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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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der zweite Pfeil traf ins Schwarze. Den dritten schoss Keelin absichtlich in das gelbe Feld, um nicht zu viel Aufsehen zu erregen. Es genügte, unter die besten acht zu kommen, und es gab noch zwei Durchgänge.
    Keelin reichte dem Krieger den Bogen und ging an den anderen Bogenschützen vorbei, um sich bei den Wartenden einzureihen. Er achtete nicht auf die bösen Blicke seiner Mitstreiter und überhörte die hässlichen Worte, die sie ihm zuraunten. Der Wettkampf hatte begonnen, und er würde sein Bestes geben, um das Falkenweibchen zu befreien.
     
     

    ***
     
    »Ich bin für den Großen mit den dunklen Haaren.«
    Ajana wandte sich um und schaute die beiden Mädchen an, die neben ihr auf dem leeren Marktkarren standen und wie sie das Duell der Bogenschützen über die Köpfe der anderen hinweg beobachteten.
    »Ich auch. Er sieht gut aus.« Die Mädchen kicherten.
    Obwohl Ajana wusste, dass die beiden über Keelin sprachen, überhörte sie die Bemerkung. Er hatte den Ausscheidungswettkampf bestanden und maß sein Können nun mit sieben weiteren Bogenschützen an einer weitaus kleineren Zielscheibe.
    »Der Wettkampf wird nicht nach Schönheit entschieden.« Ein Mann drehte sich zu den Mädchen um. »Ich habe zehn Kupferstücke auf den Askaren gesetzt. Er ist der Beste. Er wird gewinnen.«
    »Er ist hässlich«, erwiderte eines der Mädchen naserümpfend.
    Ajana musste nicht lange suchen, um zu erkennen, von wem diesmal die Rede war. Unmittelbar neben Keelin stand ein gedrungener Mann mit tätowiertem Schädel. Als Einziger der Verbliebenen trug er Kleidung aus ungegerbtem Leder sowie Arm- und Beinschienen, was ihm ein barbarisches Aussehen verlieh.
    »Wie ein Gottesbote sieht der nicht aus.« Die Mädchen kicherten wieder. Sie sagten noch etwas, aber die Worte gingen im Jubel der Menge unter, als der Askare zum dritten Mal ins Schwarze der kleinen Zielscheibe traf.
    Keelin war als Letzter an der Reihe. Ajana reckte sich, um besser sehen zu können. Und wirklich: Auch Keelins Pfeile trafen ins Schwarze. Diesmal jubelten nur wenige. Die Mädchen neben Ajana kümmerte das nicht. Sie schrieen vor Begeisterung auf, was ihnen böse Blicke von allen Seiten einbrachte. Offenbar hatten viele der Anwesenden Wetten abgeschlossen – jedoch nicht auf Keelin.
    Die sechs unterlegenen Bogenschützen verließen den Platz.
    »Was geschieht jetzt?«, fragte eines der Mädchen den Mann vor ihnen.
    »Er gibt ein Stechen«, erklärte dieser. »Die beiden Männer waren gleich gut. Nun müssen sie ihr Geschick mit verbundenen Augen beweisen. Immerhin wird der Gottesbote morgen auch mit verbundenen Augen schießen müssen.«
    Morgen auch … Ajana spürte, wie das Gefühl drohenden Unheils wieder in ihr aufstieg. Wie schon am Fluss begann ihr Herz zu rasen, und ein Zittern erfasste sie. Am liebsten wäre sie zu Keelin gelaufen, um ihn zu warnen, aber wohin sie auch blickte, überall standen die Menschen so dicht, dass sie ihn niemals rechtzeitig würde erreichen können.
    »Was … was ist denn morgen?«, fragte sie die Mädchen. Selbst für die wenigen Worte musste sie all ihre Kraft aufwenden, um ruhig zu bleiben.
    »Das weißt du nicht?« Die Mädchen schauten sie verwundert an. »Morgen wird das Gottesurteil über die Katzenfrau gesprochen. Der beste Bogenschütze diese Turniers wird der Gottesbote sein.«
    »Gottesbote?« Ajana wusste, dass sie ein großes Wagnis einging, wenn sie mit den Mädchen sprach, aber das war ihr gleichgültig. Sie musste wissen, was es mit dem Turnier auf sich hatte. »Heißt das, er soll sie töten?«
    »Nein.« Die Mädchen lachten.
    »Du weißt aber auch gar nichts«, sagte eine der beiden. »Der Gottesbote soll sie nicht töten. Er darf ihr das Leben retten – wenn es ihm gelingt.« Sie grinste bereit.
    Der lang gezogene Ton einer Muscheltrompete schallte über den Platz und lenkte die Aufmerksamkeit der Menge wieder auf die beiden Bogenschützen. Ein Krieger hatte dem Askaren die Augen verbunden, der gelassen einen Pfeil auf die Sehne legte und unter dem Jubel der Menge den mittleren weißen Ring der kleinen Zielscheibe traf.
    »Was für ein Schuss«, hörte Ajana den Mann vor sich ausrufen. »Das kann niemand übertreffen.«
    Ajana wünschte, er hätte Recht. Aber Keelin war nicht nur ein guter Bogenschütze.
    Ajana war die Einzige, die den Falken bemerkte, der sich dem Turnierplatz mit lautlosem Flügelschlag näherte, auf einer Standarte unmittelbar hinter Keelin landete und das Geschehen scheinbar

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