Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin
scheute, weil ihm das blanke Eisen eine tiefe Wunde in den Hals gerissen hatte. Ein Uzoma stürzte getroffen vom Pferd und fand ein grausames Ende unter den wirbelnden Hufen der nachfolgenden Tiere.
Eines der Tiere scheute und brach die Formation der Reiter auf. Der geschlossene Angriff riss auseinander, und die Welt um Keelin herum versank in einem tosenden Chaos aus wirbelnden Pferdehufen, gellenden Schreien, blitzenden Waffen und rotem Staub.
Der junge Falkner hatte seinen Bogen gespannt. In rascher Folge verließen die Pfeile die Sehne. Doch ihm blieb nicht die Zeit zu erkennen, ob sie ihr Ziel fanden. Ein gegnerischer Pfeil verfehlte ihn nur um Haaresbreite, dann stürmte auch schon ein Uzoma mit erhobener Lanze auf ihn zu. Keelin empfing ihn kampfgeübt. Er ließ den Bogen fallen, sprang geschickt zur Seite, packte die Lanze mit beiden Händen und entriss sie dem Angreifer. Aus den Augenwinkeln sah er einen weiteren Uzoma auf sich zustürzen und schleuderte ihm die Lanze entgegen. Noch in derselben Bewegung zog er das kurze Schwert aus der Scheide und parierte geschickt den Hieb des ersten Angreifers, der ihn von hinten mit einer kurzen Klinge bedrängte. Dann war der zweite Uzoma heran. Keelin saß in der Falle. Ihm blieb gerade noch die Zeit, einen Lanzenhieb abzuwehren, da stürzten sich die beiden auch schon auf ihn. Der erste Schwertstreich verfehlte Keelins Hals nur um Haaresbreite, der zweite streifte seinen Arm knapp unterhalb des Kettenhemdes und hinterließ dort eine klaffende Wunde. Schmerz und Wut verliehen ihm ungeahnte Kräfte. Er bäumte sich auf, schüttelte die Gegner ab, sprang auf und nutzte die gewonnene Zeit, um Atem zu schöpfen, bevor die beiden Uzoma erneut auf ihn zustürmten.
Der junge Falkner hatte große Mühe, die Klinge und die Lanze, die nun von unterschiedlichen Seiten auf ihn eindrangen, rechtzeitig abzuwehren. Er parierte Hieb um Hieb, ohne nachzudenken, aber auch ohne sich dadurch einen echten Nutzen zu verschaffen. Die Uzoma schienen sich ihrer Übermacht wohl bewusst zu sein und spielten förmlich mit ihm, um ihn zu ermüden und dann ohne Gefahr für das eigene Leben den tödlichen Streich zu führen.
Plötzlich leuchteten die Flammen einer Feuerpeitsche inmitten des wirbelnden Chaos auf. Gleichzeitig erhob sich ein furchtbarer Schrei aus dem Kampfeslärm. Stampfende Pferdehufe näherten sich bedrohlich, und eine Lanze fuhr nur wenige Handbreit neben Keelin in den Sand. Wieder fing er den Angriff ab und tat einen Satz zur Seite, doch diesmal versperrte ihm der Körper eines getöteten Uzomas den Weg. Keelin strauchelte und landete zum zweiten Mal auf dem Boden. Der harte Aufprall riss ihm das Kurzschwert aus der Hand und raubte ihm für wenige Herzschläge die Besinnung. Als sich das Bild vor seinen Augen klärte, blickte er genau in das hasserfüllte Gesicht eines Uzomas. Den Dolch zum tödlichen Stich erhoben, entblößte er die Zähne zu einem siegessicheren Grinsen.
Keelin erstarrte. Die Zeit verlor ihre Bedeutung, und die folgenden Bewegungen schienen unendlich langsam abzulaufen. Er sah, wie der Dolch sich unaufhaltsam auf seine ungeschützte Brust herabsenkte, und spürte das Gewicht des Uzomas auf seinem Körper. Das Schreien und Rufen der Männer, das Klirren der Waffen und Wiehern der Pferde drang nur verzerrt an seine Ohren, während der aufgewirbelte Staub ihm das Atmen schwer machte. Sein Herz raste, und seine Finger krallten sich in den sandigen Boden.
Die Klinge war ganz nah. Es war vorbei!
Plötzlich schoss ein gleißender Feuerball aus dem roten Nebel heran. Er schlug dem Uzoma den Dolch aus der Hand, umschlang dessen Hals und riss die grinsende Fratze aus Keelins Blickfeld. Statt des Uzomas tauchte Abbas’ staubiges Gesicht vor ihm auf. Mit einem Ruck fand die Zeit ihren Rhythmus wieder. »Steh auf, mein Freund!«, rief der junge Wunand und reichte ihm die Hand. Keelin griff zu und kam mit einem Satz wieder auf die Beine.
Doch für einen Dank blieb keine Zeit. Schon sahen sich die beiden Freunde zwei weiteren Gegnern gegenüber, die sie mit ihren Lanzen bedrohten. »Dein Schwert!« Abbas deutete zu Boden und baute sich schützend vor Keelin auf, sodass er nach der Waffe greifen konnte. Geschickt hielt der junge Wunand die beiden Krieger mit der Feuerpeitsche auf Abstand, doch dann tauchte von hinten ein dritter Gegner auf Abbas und Keelin standen Rücken an Rücken, bereit, ihre Leben so teuer wie möglich zu verkaufen, während die drei Uzoma sie
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