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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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warten sollen, bis sie uns einholen, überlegte sie, während sie den roten Schein betrachtete, der dem Mondstein entströmte. Doch schon im nächsten Augenblick verwarf sie den Gedanken wieder. Wer immer ihnen folgte, tat dies nur aus dem einen Grund: um sie zur Umkehr zu bewegen. Und umkehren würde sie niemals, ob sie nun Wasser hatte oder nicht.
    Ajana blinzelte gegen das Licht der Sonne an und ließ das Amulett wieder unter ihr Gewand gleiten. Es war gut, dass Abbas nichts von den Verfolgern wusste. So konnte sie entscheiden, was sie für richtig hielt und ersparte sich zermürbende Diskussionen.
    Eine kurze Weile noch sann sie darüber nach, dann schloss sie die Augen und rollte sich im Schatten zusammen, um ein wenig zu schlafen.
     
     

    ***
     
    Abbas erwachte, von unerträglichem Durst geplagt. Seine Kehle war wie ausgedörrt, die Lippen trocken und aufgesprungen. Eine sengende Hitze lastete über der Senke, in der er mit Ajana Zuflucht gesucht hatte. Ihm war, als verdampfe in der heißen und trockenen Luft auch die letzte Flüssigkeit aus seinem Körper.
    Wasser …
    Mit zitternden Fingern tastete er nach dem Wasserschlauch, der neben ihm im Sand lag. Er war noch zur Hälfte gefüllt. Genug, um seinen Durst zu stillen. Mit trockener Zunge fuhr er sich über die rauen Lippen, nahm alle Kraft zusammen und richtete sich auf. Das Wasser im Schlauch schwappte hin und her und gluckerte verlockend.
    Trinken …
    Hektisch fingerte er an dem Stopfen herum. Er wusste, dass er sparsam sein musste. Aber die Gier nach Wasser war übermächtig. Er musste einen Schluck trinken und wusste zugleich, dass er nicht aufhören würde, ehe er auch den letzten Tropfen aus dem Schlauch gewrungen hatte.
    Endlich gab der Stopfen nach.
    Abbas stieß einen keuchenden Laut aus und setzte den Schlauch an die Lippen. Da fiel sein Blick auf Ajana. Sie lag neben ihm im Sand, das Gesicht von der Sonne gerötet, die Lippen aufgesprungen. Sie wirkte ausgemergelt und erschöpft, aber ihre Miene zeigte selbst im Schlaf noch einen entschlossenen Gesichtsausdruck.
    Ihr eigener Wasserschlauch lag neben der Stute leer und schlaff im Sand. Offenbar hatte sie dem Pferd das restliche Wasser zu trinken gegeben. Abbas konnte es ihr nicht verübeln. Wenn sie Andaurien erreichen wollten, musste die Stute am Leben bleiben. Zu Fuß würden sie es niemals schaffen.
    Wir werden es sowieso nicht schaffen.
    Die Erkenntnis war so ungeheuerlich, dass sie ihm den Atem raubte. Er hatte das Gefühl, der Boden schwanke, und musste sich abstützen, um das Gleichgewicht zu halten.
    Das Wasser wird nicht für uns beide reichen, dachte er erschüttert. Andaurien ist noch einen ganzen Tagesritt entfernt. Gemeinsam werden wir niemals dorthin gelangen.
    Abbas ließ den Wasserschlauch sinken. Verzagt irrte sein Blick zwischen Ajana und dem Lederbeutel hin und her.
    Wenn er jetzt trank, waren sie beide verloren.
    Was sollte er tun?
    Abbas biss sich auf die Unterlippe. Er hatte Ajana nur aus einem Grund begleitet: damit sie Andaurien sicher erreichte. Gemeinsam waren sie weit gekommen, hatten Hitze und Kälte, Sandstürme und Einsamkeit geteilt und sich gegenseitig Mut zugesprochen und jetzt hätte er mit seiner Selbstsucht beinahe alles verdorben. Das war eines Wunand wahrlich nicht würdig.
    Die Nebelsängerin musste leben.
    Entschlossen drückte er den Stopfen zurück in den Wasserschlauch. Er hatte geschworen, sie mit seinem Leben zu schützen – und er wusste, was er zu tun hatte.
    Schwankend kam er auf die Beine, versicherte sich, dass der Wasserschlauch gut verschlossen war, und legte ihn vorsichtig neben Ajana auf den Boden. Einer plötzlichen Gefühlsregung folgend, strich er ihr eine Haarsträhne aus der Stirn und berührte zum Abschied zärtlich ihre Wange.
    Ajana lächelte im Schlaf, und er zog die Hand fort. Einen Augenblick lang zögerte er noch, weil er fürchtete, sie könne erwachen. Dann löste er das Messer von seinem Gürtel, stand auf und ging.
    Die Glut der Sonne traf ihn unerbittlich, als er aus dem Schatten trat und die Düne hinaufstolperte, doch er ertrug es, ohne zu klagen.
    Er hatte nicht vor, weit zu gehen.
     
     

    ***
     
    Ajana spürte, dass sie allein war, noch ehe sie die Augen öffnete. Sie hatte es in Nymath schon öfter erlebt, dass sie die Nähe oder Abwesenheit anderer selbst im Dunkeln fühlen konnte, eine Folge ihres erwachten elbischen Erbes. Niemals zuvor jedoch hatte sie das Alleinsein so stark empfunden wie in diesem

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