Leute mehr über Wunden und Krankheiten wussten als sie selbst. Auf der Reise mit Salomon von Kronach hatte sie vieles gelernt und sich immer für Krankenpflege interessiert – wobei es nun gerade dieses Wissen war, das ihr die Hoffnung raubte. Gerlin hatte einen Reiter mit schnellem Pferd zum Kloster Saalfeld gesandt. Lauenstein hatte sicher keinen Hausgeistlichen mehr, aber der Abt konnte ihr einen geeigneten Mann empfehlen. Florís brauchte keinen Arzt mehr, er brauchte einen Priester. Und sie selbst brauchte Florís. Luitgart stand ihr da nur im Wege.
    »Ich weiß es nicht, Frau Luitgart, das muss mein Sohn entscheiden«, beschied sie schließlich ihre alte Kontrahentin. »Ihr werdet ihn erkennen, er ist seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Und viel zu gnädig gegenüber Eurer Familie. Also wendet Euch an ihn.«
    Damit folgte sie den Männern mit der Trage und wies ihnen den Weg zu ihren alten Kemenaten. Sie wählte eine der nächsten, gleich oberhalb des Palas. Als sie damals nach Lauenstein gekommen war, hatte Luitgart ihr die Räume zuweisen lassen, obwohl die Nähe zum Rittersaal für ein junges Mädchen eher unpassend war. Aber die Zimmer waren komfortabel und leicht zu erreichen. Gerlin hoffte nur, dass sie nicht einer von Rolands Rittern bewohnt hatte. Die Befürchtung erwies sich jedoch als unbegründet. Die Männer hatten wohl gemeinsam im großen Saal kampiert – für diesen Schlag Ritter war es ohnehin normal, sich in den Schlaf zu trinken.
    Dietmar wandte sich derweil an Frau Luitgart und grüßte sie höflich.
    »Es tut mir leid, dass Ihr darben musstet, und ich bedaure auch den Tod Eures Gatten. Ich hätte Euch freies Geleit gewährt, aber er bevorzugte den ritterlichen Kampf. Das wird Euch stolz machen. Ihr könnt veranlassen, dass er in der Kapelle aufgebahrt wird, das Kloster ist schon verständigt. Von mir aus könnt Ihr die Trauerfeierlichkeiten hier begehen, allerdings hängt das vom Zustand meines Pflegevaters ab. Sollte er sich nicht erholen … werde ich veranlassen, dass der Leichnam Eures Gatten nach Saalfeld gebracht wird.«
    Luitgart schnaubte. Noch immer weinte sie keine Träne. »Ein Florís de Trillon hat ja auch sicher ein größeres Recht auf eine Totenwache auf Lauenstein als ein Roland von Ornemünde«, höhnte sie.
    Dietmar sah sie traurig an. »Ja«, sagte er dann schlicht. »Aber mein Pflegevater ist noch am Leben. Vorerst stellt sich die Frage also nicht. Mich bewegt etwas anderes, Frau Luitgart. Ich möchte Eure Tochter sehen.«
    Luitgart lachte schrill. »Na, dann sucht sie mal, Herr Ritter!«, sagte sie. »Wie Ihr selbst sagtet: Unsere Burg ist die Eure.«
    Rüdiger von Falkenberg schwante bei diesen Worten Schreckliches, und er kam erst etwas zur Ruhe, nachdem er den Burghof auf frische Gräber hin durchsucht hatte. Weder hier noch in der Kapelle fanden sich Spuren einer Beisetzung. Sophia von Ornemünde war also offensichtlich nicht gestorben, zumindest nicht auf Lauenstein. Rüdiger hielt allerdings nichts davon, die Burg einer Durchsuchung zu unterziehen, wie Dietmar das eben tat. Er hätte sich lieber direkt eingehender mit Luitgart beschäftigt. Aber gut, das war Dietmars Problem. Er selbst nahm sich jetzt erst einmal der Unterbringung der Ritter an und organisierte die Verpflegung. Zwar würde die Siegesfeier an diesem Tag sicher etwas gedämpft ausfallen, aber Wein und Bier und zumindest ein paar Ochsen am Spieß musste man den Männern schon bieten, das hatten sie sich verdient.
    Inzwischen waren auch die wenigen Hausbediensteten aus ihren Verstecken gekommen und hätten sich wohl gern der neuen Frau des Hauses vorgestellt. Rüdiger sah keinen Grund, die Leute herauszuwerfen. Er wies sie und ein paar Knappen an, Proviant aus der Trutzburg nach Lauenstein zu holen – und freute sich, als gleich darauf auch die Bauern aus dem Dorf eintrafen und Güter vorbeibrachten. Fast noch mehr rührte ihn die Ankunft des Dorfgeistlichen und der örtlichen Kräuterfrau. Er wies beiden den Weg zu Gerlin und Florís und kündigte dem Dorfvorsteher spätere Siegesfeiern an.
    »Der Herr Dietmar wird die ganze Grafschaft bewirten. Aber vorerst … habt Verständnis, dass er Euch heute nicht selbst empfängt. Sein Pflegevater liegt im Sterben …«
    In Wirklichkeit

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