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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Ajana. Ihre Wangen glühten, und die Lippen bebten, als sie weiter sprach: »Jetzt verstehe ich.« Sie schluckte schwer und rang mit den Tränen.
    »Ajana!« Hastig versuchte Keelin sich aus der missverständlichen Lage zu befreien und suchte verlegen nach Worten. »Wo warst du? Ich … ich suche dich schon …«
    »Tatsächlich?« Ajana holte tief Luft. »Das sieht mir aber nicht danach aus.« Sie schluchzte auf »Dass du so schnell … Das hätte ich nicht von dir gedacht. Niemals! Du bist so … so!« Die tiefe Enttäuschung verschlug ihr die Sprache. Sie wandte sich um und rannte davon.
    »Ajana, warte!« Mit einem Ruck befreite sich Keelin aus Duanas Armen und lief ihr nach. »Du … du verstehst das völlig falsch.«
    Doch Ajana wollte nichts mehr hören. Ohne sich noch einmal umzublicken, schwang sie sich auf ihr Pferd und preschte im gestreckten Galopp über den Hof davon.

 

     
     
     
     
     
    Ajana blickte sich nicht um.
    Blind von Tränen feuerte sie ihre Stute an, schneller zu laufen. Sie achtete nicht auf die Menschen auf dem Hofplatz und in den Gassen, die erschrocken zur Seite sprangen, und überhörte die zornigen Rufe und Drohgebärden, die man ihr nachsandte.
    In ihrer Hast gab sie der Stute den Kopf frei und klammerte sich an der Mähne fest. Ihr Herz klopfte so heftig, dass sie das scharfe Klappern der Hufe auf dem Pflaster kaum hörte.
    Fort, nur fort.
    Verschwommen sah sie das Stadttor auf sich zukommen. Ein zweispänniger Händlerkarren nahm fast den ganzen freien Raum unter dem steinernen Torbogen ein, ein weiterer wartete innerhalb der Stadtmauern darauf, hinausfahren zu können. Der schmale Durchlass reichte gerade dazu, dass die Torwachen zwischen den Fuhrwerken hindurchgehen konnten.
    Sie sah, wie der Wachposten warnend die Hände hob, und hörte ihn rufen. Dass die wilden warnenden Gesten des Wächters vor dem Stadttor ihr gelten könnten, drang jedoch nicht bis in ihr Bewusstsein vor. Ohne anzuhalten jagte sie auf das Tor zu, während in ihrem Kopf die Gedanken kreisten. Nun war ihr klar, warum Keelin ihr nicht hatte zuhören wollen, warum er kampflos aufgab.
    Und ich mache mir nächtelang Gedanken, ob ich Keelin zuliebe nicht doch hier bleiben soll, dachte sie verbittert. Ich überlege hin und her, ob es nicht irgendeine Lösung gibt, die uns beiden gerecht wird und ob ich nicht irgendwie zu ihm zurückkehren kann – und was macht er? Mir gegenüber spielt er den Enttäuschten, tröstet sich aber längst mit einer anderen, ehe ich Nymath überhaupt verlassen habe.
    Die bittere Erkenntnis trieb ihr aufs Neue die Tränen in die Augen.
    Verschwommen sah sie, wie sich der Wachtposten mit einem gewagten Sprung in Sicherheit brachte, und hörte die Pferde vor den Karren erschrocken wiehern. Doch ehe sie auch nur den Hauch eines Schreckens verspüren konnte, trug die Stute sie schon zwischen den beiden Fuhrwerken und unter dem Tor hindurch und preschte auf den fernen Wald zu.
    Irgendwann wurde sie langsamer. Das treue Tier war seit dem frühen Morgen scharf galoppiert und hatte kaum noch Kraftreserven. Eine Zeit lang ließ Ajana dem Pferd seinen Willen, dann ergriff sie die Zügel und ritt im Schritt weiter. Sie wusste nicht, wohin sie der Weg führte. Sie hatte kein Ziel. Alles, was sie wusste, war, dass sie nicht nach Sanforan zurückkehren würde.
    Nie wieder!
    Keelin und Duana! Wieder verspürte Ajana einen Stich, als hätte ihr ein Pfeil die Brust durchbohrt. Kummer flutete in schmerzlichen Wogen durch ihren Körper, ihr Herz hämmerte, und die Kehle schien ihr zu eng zum Atmen. So also fühlte sich Liebeskummer an. Sie schluchzte auf und unterdrückte den Wunsch, den Schmerz einfach hinauszuschreien. Niemals zuvor war sie so gedemütigt, niemals so tief verletzt und niemals so schändlich hintergangen worden.
    Wie konnte ich nur glauben, dass Keelin sich besonnen hat, dachte sie enttäuscht. Wie konnte ich nur so dumm sein und annehmen, dass er trotz des Streits noch einmal vernünftig mit mir reden würde? Dass ich ihn bitten könnte, mich auf dem gefährlichen Weg nach Andaurien zu begleiten?
    Ich habe mir etwas vorgemacht. Ich gehöre nicht hierher. Selbst wenn ich mich entschieden hätte zu bleiben, wäre ich hier doch immer nur eine Fremde gewesen, dachte sie.
    Die bittere Erkenntnis tat weh, furchtbar weh. Doch hinter dem Schmerz regte sich bereits etwas anderes, etwas, das sich zunächst zaghaft, aber dann immer mächtiger aus ihrer verletzten Eitelkeit erhob: Wut!
    Wut auf

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