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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Grunde nicht gewalttätig waren, konnten sie ihre Gefährtinnen demütigen, schlagen und sogar verstoßen, ohne dass jemand ein Wort darüber verlor. Die Frauen hingegen besaßen kaum Rechte. Man verlangte von ihnen, dass sie gehorsam waren, den Männern dienten, viele Kinder gebaren und sich ohne zu klagen in ihr Leben fügten. So war es gewesen, ehe der Blutgott die Herrschaft in Andaurien an sich riss, und so würde es immer sein. Die Erziehung zur Demut gaben die Mütter wie selbstverständlich an ihre Töchter weiter, und diese wiederum lehrten sie ihren Töchtern. Wenn eine Frau die Beschränkungen der Hedero-Gemeinschaft nicht ertrug, blieb ihr nur ein Ausweg – der Tod.
    Yenu wusste, dass Miyas Mutter diesen Weg gewählt hatte. Vor den Augen ihrer Tochter hatte sie sich von der Hängebrücke in den Pilan gestürzt, wo die Querlas ihrem Leben ein grausames Ende gesetzt hatten.
    Noch nie aber hatte eine Frau aus ihrem Dorf es gewagt zu fliehen. Wohin hätten sie auch gehen sollen?
    Das Land jenseits des Pilan gehörte den Nuur. Dahinter, so hieß es, begann der geheimnisvolle Wald der Felis.
    Durchquerte man den Wald nach Süden, gelangte man nach zwei Tagesmärschen an den Rand der Wüste. Dort lebten räuberische Nomadenstämme, denen allerlei Gräueltaten und Sklavenhandel nachgesagt wurden. Im Norden lag der Tempel der Blutgottes, ein Gebiet, das nicht nur die Hedero mieden. Immer wieder gab es Berichte, dass unvorsichtige Wanderer von den Wächtern des Tempels gefangengenommen wurden. Keiner von ihnen war je wieder lebend gesehen worden.
    Über das Land im Osten war bei den Hedero nicht viel bekannt. Der Wald erstreckte sich dort weiter, als je ein Krieger ihres Stammes gereist war, und wurde zudem von Stämmen bewohnt, die ihnen feindlich gesinnt waren.
    Umso erstaunter war Yenu, dass Miya genau diese Richtung einschlug. »Warum gehen wir nach Osten?«, fragte sie ihre Freundin, als sie an einem Wasserlauf innehielten, um die Kalebassen mit frischem Quellwasser zu füllen.
    »Dorthin werden sie uns nicht folgen.« Miya schien auch den Fluchtweg genau durchdacht zu haben.
    »Aber dort Leben die Kwannen«, sagte Yenu erschrocken. »Sie hassen unser Volk und werden uns töten, sobald wir in ihr Gebiet eindringen.«
    »Das werden sie nicht.« Miya schien sich ihrer Sache ganz sicher zu sein. »Die Kwannen sind nicht mehr unsere Feinde«, sagte sie zuversichtlich. »Ich habe gehört, wie die Männer am Feuer darüber sprachen. Sie haben mit den Kwannen einen Frieden geschlossen und sich gegenseitig zugesichert, die Stammesgrenzen zu achten.« Sie grinste. »Das heißt, wenn wir das Land der Kwannen erreichen, werden die Männer uns nicht mehr verfolgen. Dann sind wir frei.« Sie verschloss die Kalebasse, aus der sie getrunken hatte, mit einem Stopfen, richtete sich auf und sagte: »Und jetzt komm. Wir dürfen nicht noch mehr Zeit verlieren.«
    Leise und eilig flohen sie durch den Dschungel, bahnten sich unermüdlich einen Weg durch hohe Gräser, Farne und Gestrüpp, tauchten unter Dornenranken hindurch und stiegen über Baumwurzeln hinweg. Sie wussten, dass sie möglichen Verfolgern damit eine leicht zu entdeckende Spur hinterließen. Aber sie hatten nicht die Zeit, diese zu verwischen. Der Morgen schritt rasch voran, und ihre Flucht konnte jederzeit entdeckt werden.
    Schweigend kämpften sie sich durch das Dickicht. Der Marsch zehrte an ihren Kräften. Hin und wieder hielt Miya inne und hob warnend die Hand, während sie mit angehaltenem Atem darauf lauschte, ob sie verfolgt wurden. Doch immer waren es nur die Geräusche des Dschungels, die sie umgaben, und sie setzten den Weg mit neuer Hoffnung fort.
    Je weiter sie sich nach Osten vorankämpften, desto dunkler wurde der Dschungel. Immer öfter tauchten Spinnenweben zwischen dem Geäst auf, manche neu, andere zerrissen. Yenu ekelte sich vor den klebrigen Gespinsten, die ihr wie Silberfäden an der Kleidung und in den Haaren hingen, doch sie klagte nicht und folgte Miya weiter durch das unwegsame Gelände.
    Nach einer Zeit, die Yenu wie eine Ewigkeit vorkam, gelangten sie auf eine ausgedehnte Lichtung, die nur von Farnen und Gräsern bewachsen war.
    »Wir rasten!« Miya schien ebenso erleichtert wie Yenu, dem Wald und den Spinnenweben zumindest für eine Weile entronnen zu sein. Sie legte ihr Gepäck auf den Boden, sank erschöpft ins feuchte Gras und schloss die Augen. »Weiter als bis hierher bin ich noch nie gegangen«, sagte sie leise, und es klang fast

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