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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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bemerkten.
    Ta-ta-tam, ta-ta-tam, ta-ta-tam …
    Die Tänzerinnen wirbelten umher.
    Verstohlen tastete Suara in der Tasche ihrer Tunika nach dem kurzen Blasrohr, das Jarmil ihr gegeben hatte. Sie hätte sich ein längeres gewünscht, aber die Gefahr, dass die Krieger der Tempelgarde es entdeckten, war zu groß. Wie alle Rebellen musste auch sie mit weniger auskommen, als ihr lieb war.
    Als eine der Ersten waren Oxana und sie unmittelbar nach der Opferung der Sumpfhühner zum Götterbaum geeilt, um einen Platz in der vordersten Reihe zu bekommen. Sie hatten sich nicht einmal die Zeit genommen, die Hände zu reinigen, die nun braun und unansehnlich vom Blut der getöteten Vögel waren. Aber die Eile hatte sich gelohnt. Suara war es gelungen, sich einen Platz zwanzig Schritte hinter dem Gerüst für das Gottesurteil zu sichern, nahe dem Platz, der dem Gottesboten zustand. Oxana stand vierzig Schritte entfernt, auf der Höhe, wo später auch der Scharfrichter stehen würde.
    Die Trommler beendeten den Tanz der Frauen mit einem Donnerschlag. Er war noch nicht verhallt, als der Klang von Muscheltrompeten über den Platz schallte und die Ankunft der Priesterinnen verkündete.
    Suara spürte, wie sich die Anspannung in ihr weiter steigerte. Nicht mehr lange, dann würde die Felis auf den Platz geführt werden. Mit zitternden Fingern ertastete sie noch einmal das Blasrohr. Der Pfeil war bereits eingelegt. Einmal abgeschossen, würde er den anderen das Zeichen zum Angriff geben. Sie durfte das Ziel nicht verfehlen, denn sie hatte nur einen Versuch.
     
     

    ***
     
    Unter dem Klang von Muscheltrompeten, Schlangenhauttrommeln, tönernen Flöten und silbernen Schellen hielten Vhara und die anderen Hohepriesterinnen aus den sieben Tempelstädten Andauriens Einzug auf dem festlich geschmückten Platz vor dem Götterbaum.
    Krieger mit den Standarten der sieben Tempelstädte führten den eindrucksvollen Zug an. Ihnen folgten vier Priesterinnen mit tönernen Becken, in denen edle Harze glommen, die einen würzigen Wohlgeruch verbreiteten.
    Die Diener der Unterwelt, drei ganz in schwarze Federn gewandete Männer mit bleichen Totenschädelmasken, gingen dichtauf mit eigentümlich tänzelnden Bewegungen. Dem Ritual folgend, würden sie später zwischen den Verurteilten umherspringen und wahllos das nächste Opfer bestimmen.
    Dahinter kamen, eskortiert von sechs Caudillos, die Priesterinnen des Feuers. Sie boten ein farbenprächtiges Bild, das von Macht und Reichtum kündete. Alle trugen das zeremonielle Gewand des höchsten Festes: einen orangefarbenen, mit goldenen Fäden durchwirkten ärmellosen Umhang über einem hellen Untergewand, der vor der Brust von einer goldenen Spange gehalten wurde. Sie bekrönte ein prächtiger, fächerartiger Kopfschmuck, der aus den langen hellgrünen Schwanzfedern Hunderter Tagaras gearbeitet war. Dienerinnen mit bunten Federfächern wedelten ihnen Luft zu. Hinter ihnen gingen gut zwei Dutzend Priesterinnen niederen Ranges ohne Kopfputz, aber dennoch festlich gekleidet.
    Den Abschluss bildeten wie immer die Siebenten – verängstigte Mädchen, keines älter als vierzehn Jahre, bekleidet mit der Turona, dem kunstvoll bestickten Opfergewand des siebenten Kindes. Am Ende des zweitägigen Festes würden sie dem neu erstarkten Gott gegenübertreten und ihr Leben in seine Hände legen. Ihr Schicksal war ungewiss. Manche wurden zu Priesterinnen erhoben, andere sah man nie wieder. Nicht zuletzt deshalb wurden sie zu beiden Seiten von Kriegern der Tempelgarde eskortiert, denn immer wieder kam es vor, dass eines der Mädchen zu fliehen versuchte.
    Die Priesterinnen und ihr Gefolge strebten zur Empore am Ende des Platzes. Während die Hohepriesterinnen auf den wuchtigen Korbstühlen Platz nahmen, stellten sich die Caudillos mit vor der Brust verschränkten Armen am Fuß der Empore auf. Die Bannerträger bezogen ihre Plätze am äußersten Rand der Empore, und die Dienerinnen traten neben die Stühle, wo sie sich redlich mühten, mit dem Fächer lästige Insekten von ihren Herrinnen fern zu halten. Alle anderen nahmen auf dem hinteren Teil der Empore Platz, wo kostbare Teppiche für sie bereitlagen.
    Die Trommeln, Schellen und Flöten verstummten. Die Musikanten an den Muscheltrompeten ließen noch eine letzte Fanfare ertönen, die das Volk zur Ruhe mahnte. Dann wurde es still. Alle Blicke waren auf die Hohepriesterin gerichtet, die sich dem Volk nur selten zeigte und der es dennoch in nur wenigen Mondwechseln

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