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Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin

Titel: Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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bleiche Gesicht geschwollen und von Wunden verunstaltet. »Schnell!« Abbas fasste Maylea am Arm und zerrte sie über die Trümmer der Tür hinweg.
    Im gleichen Augenblick zersplitterte die Tür am Ende des Ganges unter den Axthieben der Uzoma. Mit einem Mal war die Luft erfüllt von den Geräuschen bewaffneter Krieger, die schnell näherkamen.
    Abbas’ Herz raste. Mit angehaltenem Atem starrte er in den finsteren Gang hinein. Was sollte er tun? Hinter seiner Stirn überschlugen sich die Gedanken. Ein rascher Blick nach hinten bestätigte ihm, was er bereits befürchtet hatte: Nirgends gab es Hoffnung auf ein Versteck. So weit das Auge reichte, breitete sich die endlose Steppe aus. Wenn es dort draußen zum Kampf käme, wären sie verloren. Die einzige Möglichkeit, den Uzoma wirksam entgegenzutreten, war hier, ummittelbar vor der Tür, wo der schmale Gang die Krieger behinderte und nur einzeln durchließ. Doch das bedeutete …
    Die Uzoma kamen immer näher. Er waren fünf, so viel konnte Abbas durch Staub und Schatten hindurch erkennen. Sie waren nicht mehr weit entfernt, und er wusste, dass ihm nur noch eine Möglichkeit blieb, wenn er Maylea retten wollte. »Lauf, Maylea!«, rief er und versetzte der jungen Wunand einen energischen Stoß. Dann trat er zwei Schritte zurück, löste die Feuerpeitsche vom Gürtel, entzündete sie und machte sich bereit.
    Als seine Hand sich um den Griff der Waffe schloss, durchströmte ihn ein seltsames Gefühl. Alle Furcht, alles Bangen schienen plötzlich vergessen. Aller Schrecken und alles Zögern gehörten der Vergangenheit an. Eine wilde Entschlossenheit breitete sich wie eine brennende Woge in ihm aus, und der Hass auf die Uzoma verdrängte alle störenden Gedanken. So war es also, wenn man dem Feind gegenüberstand und dem Tod ins Auge blickte. Abbas atmete tief durch, und Stolz durchflutete ihn. So war es, wenn man Ruhm und Ehre erlangte.
    Hinter ihm stieß Maylea einen erschrockenen Laut aus.
    Gleichzeitig ertönte das Klirren von Waffen, als die Uzoma am Ende des Ganges innehielten und Abbas auf eine Weise anstarrten, als wüssten sie nicht, was sie von dem jungen Wunand halten sollten, der sich ihnen mit der Peitsche in der Hand in den Weg stellte.
    Aus den Augenwinkeln sah Abbas, dass Maylea noch immer hinter ihm stand. »Lauf, Maylea!«, rief er außer sich, ohne die dunkelhäutigen Krieger aus den Augen zu lassen. »Verdammt, Maylea, lauf!« Und als hätten die Worte den Bann gebrochen, griffen die Uzoma an.
     
     
     
    Wie die Verheißung auf einen besseren Tag erhob sich die goldene Herbstsonne über den schneebedeckten Gipfeln und Graten des Pandarasgebirges. Ihre wärmenden Strahlen vertrieben noch einmal Frost und Kälte aus den Tälern und lösten die dunstigen Nebel auf, die sich mit Beginn der Dämmerung gebildet hatten.
    Ein großer Runkaadler, der seinen Namen der eigenwilligen Form seiner Schwanzfedern verdankte, nutzte die aufsteigenden Winde für seinen morgendlichen Flug und zog weit im Westen seine Kreise, während sich im Grinlortal schon früh Scharen von schwarzen Aaskrähen eingefunden hatten. Angezogen von dem Geruch des Todes, den die verheerende Schlacht hinterlassen hatte, taten sie sich an den zerschmetterten Leibern der Lagaren und der getöteten Uzoma gütlich. Immer wieder trafen neue Scharen ein, und ihre krächzenden, zänkischen Schreie erfüllten die Luft, während sie um die besten Futterplätze stritten.
    »Ist es wirklich vorbei?« Inahwen, die zusammen mit Gathorion und Artis auf der beschädigten Außenmauer stand, wandte sich von dem grausigen Anblick ab. Erschüttert und zutiefst betroffen ließ sie den Blick über die schwelenden Ruinen der Festung schweifen, die kaum noch etwas mit dem imposanten Bauwerk gemein hatte, dessen Mauern den Pass zuvor versperrt hatten. Überall bargen die Krieger Tote und Verletzte aus den Trümmern, verscheuchten Aaskrähen oder löschten die letzten Brände, die die Nacht überdauert hatten.
    »Es ist noch zu früh, um das mit Gewissheit zu sagen«, erwiderte Gathorion mit einem Seitenblick auf den Runkaadler, der sich langsam kreisend westwärts davonflog. »Die Falken, die bei Tagesanbruch aufstiegen, brachten die Kunde, dass es im Heerlager der Uzoma zu Aufruhr und heftigen Zwistigkeiten gekommen sei. Die Uzoma sind anscheinend sehr aufgebracht, doch richtet sich dieser Zorn offensichtlich gegen die eigenen Heerführer.«
    »Wenn das wahr ist, stellen sie keine Gefahr mehr für uns dar«, warf

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