Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
Vom Netzwerk:
Seine Schultern bebten. »Ja«, presste er mühsam hervor, während er versuchte, der aufkommenden Verzweiflung Herr zu werden. »Sie … sie liegen in einer Senke, etwa ein Dutzend Pfeilschussweiten von hier.« Er blickte die Elbin an und schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, wir kommen zu spät.«
     
     

    ***
     
    Auf der rituellen Opferplattform des Haupttempels ließen die Krieger der Tempelgarde ihre Hörner erschallen. Es war die letzte Wache der siebenten Nacht vor dem Opferfest, der Morgen, an dem die Priesterinnen mit den Opferungen begannen.
    Sieben mal zehn Sumpfhühnern mussten die Herzen herausgerissen werden, eine blutige Gabe, die den einen Gott gnädig stimmen sollte. Es waren die ersten Opferungen in einer langen, sich ständig steigernden Kette grausamer Tötungsrituale, die am Tag des großen Opferfestes mit der Hinrichtung der Felis und den freiwilligen Menschenopfern einen barbarischen Höhepunkt finden würde.
    Suara, Oxana und fünf weitere Priesterinnen waren auserwählt, das Ritual zu vollziehen. Suara stand neben einem der glimmenden Kohlebecken auf der Plattform des Tempels und blickte voller Unbehagen auf die wogende Masse der Gaffer hinab, die dem Klang der Hörner gefolgt waren, um das blutige Schauspiel mit anzusehen.
    Das ist wie ein böser Traum, dachte sie bei sich. Was tue ich hier eigentlich? Wie weit muss ich noch gehen in der Rolle, die ich angenommen habe, um die Felis zu retten?
    Plötzlich überkamen sie Zweifel. Als man ihr am Abend aufgetragen hatte, bei Sonnenaufgang zehn Sumpfhühner zu töten, hatte sie die Aufgabe wie alle anderen in demütigem Schweigen angenommen. Sumpfhühner hatte sie für Kerr schon hundertfach getötet. Eine leichte Aufgabe, wie es schien. Hier oben auf der Plattform des Tempels wurde ihr jedoch bewusst, dass sich dieses Töten ganz entscheidend von der Jagd auf Sumpfhühner unterschied: Nicht Hunger, sondern Blutdurst war der Antrieb für das Spektakel, vor allem aber war es ein sinnloses Töten.
    Wie von selbst wanderte ihr Blick von der Menge hin zu dem Opferstein, vor dem die silberne Blutschale des einen Gottes aufgestellt war. Der Anblick stand in krassem Gegensatz zu den prächtigen weißen Bauten des Tempels und der Schönheit des Dschungels. Der Stein selbst und der Boden ringsumher waren schwarz und glatt von getrocknetem Blut. Tierblut. Menschenblut. Suara erschauerte. Ein schwacher Luftzug trug ihr den metallischen Geruch zu, der von dem Opferstein ausging. Sie würgte und kämpfte darum, die bittere Galle zurückzudrängen, die ihr in die Kehle stieg.
    Erst jetzt verstand sie wirklich, warum Terka sich zurückgezogen hatte. Jetzt erst wurde ihr bewusst, dass die gestohlenen Gewänder weit mehr waren als nur eine Verkleidung. Aber für eine Umkehr war es längst zu spät. Für Oxana und sie gab es kein Zurück. Sie hatten das Spiel begonnen und mussten es beenden, ganz gleich, was das Schicksal noch für sie bereithielt.
    Nach dem Angriff auf die Hohepriesterin war die Tempelgarde in höchster Alarmbereitschaft. Zwar hatte man unter den Priesterinnen keine weitere Streiterin Callugars gefunden, doch der Mordanschlag auf Vhara hatte dazu geführt, dass nun auch in den Schlafsälen der Priesterinnen und im großen Speisesaal Tag und Nacht Wachen postiert waren.
    Und es waren Ajabani in der Stadt.
    Suara wusste, dass sie sich nicht den kleinsten Fehler, nicht die geringste Abweichung erlauben durfte. Ein paar Mal schon hatte sie mit ansehen müssen, wie Priesterinnen nur wegen eines Spaßes oder einer unbedachten Äußerung abgeführt wurden.
    Wir sitzen in der Falle!
    Die Erkenntnis jagte ihr einen eisigen Schauder über den Rücken. Fast beneidete sie Terka darum, die Stadt noch rechtzeitig verlassen zu haben. Doch dann dachte sie an ihre Mutter und spürte erneut den Wunsch nach Rache in sich aufbranden, der sie hierher geführt hatte. Sie hatte viel gewagt und noch nichts verloren, und wenn die Götter es wollten, würde schon in wenigen Nächten die Zeit der Rache für sie kommen.
    Mit unterdrücktem Abscheu beobachtete sie, wie die erste Priesterin vortrat, um ihr blutiges Werk zu beginnen. Ein Diener reichte ihr ein flatterndes Sumpfhuhn, dessen Leib sie mit einem raschen Schnitt öffnete. Mit einer geübten Bewegung griff sie in die klaffende Wunde und holte das warme, zuckende Herz daraus hervor. Die Menge johlte, als sie es in die Höhe hob und mit einem grausig matschenden Geräusch in die silberne Schale warf.
    Achtlos fegte

Weitere Kostenlose Bücher