Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
Vom Netzwerk:
verfolgt wurden, hatte sie ihn zu dieser Verzweiflungstat getrieben.
    Sie hatte ihn getötet.
    Die Sonne ging unter, und die Kälte kam, aber Ajana spürte sie nicht. Wie betäubt saß sie neben dem leblosen Körper, unfähig, eine Entscheidung zu treffen oder den Weg fortzusetzen. Sie saß nur da, starrte auf Abbas’ bleiches Gesicht und wünschte, auch sie wäre tot.
     
     

    ***
     
    Viel früher als in den Tagen zuvor brachen Keelin, Inahwen und die anderen ihr Lager ab und machten sich auf den Weg. Die Sonne stand schon tief, aber es war noch immer drückend heiß. Über dem roten Sand flimmerte die Hitze und wob das trügerische Bild von Wasser in die Luft, das schimmernd die Mulden zwischen den Dünen füllte.
    Horus flog voraus, blieb aber immer in Sichtweite, sodass die anderen ihm mühelos folgen konnten. Ajana und Abbas waren nirgends zu sehen, aber bald schon konnten alle mit bloßem Auge die dunkle Linie am Horizont erkennen, die das Ende der Wüste ankündigte. Der Anblick hob die Stimmung, nährte aber auch die Sorge, dass sie Ajana und Abbas nun vielleicht doch nicht mehr rechtzeitig einholen konnten. Inahwen wirkte in sich gekehrt, während Keelin noch angestrengter nach den beiden Ausschau hielt. Dessen ungeachtet äußerte Aileys die Hoffnung, sich schon bald den Sand von der Haut und aus den Haaren waschen zu können, und Kruin schilderte ihr in salbungsvollen Worten, was er alles an schmackhaften Gaumenfreuden zu verzehren gedachte.
    Keelin beteiligte sich nicht an dem Gespräch der beiden. Seine Gedanken weilten woanders. Mit einem Teil seines Bewusstseins begleitete er Horus auf der Suche nach Ajana und Abbas. Was er sah, beunruhigte ihn. Die Stelle, an der die beiden noch am Morgen gerastet hatten, war nicht weit entfernt, aber Ajana und Abbas waren nirgends zu sehen. Nur der aufgewühlte Sand kündete davon, dass die beiden dort gewesen sein mussten.
    »Was bedrückt dich?« Inahwen schien seine Unruhe zu spüren. Sie lenkte ihr Pferd neben seinen Braunen und blickte ihn fragend an.
    »Sie sind weg.« Drei Worte, die alles sagten. »Verdammt!« Keelin fluchte leise. »Ich hätte schwören können, dass wir sie erreichen, bevor sie aufbrechen.«
    »Sie werden nicht mehr viel Wasser bei sich haben«, meinte Inahwen. »Sicher war es die Not, die sie zum zeitigen Aufbruch zwang.«
    »Dann sind sie in höchster Gefahr.« Es gelang Keelin nicht, den Tonfall tiefer Sorge aus seiner Stimme zu verbannen. Der Gedanke, dass Ajana und Abbas bei dieser Hitze durch die Wüste marschierten, war ihm unerträglich. »Ich werde Horus noch weiter vorausschicken«, sagte er. »Mit nur einem Pferd können sie nicht weit gekommen sein.« Er schloss die Augen und trug seinem Falken auf, weiter nach Norden zu fliegen, um nach den beiden zu suchen. Unverzüglich stieg er höher und ließ den Blick über die Wüste gleiten. Die Bäume im Waldsaum Andauriens waren schon gut zu erkennen, aber von Ajana und Abbas fehlte jede Spur.
    Keelin wurde immer ungeduldiger.
    Da entdeckte Horus Ajanas Schimmelstute. Das Pferd stand allein in einer Senke und ließ den Kopf hängen.
    Horus flog weiter. Andaurien kam näher, und immer noch gab es kein Lebenszeichen von den Gesuchten. Wie war das möglich? So weit konnte ein dürstender Mensch doch unmöglich laufen.
    Keelin rief den Falken zurück, der den Weg nun von der anderen Seite aus betrachtete. Und endlich hatte er Erfolg: An der Flanke einer gewaltigen Düne, nicht weit von Ajanas Pferd entfernt, entdeckte er zwei Gestalten, die dicht nebeneinander im Sand lagen.
    Ajana und Abbas!
    Der Anblick schnürte Keelin die Kehle zu. Voller Sorge sandte er Horus den Befehl, näher heranzufliegen, um zu sehen, ob die beiden noch am Leben waren.
    Was er sah, brach ihm fast das Herz.
    Ajana lag auf dem Bauch, ihr Gesicht wurden von den blonden Haaren verdeckte. Selbst als Horus neben ihr landete, war nicht zu erkennen, ob sie nur schlief oder ob sie …
    Er führte den Gedanken nicht zu Ende, denn Horus wandte sich Abbas zu. Der Wunand lag auf dem Rücken. Seine Augen waren geschlossen, der Mund halb geöffnet. Auf dem hellen Gewand zeigte sich ein großer dunkler Fleck, von dem ein Schwarm Aasfliegen aufstieg, als Horus sich näherte.
    »Nein!« Keelin keuchte auf. Er hatte schon viele so im Staub liegen sehen und wusste, was es bedeutete.
    »Was siehst du?« Inahwen war sofort zur Stelle. Besorgt legte sie ihm die Hand auf die Schulter. »Hat Horus sie gefunden?«
    Keelin nickte matt.

Weitere Kostenlose Bücher