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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin
Autoren: Monika Felten
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Tochter weitergegeben werden. Versucht ein anderer sie einzusetzen, verkehrt sie sich ins Gegenteil. Vhara war gegen das Feuer gefeit. Als du für sie einen Schutzzauber gewoben hast, wurde ihr dieser Schutz genommen. Einmal in den Flammen, gab es für sie kein Entkommen.
    »Dann ist sie jetzt wirklich tot?«, fragte Ajana verunsichert, die das Bild der sterbenden Vhara im Wehlfang noch deutlich vor Augen hatte.
    Nicht tot. Frei. Ihre Seele hat endlich Frieden gefunden. Sie mag dem dunklen Gott gedient haben, aber tief in ihrem Innern war auch sie nur ein Mensch, dem eine verletzliche Seele innewohnte. Eine Seele, die viele Jahrhunderte lang in einem unsterblichen Körper gefangen war und die sich nach Erlösung und Frieden sehnte, während die dunklen Mächte den Körper am Leben hielten.
    Das Feuer hat sie befreit und geläutert. Was vergangen ist, ist vergessen, und so kann auch sie einkehren in das Reich der Ahnen.
    Der Kampflärm vor der Tür kam immer näher, während die Stimme langsam immer schwächer wurde.
    Nun geh, du musst dich beeilen, flüsterte sie Ajana zu. Jene, die du am Götterbaum zurückgelassen hast, sind in großer Sorge um dich.
    Keelin! Der Gedanke durchzuckte Ajana wie ein Blitz und ließ sie alles andere vergessen. Sie musste zu Keelin! Im Nu war sie auf den Beinen und stürmte, ohne auf Schmerzen oder Erschöpfung zu achten, aus dem Heiligtum.
     
     

    ***
     
    Die Nebel über dem unsichtbaren Pfad, der vom Fluss des Lebens zur Halle der schlafenden Götter hinaufführte, wichen furchtsam zurück, als sich ein Schatten aus der Dunkelheit am Fuße des Berges löste und mit forschem Schritt den Hügel erklomm.
    Jene, die in den Nebeln hausten, drängten sich wispernd aneinander, waren jedoch klug genug, sich nicht zu erkennen zu geben. Sie spürten den Zorn, der den Schatten wie eine knisternde Aura umgab, und wussten sich zurückzunehmen. Jener eine, der geblieben war, war bekannt für seine Unbeherrschtheit. Selbst die Nebel fürchteten sich vor ihm. So blieb er unbehelligt, aber nicht unbeobachtet, während er den Weg hinaufschritt und durch das große Tor trat.
    »Zeigt euch! Ich weiß, dass ihr hier seid.« Machtvoll hallte seine Stimme durch die Stille und ließ die Halle erzittern. Aber niemand antwortete.
    Er atmete schwer, verharrte unter dem steinernen Torbogen und spähte wachsam in das fahle Zwielicht. Lange geschah nichts, dann bemerkte er eine winzige Bewegung weit hinten, dort, wo einst der Brunnen Callugars gestanden hatte. Ohne die schlafenden Götter auch nur eines Blickes zu würdigen, hastete er durch die Halle und fand schließlich, wonach er suchte.
    »Ihr!« Abgrundtiefer Hass und eine Verachtung, die ihresgleichen suchte, schwangen in diesem einen Wort mit, als er sich hinter den beiden Gestalten aufbaute, die vor dem Brunnen standen und ihm den Rücken zuwandten. »Ich wusste, dass ihr da die Finger im Spiel habt.«
    »Ein Spiel ohne ebenbürtigen Gegner hat seinen Reiz verloren, findest du nicht?« Gelassen wandte Asza sich um und sah dem jungen Mann, der hinter sie getreten war, direkt in die Augen.
    Der Anblick war erschütternd. Von dem einstmals starken und strahlend schönen Jüngling, dem sie viele Mondwechsel zuvor in dieser Halle begegnet war, war kaum etwas geblieben. Das schwarze Haar war ergraut, das Gesicht von tiefen Falten gefurcht. Die prunkvolle Kleidung wirkte abgetragen und zerschlissen, der athletische Körper hager und kraftlos.
    »Nur wer Gefahr läuft zu unterliegen bleibt wachsam«, sagte sie mit einem bedeutungsvollen Lächeln auf den Lippen und fügte hinzu: »Mir scheint, du warst es nicht.«
    »Schweig!« Der ausmergelten Erscheinung zum Trotz war die Stimme des Jünglings noch immer kraftvoll und befehlsgewohnt.
    »Ich verlange, dass ihr sofort Schluss macht mit eurem hinterhältigen Treiben.«
    »Wir.« Der Wanderer wandte sich um und trat auf den Jüngling zu. »Wie kommst du darauf dass wir mit den Ereignissen in Andaurien etwas zu tun haben könnten?« Er deutete eine Verbeugung an und fügte in gespielter Demut hinzu: »Ein alter Narr wie ich und eine machtlose junge Göttin?«
    »Ich mag geschwächt sein, aber ich bin nicht blind«, herrschte der Jüngling ihn an. »Glaubt ihr, ich bemerke nicht, was ihr hier treibt? Dieser Elbenspross wäre ohne euer Zutun niemals nach Andaurien gekommen. Sie hätte niemals …«
    »Oh, du bist doch nicht etwa böse?« Asza betonte die Worte so respektlos, als spreche sie mit einem trotzigen Kind.
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