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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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und ihre Knappen gaben sich alle Mühe, ihre klammen Festkleider noch vor der Messe zu trocknen und zu glätten. Der König hatte alle Ritter für die Reise neu ausstatten lassen. Sie trugen prächtige wollene Tuniken, in denen sie während der langen Messe nicht frieren sollten. Zu einem ausgiebigen Mahl hatte es allerdings nicht gereicht – zumal keiner genau wusste, ob mit der Krönung auch eine Eucharistiefeier verbunden sein würde oder nicht.
    »Eher doch«, meinte Rüdiger von Falkenberg mutlos – er hatte lange Gottesdienste nie geschätzt und trauerte der förmlichen Schwertleite nicht nach, die er damals versäumt hatte. Florís de Trillon hatte ihn nach seinem ersten richtigen Kampf noch auf dem Schlachtfeld zum Ritter geschlagen, und Rüdiger war stolz darauf. »Bei einer Krönung lassen sie sicher nichts aus, was Prunk beweist und Zeit kostet. Weck mich, Dietmar, wenn ich einschlafe …«
    Dietmar war viel zu aufgeregt, um schläfrig zu sein. Stand er doch eben zum ersten Mal dem Bischof gegenüber, zu dessen Einflussbereich sein Erbe gehörte – wenn auch nur in der zweiten Reihe hinter dem Kronprinzen. Aber Siegfried von Eppstein in seinem prächtigen Ornat bot einen imponierenden Anblick, und es war zweifellos wichtig für Dietmar, einen guten Eindruck zu machen. Von der Fürsprache des Bischofs konnte letztendlich eine Menge abhängen. Zumindest wäre es gut, den Geistlichen auf seiner Seite zu wissen, wenngleich er ihm sicher keine Truppen stellte …
    Dietmar beugte also mit allen Zeichen der Ehrerbietung den Kopf vor dem Bischof, als Prinz Ludwig seine Ritter jetzt vorstellte. Die Reaktion des Bischofs auf seinen Namen verwunderte ihn etwas. Die Augen des Geistlichen weiteten sich, und er schien fast erschrocken in der Bewegung innezuhalten, als er dem jungen Mann routinemäßig seinen Ring zum Kuss hinhielt.
    »Ihr seid … Ihr seid der Sohn Dietrich von Lauensteins?«, fragte er schließlich.
    Dietmar nickte. »Ja, Hochwürdigster Herr«, sagte er mit klangvoller Stimme.
    Der Bischof schien ein Seufzen zu unterdrücken. »Aber Ihr seid hier als Ritter König Philipps«, vergewisserte er sich. »Ihr wollt nicht … Versteht mich richtig, Ihr habt in Eurer Sache durchaus die … Unterstützung der … des … äh … Gott ist zweifellos auf Eurer Seite! Aber der Zeitpunkt ist ungünstig …«
    »Ich gehöre zur Eskorte des Prinzen«, erklärte Dietmar würdevoll, »und gehorche seinem Befehl. Die … Sache Lauenstein wird später verhandelt werden.«
    Siegfried von Eppstein atmete auf. Der junge Mann war also nicht hier, um mit dem Austragen seiner Fehde zu beginnen. Aber Ärger konnte es trotzdem geben. Schließlich würde es kaum möglich sein, die beiden Ornemünder vollständig aneinander vorbeizulavieren. Sobald einer vom anderen erfuhr, konnte die Situation allen guten Vorsätzen zum Trotz eskalieren. Und dann war da ja auch noch das Turnier … Der junge Ritter würde sicher mitkämpfen – und der alte?
    Roland von Ornemünde hatte lange nicht im ritterlichen Zweikampf gestanden, aber zweifellos maß er sich täglich im spielerischen Streit mit seinen Rittern – die ein wilder Haufen sein sollten, dem Bischof kamen immer wieder Klagen aus der Nachbarschaft von Lauenstein zu Ohren. Kaum mehr also als Abschaum, aber das Schwert wussten diese Leute zu führen. Es war keineswegs ausgeschlossen, dass Roland zum Turnier antreten würde. Er war schließlich hier, um sich die Beachtung zu erzwingen, die seine Nachbarn ihm verweigerten. Ein Turniersieg oder zumindest eine gute Platzierung würde dazu beitragen.
    Siegfried von Eppstein rieb sich die Schläfen. Das alles würde schwierig werden. Aber jetzt konnte er sich damit nicht beschäftigen. Er hatte einen König zu krönen!
    Der Bischof verabschiedete die letzten Ritter des französischen Prinzen und wandte sich der nächsten Delegation von Würdenträgern zu. Noch ein Franzose, der Graf von Toulouse.
    Hatte man den nicht längst exkommuniziert? Wie viele Frauen hatte er inzwischen noch mal verstoßen? Der Bischof seufzte, bevor er dem vierschrötigen Grafen den Ring zum Kuss hinhielt. Ein weiterer Gauner im ritterlichen Gewand. Aber er musste freundlich sein. König Friedrich brauchte jeden Verbündeten, den er finden konnte …
    Rüdiger von Falkenberg nutzte die Zeit zwischen der Vorstellung beim Bischof und dem Beginn der Messe, um sich noch ein wenig auf dem Domplatz umzusehen. Sein Platz wurde schließlich freigehalten, und gleich

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