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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin
Autoren: Monika Felten
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Flammen hinein, bereit, die rituellen Worte der Anrufung zu sprechen.
    Doch dazu kam es nicht.
    Ein gellender Schrei zerriss die Stille in der Halle.
    Ajana blickte auf und sah, wie Vharas Haare Feuer fingen. Die Hohepriesterin kreischte und schlug wie wild um sich, um die Flammen zu ersticken, die nun auch an ihren Gewändern züngelten, doch vergeblich. Gierig verzehrten sie das Gewebe, leckten an ihrer nackten Haut und hüllten sie schließlich in ein grelles Flammenkleid.
    Vhara schrie so hoch und schrill, wie kein menschliches Wesen es vermocht hätte. Ihr Gesicht war von Grauen gezeichnet, die Augen waren weit aufgerissen, als könne sie nicht glauben, wie ihr geschah. Sie fuchtelte mit den Armen und versuchte, sich aus der tödlichen Falle zu befreien, doch was sie auch tat, es blieb vergebens. Das Feuer war wie ein Käfig, aus dem es kein Entrinnen gab.
    Ihre Schreie riefen die Krieger der Tempelgarde in die Halle. Im ersten Augenblick sah es so aus, als wollten sie der Hohepriesterin zu Hilfe eilen. Doch das änderte sich schlagartig, als sie die aussichtslose Lage erkannten. So standen sie nur da und beobachteten Vharas Todeskampf mit gleichmütiger Miene. Keiner von ihnen rührte auch nur einen Finger, um ihr zu helfen.
    Eingehüllt in ein glutheißes Flammenkleid, war die Hohepriesterin längst zu einer lodernden Fackel geworden, die nichts Menschliches mehr an sich hatte. Nur ihre Schreie gellten noch durch die Halle, während sie, einem bizarren Feuerwesen gleich, weiter gegen die Flammen ankämpfte. Die unmenschlichen Laute brachen sich an den Wänden des Heiligtums, hallten durch die leeren Gänge des Tempels und blieben doch ungehört.
    Von Entsetzen gepackt, kauerte Ajana am Boden, presste die Hände auf die Ohren und kniff die Augen fest zusammen, während sie versuchte, nicht auf den Gestank nach verbranntem Fleisch zu achten, der ihr bei jedem Atemzug in die Nase stieg und ihr den Magen umdrehte.
    Niemals zuvor hatte sie etwas Schrecklicheres gesehen, niemals so furchtbare Schreie gehört und niemals einen solch bestialischen Geruch ertragen müssen. Das Bild der menschlichen Fackel schien einem Albtraum entsprungen. Lärm, Hitze und Gestank waren mehr, als sie ertragen konnte. Sie gestattete es sich nicht, noch einmal hinzusehen, und wusste doch, dass sie das grauenhafte Bild der brennenden Frau auch so niemals würde vergessen können.
    Ein schrilles, lang gezogenes Kreischen gellte durch den Raum.
    Dann war es still.
    Ajana sah auf. Die Flammen waren zur Größe eines Lagerfeuers zusammengesunken, das über einem kleinen unförmigen Haufen in der Mitte der Feuergrube züngelte.
    Mehr blieb Vhara nicht übrig.
    Es war vorbei. Ajana atmete auf, ließ die Krieger der Tempelgarde aber nicht aus den Augen, die immer noch auf das Feuer starrten, als könnten sie nicht glauben, was geschehen war.
    Für wenige Herzschläge noch erfüllte Stille den Raum, dann drang von draußen der Lärm einer aufgebrachten Menschenmenge in das Heiligtum.
    »Sie kommen!«, rief einer der Krieger aus. »Sie stürmen den Tempel. Raus hier!«
    Ohne Ajana auch nur eines Blickes zu würdigen, hasteten die Männer aus dem Heiligtum und suchten ihr Heil in der Flucht.
    Ajana wartete noch, bis ihre Schritte verklangen, dann richtete sie sich vorsichtig auf. Dabei berührte ihr Fuß etwas, das klirrend über den Boden schleifte.
    Das Amulett!
    Ihr Herz machte vor Freude einen Satz. Vorsichtig streckte sie den Finger aus und berührte es kurz, da sie fürchtete, sich daran zu verbrennen. Doch das Metall war nicht heiß. Ajana hob es auf und betrachtete es von allen Seiten. Kühl und vertraut lag das Amulett in ihrer Hand. Das Feuer hatte ihm keinen Schaden zufügen können.
    Ich bin stolz auf dich. Die Stimme strich körperlos durch den Raum.
    Ajana sah sich um, konnte aber niemanden entdecken.
    »Gaelithil?«, fragte sie zaghaft. »Seid Ihr es?«
    Was ist schon ein Name in Zeiten, da allein die Taten zählen.
    »Habt Ihr zu mir gesprochen?«, fragte Ajana weiter. »Habt Ihr mir gesagt, wie ich Vhara besiegen kann?«
    Das musste ich nicht Das Wissen war in dir, du hast es selbst entdeckt.
    »Aber ich weiß doch nicht einmal, was geschehen ist.«
    In das Lärmen vor der Tür mischten sich Kampfgeräusche. Offenbar waren nicht alle Krieger der Tempelgarde auf der Flucht.
    Nicht? Ein melodisches Lachen erklang. Nun denn, wenn dein elbisches Erbe schweigt, werde ich es dir sagen. Die Runenmagie kann nur von der Mutter auf die
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