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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Seiten erhob sich zustimmendes Gemurmel.
    »Wartet!« Suara sprang erschrocken auf. Sie wusste, dass sie sich erst zu erkennen geben durfte, wenn die Erin eingetroffen war, doch die Lage war kritisch und erforderte ein sofortiges Handeln. »Dies ist kein Hinterhalt«, gab sie freimütig zu. »Mein Djakûn hat den Ruf ausgesandt.«
    Die Stille, die sich über die Insel senkte, war fast greifbar. Alle starrten Suara an.
    »Du?«
    »Warum?«
    »Was ist geschehen?« Erst zögernd, dann immer fordernder wurden Stimmen laut.
    »Ich … ich habe sehr wichtige Neuigkeiten, die ich euch und der Erin vortragen muss.« Suara verstummte. Sie wollte nicht zu viel sagen, fürchtete aber, das Schweigen nicht mehr lange durchhalten zu können. Auf keinen Fall durften die Amazonen die Insel verlassen, ohne vorher von der Ermordung der Hederokrieger und dem Verrat an der Felis zu erfahren. Wenn es sein musste, auch ohne die Anwesenheit der Erin.
    »Willst du es uns nicht verraten?«, fragte die Amazone, die eben noch den sofortigen Aufbruch vorgeschlagen hatte. »Einige von uns hocken hier schon seit Einbruch der Dämmerung untätig herum. Es wäre …«
    Ein trällernder Laut ließ sie mitten im Satz verstummen. Einen Wimpernschlag später ertönte der unverkennbare Balzruf eines Sumpfhuhns.
    Alle erhoben sich und blickten aufmerksam in die Richtung, wo gerade ein massiger schwarzer Schatten mit leuchtend gelben Augen lautlos auf die Insel zuglitt. Im Mondlicht war die Reiterin nur schemenhaft zu erkennen, doch allein die ungeheure Größe der Raubkatze ließ keinen Zweifel daran, wer da zu ihnen stieß.
    »Die Erin kommt«, flüsterte eine Amazone in Suaras Nähe und sprach damit aus, was alle dachten. Schweigend beobachteten die Kriegerinnen, wie sich der Djakûn am Rand des Lichtkegels niederlegte. Seine Reiterin wartete jedoch nicht, bis er die Bewegung vollendet hatte. Mit einem kraftvollen Satz schwang sie sich von seinem Rücken und eilte auf die Wartenden zu. Wie alle Amazonen war sie schlank und hoch gewachsen und hatte die nachtschwarzen, von feinen grauen Strähnen durchwirkten Haare am Kopf zu dünnen Zöpfen geflochten, die im Nacken lose herunterhingen. Der lederne Brustharnisch fehlte ebenso wenig wie der traditionelle Lendenschurz der Djakûnreiterinnen, die ledernen Arm- und Beinschienen, ein Bogen und ein Köcher mit Pfeilen. Man hätte sie für eine gewöhnliche Amazone halten können, wäre da nicht der kunstvoll geschmiedete Reif in Form einer goldenen, sich windenden Schlange gewesen, den sie als Zeichen ihrer gehobenen Stellung am linken Oberarm trug.
    »Ich grüße euch!«, sagte sie knapp und ohne sich lange mit einer Vorrede aufzuhalten. »Es scheint mir ein wundersamer Zufall, dass sich so viele von euch hier eingefunden haben, ohne dass auch ich euch einen Ruf sandte. Doch es ist auch eine glückliche Fügung des Schicksals. Kommt ans Feuer! Die Zeit drängt, und wir haben Wichtiges zu besprechen.«
    »Es tut gut, Euch wohlbehalten zu sehen, Ehrwürdige Erin«, hob eine der Amazonen an. »Wir haben uns große Sorgen …« Die Erin gab ihr ein Zeichen, und sie verstummte.
    »Für mein verspätetes Eintreffen gibt es wichtige Gründe«, sagte die Erin ernst, wartete jedoch, bis sich alle rings um das Feuer niedergelassen hatten, ehe sie fortfuhr: »Ich habe keine Kunde davon, wer von euch die anderen hierher gerufen hat und welche Beweggründe er dafür hatte, doch dazu kommen wir später. Nur eines vorweg: Ich bin ihr dafür sehr dankbar. Etwas Schreckliches ist geschehen. Etwas, das nicht ungesühnt bleiben darf.«
    Sie weiß es! Der Gedanke kam Suara ganz unvermittelt. Sie unterdrückte den Impuls aufzustehen, um ihr Anliegen vorzutragen, und zwang sich zur Ruhe, um den Worten der Erin zu lauschen. »Ich komme nicht allein«, sagte diese gerade. »Am Morgen wandte sich eine unserer Verbündeten an mich und bat mich um Hilfe.« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause und fuhr dann fort: »Ihr alle wisst, dass wir uns noch nie dem Ansinnen jener verschlossen haben, die durch die Willkür des Blutgottes und seiner Priesterinnen in Not gerieten. Diesmal ist etwas sehr Bedeutsames geschehen. Was wir heute Nacht hier entscheiden werden, ist mehr als nur ein Seitenhieb, den wir den Anhängern des Blutgottes zufügen. Mehr als einer der kleinen Überfälle, wie wir sie in den vergangenen Wintern so oft durchgeführt haben. Ich will hier offen sprechen, denn ich furchte, wenn wir handeln, wie es die Ehre verlangt,

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