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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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flüsterte: »Sie hätten nicht sterben dürfen. Ihre Zeit war noch nicht gekommen.«
    Der Stammesfürst blickte sie ernst an. »Was wollt Ihr damit sagen?«, fragte er vorsichtig.
    »Verrat!« Noch flüsterte die Alte, doch schon im nächsten Augenblick gestikulierte sie wild und rief so laut, wie es ihre krächzende Stimme zuließ: »Sie wurden – verraten!«
    Entsetztes Gemurmel ertönte. »Verraten«, raunte es in der Menge. »Jemand hat sie verraten.«
    »Ja, sie wurden verraten.« Die Stimme der Geisterseherin nahm eine Schärfe an, die ihr keiner zugetraut hätte. »Aber nicht irgendjemand hat sie verraten!« Ihr Blick blieb an den Gefährtinnen der drei Krieger hängen, die immer noch am Boden kauerten. Dann hob sie den hageren Arm und deutete mit ihrem runzeligen Zeigefinger auf Yenu. »Sie!«, stieß sie voller Verachtung hervor. »Sie allein trägt die Schuld an dem Unglück, das über euer Volk gekommen ist, denn sie hat die Krieger an die Priesterin des Blutgottes verraten!«
     
     

    ***
     
    »Was soll das heißen: Ajana ist weg?« Inahwen, die gerade mit ihrem Bruder das Mittagsmahl einnahm, legte das Besteck zur Seite und schaute Keelin fragend an. »Ist sie ausgeritten?«
    »Nein.« Keelin schüttelte den Kopf Gathorions Nähe machte ihn befangen. Er war sich nicht sicher, ob er offen sprechen konnte, wollte aber keinesfalls unhöflich wirken. Unschlüssig blickte er zunächst den Heerführer und dann Inahwen an und fügte hinzu: »Sie ist schon vor einer ganzen Weile fortgeritten. Allein. Und ich befürchte, dass sie nicht zurückkehren wird.«
    »Was verleitet dich zu dieser Annahme?« Inahwen wirkte verwundert, schien jedoch zu spüren, dass etwas nicht stimmte. »Hattet ihr Streit?«
    »Nein …« Keelin zögerte. Was er zu sagen hatte, war nicht für die Ohren Dritter bestimmt. Inahwen davon zu berichten, kostete ihn schon genug Überwindung. Verlegen räusperte er sich und fragte: »Verzeiht, aber kann ich Euch allein sprechen? Es ist etwas sehr Persönliches.« Auf seltsame Weise fühlte sich Keelin wieder in seine Kindheit zurückversetzt. Es war wie damals, als er am Geburtstag seiner Mutter tropfnass und stinkend in Arifs Fischhandlung getreten war, um dem Fath zu berichten, was die älteren Jungen ihm angetan hatten. »Es wäre mir lieber, wenn …«
    »Ich verstehe.« Inahwen lächelte, stand auf und wandte sich mit den Worten »Entschuldige mich, ich bin gleich wieder da« an ihren Bruder. Gathorion nickte ihr zu und griff nach einer Schriftrolle, die in Reichweite neben den Speisen auf dem großen Tisch lag, um darin zu lesen.
    Inahwen bedeutete Keelin ihr zu folgen. Mit fließend anmutigen Bewegungen, wie sie nur den hoch gewachsenen Elben zu Eigen waren, schritt sie auf ihr Schreibzimmer zu, öffnete die Tür und führte Keelin hinein.
    Drinnen war es fast dunkel. Nur ein Korb mit leuchtendem Moos, das auch die Vaughn in ihren Wohnhöhlen verwendeten, spendete ein wenig Licht. »Setz dich!« Inahwen deutete auf einen Stuhl, deckte das Leuchtmoos mit einem dunklen Tuch ab und entzündete eine Öllampe.
    »Nun?«, fragte sie, während sie sich setzte. »Was ist geschehen? Als ich Ajana das letzte Mal sah, wollte sie zu dir, um dir zu sagen, dass es vielleicht doch einen Weg für sie gibt, nach Nymath zurückzukehren. Das war gestern Abend. Hat sie nicht mit dir darüber gesprochen?«
    Keelin blickte die Elbin erstaunt an. Dann war das, was Ajana ihm die ganze Zeit zu erklären versucht hatte, in Wahrheit gar nicht so abwegig? Er war ohnehin schon verunsichert, aber Inahwens Worte irritierten ihn umso mehr. Er spürte, dass sie ihn aufmerksam musterte und geduldig abwartete, bis er zu sprechen bereit war.
    »Nein«, sagte er gequält. »Nein, das hat sie nicht.« Er schluckte schwer. Dann gab er sich einen Ruck und berichtete mit kurzen knappen Worten, was vorgefallen war.
    Inahwen lauschte mit ernster Miene und unterbrach ihn nicht ein einziges Mal. »Demnach ist sie in dem Glauben fortgeritten, dass sie sich deiner Gefühle nicht mehr sicher sein konnte«, schloss sie aus seinem Bericht.
    »Ja, so ist es.« Keelin schüttelte betrübt den Kopf. »Es war ein Missverständnis«, beteuerte er noch einmal. »Ich wollte es ihr erklären, aber sie hat sich einfach auf ihr Pferd geschwungen und ist davon geritten.«
    »Wohin?«
    »Ich weiß es nicht!«, gab Keelin zu. »Ich ritt ihr nach, doch als ich das Stadttor erreichte, war es versperrt. Der Posten hielt mich auf, da die Zugpferde

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