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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Stimme.
    Die Nuur wirkte nachdenklich. Dann wandte sie sich um und sagte: »Also gut. Dann folge mir.«
     
     

    ***
     
    Auf dem Rücken ihres Schimmels jagte Ajana durch die Gassen Sanforans. Ihr Umhang bauschte sich, das Haar wehte offen im Wind. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihr Pferd zu satteln, sondern ihm nur eilig die Trense angelegt, ehe sie aufbrach.
    Das Lärmen der Hufe schien, abgesehen vom Donnern der Brandung, die sich an der felsigen Steilküste vor Sanforan brach, das einzige Geräusch in der schlafenden Stadt zu sein. In den Tavernen war es dunkel und still. Nichts regte sich.
    Dem einsamen Posten vor dem großen Tor war das Kinn auf die Brust gesunken. Die Runka locker in der Rechten haltend, lehnte der Fath-Rekrut mit dem Rücken gegen den Pfosten und schlief so fest, dass er selbst den Hufschlag, der die Erde erzittern ließ, nicht vernahm.
    Als Ajana das Tor passiert hatte, spornte sie ihr Pferd erneut an und flog in schnellem Galopp den breiten Weg entlang, der sich zwischen den Hügeln aus Purpurheide auf den fernen Wald zuschlängelte.
    Der Silbermond meinte es gut mit ihr. In seinem Licht war der Weg als helles Band inmitten der dunklen Heide gut zu erkennen. Nicht ein einziges Mal war sie gezwungen, das Tempo zu verlangsamen, während der harte Dreischlag der Hufe den Rhythmus ihres hämmernden Herzens untermalte.
    Nach einer Weile erhob auch der rote Kupfermond sein Antlitz langsam über den dichten Wäldern im Osten. Ajana wandte sich um und blickte auf ein entferntes Sanforan, dass kaum mehr war als ein dunkler Hügel, der sich im Mondlicht vor dem südlichen Horizont abzeichnete. Sie kam gut voran. Zufrieden richtete sie den Blick wieder nach vorn und gönnte ihrem Pferd eine kurze Verschnaufpause. Die Stute schnaubte und schüttelte die prächtige Mähne. Ihr Atem stieg als weißer Dunst in der kühlen Luft auf, und das Fell dampfte vor Schweiß.
    Ajana spürte die klamme Kälte der Nacht im Gesicht, aber sie fror nicht. Nie zuvor hatte sie es gewagt, allein im Dunkeln zu reiten, doch jetzt, da sie einmal den Mut gefasst hatte, stellte sie erstaunt fest, dass es nichts gab, wovor sie sich fürchten musste.
    Ganz unvermittelt musste sie an ihre Mutter denken, deren resolute und optimistische Art sie im Stillen stets bewundert hatte. »Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg«, war ihre Lebenseinstellung, nach der sie auch handelte.
    Wo ein Wille ist …
    Ajana fasste die Zügel fester, atmete tief durch und ermunterte ihr Pferd zu einem eiligen Galopp. Der Gedanke, dass sie sich regelrecht davonstahl und Keelin ohne Abschied in Sanforan zurückließ, schlich sich wie von selbst in ihr Bewusstsein, aber sie versagte es sich, weiter darüber nachzudenken, und richtete all ihre Aufmerksamkeit auf das Ziel, den Ulvars zu erreichen.
     
     

    ***
     
    Unter der Führung der Amazone dauerte es nicht lange, bis Yenu die kleine Lichtung entdeckte. Unbeirrt hielt die Nuur auf die Stelle zu, an der silbernes Mondlicht durch das Unterholz schimmerte. Hin und wieder verharrte sie kurz, um dann, kaum dass Yenu zu ihr aufgeschlossen war, mit lautlosen Schritten weiterzueilen.
    Yenu bewunderte die sichere und geschmeidige Art, mit der sich die Amazone durch das Unterholz bewegte. Selbst der geschickteste Jäger ihres Stammes mutete dagegen so unbeholfen an wie ein störrischer Tarpan. Angesichts dieser Anmut wurde sie sich ihrer eigenen plumpen Bewegungen schmerzlich bewusst. Kein Wunder, dass die Nuur sie im Dunkeln so schnell gefunden hatte. Der Lärm, den sie selbst jetzt noch verursachte, musste bis weit in den Wald hinein zu hören sein. Beschämt riss sie sich zusammen und versuchte, sich umsichtiger zu bewegen, bis sie den Rand der Lichtung erreichten.
    Der sorgfältig gerodete Platz inmitten des Dschungels lag friedlich im Mondlicht. In der feuchten, windstillen Luft hatte sich über den Gräsern und Farnen ein feiner Nebel gebildet, der die Sicht auf die gegenüberliegende Seite wie ein zarter Schleier trübte. Dahinter erkannte Yenu einen schwarzen Flecken, der sich wie ein finsteres Maul in einer schroffen, von Moos und Ranken überwucherten Felswand abzeichnete. Es war die Höhle.
    Die heilige Stätte …
    Yenu verharrte voller Ehrfurcht, doch der Augenblick der Verehrung währte nur kurz. Sie besann sich auf das, was sie hierher geführt hatte, und schickte sich an, die Lichtung zu betreten. Doch kaum dass sie den ersten Schritt tat, fasste die Amazone sie am Arm und hielt sie

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