Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
Vom Netzwerk:
gelassen beobachtete.
    Horus!
    Mit scharfem Blick fixierte der Falke das Ziel und gab die Bilder an Keelin weiter, der den Bogen gespannt hatte.
    Auf dem Platz war es totenstill. Da löste sich der Pfeil sirrend von der Sehne. Ajana sah ihn fliegen und fühlte, wie sich ihr Herz zusammenkrampfte. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
    Seufzend schloss sie die Augen. Sie musste nicht hinsehen, um zu wissen, dass Keelin mitten ins Schwarze getroffen hatte. Die fassungslose Stille, die auf den Schuss folgte, verriet alles.
    Für Bruchteile eines Herzschlags schien die Zeit still zu stehen, dann brach ein Tumult aus. Jubelrufe mischten sich mit den wütenden Beschimpfungen derer, die auf hohe Wettgewinne gehofft hatten und sich hintergangen fühlten. Alle schrien wild durcheinander. Das Wort »Betrug« wurde immer lauter gerufen, und es flogen sogar Gegenstände auf den Turnierplatz.
    Die Krieger der Tempelgarde hatte alle Mühe, die aufgebrachte Menge zurückzuhalten. Selbst als der Klang der Muscheltrompete das Ende des Turniers verkündete, beruhigte sie sich nur widerwillig.
    Ajana sah, wie die Sieger aus den Händen einer Priesterin ihre Preise erhielten, und vernahm, wie diese Keelin mit salbungsvollen Worten als den erwählten Gottesboten ausrief, ehe sie ihn mit zwei Kriegern zum Tempel begleitete, wo er sich, wie sie verkündete, in Ruhe auf seine Aufgabe vorbereiten würde.
    Keelin wirkte überrascht, erhob aber keine Einwände. Was hätte er auch tun sollen? Er hatte sich dem Turnier gestellt und musste das Spiel nun bis zum Ende mitspielen.
    »Ajana, was geschieht dort?« Inahwen und Aileys waren an den Karren getreten. Sie hatten weiter hinten gewartet und nichts von dem mitbekommen, was auf dem Turnierplatz vor sich ging.
    »Keelin hat gewonnen«, gab Ajana trocken zur Antwort. »Er ist jetzt der Gottesbote.« Irgendwo über der Menge, die sich langsam zerstreute, sah sie einen Falken aufsteigen, zu dem sich nun ein weiterer gesellte.
    Horus und das Falkenweibchen.
    Keelin hatte sein Ziel erreicht. Das Falkenweibchen war frei. Aber um welchen Preis?
    »Ein Gottesbote?« Inahwen runzelte die Stirn. »Was hat das zu bedeuten? Warum kommt er nicht zurück?«
    »Er wird die Nacht im Tempel verbringen.« Ajana versuchte sich ihre Unruhe nicht anmerken zu lassen, als sie vom Karren stieg und der Elbin gegenübertrat. »Mir scheint, das war kein gewöhnlicher Wettbewerb, denn der Sieger wird morgen bei einer Hinrichtung eine wichtige Rolle spielen«, erklärte sie und schilderte Inahwen und Aileys, was sie von den Mädchen erfahren hatte.
    »Dann müssen wir eben ohne ihn zum Götterbaum gehen«, sagte Aileys, als sie geendet hatte. »So war es vereinbart. Kommt, wir haben hier schon viel zu viel Zeit verloren.«
    »Ich … ich kann nicht.« Ajana schaute Inahwen Hilfe suchend an. »Versteht mich bitte nicht falsch. Ich will noch immer dorthin, aber ich … ich kann es nicht. Nicht so.«
    »Du weißt, dass Keelin es so gewollt hat«, gab Inahwen zu bedenken.
    »Ja, ich weiß«, Ajana seufzte. »Aber ich …« Sie rang hilflos die Hände. »Ich gehe nicht, ohne ihm Lebewohl gesagt zu haben«, sprach sie schließlich und fügte fast trotzig hinzu: »Wir sind am Ziel. Auf eine Nacht mehr oder weniger kommt es doch nicht an.«
    »Eine Nacht vermag viel zu ändern.« Der Blick, mit dem Inahwen sie bedachte, ließ Ajana erröten. Was wusste die Elbin?
    Aber Inahwen sprach gleich weiter. »Ich halte deinen Wunsch nicht für klug«, sagte sie geradeheraus. »Aber dies ist dein Weg. Du entscheidest. Wenn du auf ihn warten möchtest, werden wir es tun.«

 

     
     
     
     
     
    »Habe ich es dir nicht gesagt? Diesmal werden sie nicht zulassen, dass ein gewöhnlicher Bogenschütze die Ehre der Gottesboten erwirbt.« Suara schaute sich auf dem verlassenen Turnierplatz um. »Dieser Wettkampf war ein einziges Possenspiel.«
    »Wie kannst du dir da so sicher sein?«, wollte Oxana wissen.
    »Hast du es nicht bemerkt?«, fragte Suara. »Dieser Kerl, der gewonnen hat, wirkte in der Tunika so falsch wie ein Djakûn im Federkleid eines Sumpfhuhns. Ich möchte wetten, dass er ein anderer ist als der, für den er sich ausgibt. Oder hast du außer den Askaren schon einmal jemand so schießen gesehen?«
    Oxana schüttelte den Kopf.
    »Eben. So schießen sonst nur die Krieger der Tempelgarde.« Suara nickte bedächtig. »Ich wusste es«, beteuerte sie noch einmal. »Ich wollte nur ganz sicher sein. Und jetzt lass uns gehen. Der Gottesbote ist

Weitere Kostenlose Bücher