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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Riegel und die Tür knarrten. »Dein Leben und das deiner Novizin liegen von nun an in ihren Händen, so wie das ihre in den euren«, tönte die befehlsgewohnte Stimme aus der Ferne. »Alles, was du für sie tust, wird auch dir helfen zu überleben.« Dann fiel die Tür ins Schloss. Sie war fort.
    »Ich will nicht sterben«, wimmerte die Novizin mit dünner Stimme.
    Die Heilerin seufzte. »Ich auch nicht.«
    Es folgten endlose Augenblicke des Schweigens.
    Eine Fliege summte heran, setzte sich auf eine der offenen Wunden und labte sich an dem frischen Blut.
    Die Felis zuckte zusammen.
    »Sie hat sich bewegt.« Die Katzenfrau spürte einen Windzug über der Wunde, dann war die Fliege fort. »Ist sie wach?«
    »Ich hoffe nicht.« Besorgnis schwang in der Stimme der Heilerin mit. »Sie muss viel schlafen, um zu gesunden. Zu dumm, dass ich ihr die Augenbinde nicht abnehmen kann. Die Augen verraten uns viel über den Zustand eines Verletzten. Aber so …« Sie schien etwas zu überlegen und sagte dann: »Genug geredet. Ich brauche Banbuck, frische Tücher und mehr Wolfspfotenkraut. Die Schergen haben ganze Arbeit geleistet, aber ich werde nicht zulassen, dass sie stirbt.«
    Die Felis entspannte sich. Die Heilerin und die Novizin waren ihr wohl gesonnen. Sie war am Leben, und wenn sie auch nicht wusste, wie lange noch, so hatte sie doch wertvolle Zeit gewonnen.
    Das allein zählte.
     
     

    ***
     
    Der Nachmittag schritt voran, und immer noch konnten Yenu und Miya keinen Hinweis auf mögliche Verfolger entdecken. Unterwegs hatte es mehrere Male geregnet. Die Kleidung und die Haare waren völlig durchnässt, und in der stickigen, feuchtwarmen Luft bestand keine Hoffnung, dass sie bald trocknen würden.
    Dennoch, sie kamen gut voran, und zum ersten Mal seit ihrer Flucht gestattete sich Yenu einen zögerlichen Gedanken daran, womöglich bald in Sicherheit zu sein.
    Erschöpft, aber zuversichtlich folgte sie Miya, die ihnen den Weg durch das Dickicht mit dem Buschmesser freischlug. Sie wusste nicht, wohin ihre Freundin sie führte, war aber erstaunt, wie zielsicher sich diese den Weg durch den Dschungel bahnte. So eilte sie ihr nach, ohne zu klagen, obwohl es ihr immer schwerer fiel, mit Miya Schritt zu halten.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis sie den Grund dafür erkannte: Sie gingen bergauf. Der Gedanke kam so überraschend, dass Yenu ihn noch einige Herzschläge lang prüfte, ehe sie sich eingestand, dass es stimmte. Es war ein seltsames, ungewohntes Gefühl. Noch nie in ihrem Leben war sie bergauf gegangen. Das Land an den Ufern des Pilan war flach, und die Ebene erstreckte sich in alle Himmelsrichtungen viel weiter, als den Hederofrauen zu gehen gestattet war.
    Waren sie wirklich schon so weit gelaufen? Yenus Herz tat vor Freude einen Satz. Der Gedanke an die nahe Freiheit gab ihr neue Hoffnung, und sie schritt wieder kräftiger aus.
    Die Feuchtigkeit und Hitze des Dschungels nahmen ab, je höher sie kamen. Es war, als stiegen sie langsam aus einem dampfenden Kessel empor.
    Der erste kühle Windzug, der ihr Gesicht streifte, ließ Yenu frösteln. Auf einer von niedrigen Pflanzen bewachsenen Lichtung hielt sie inne und wagte einen Blick hinab ins Tal. Zu ihren Füßen erstreckte sich der nebelverhangene Dschungel wie ein dicker, dunkelgrüner Teppich bis zum Horizont. Sie versuchte auszumachen, wo der Pilan floss, aber die Kronen der Bäume wuchsen so dicht, dass sie es nicht erkennen konnte. Wohin sie auch blickte, gab es nur Dschungel. Selbst der lang gezogene Bergrücken, den sie bestiegen, war über und über mit Wald bedeckt.
    Beim Anblick des langen, gebogenen Hügelkamms beschlich Yenu das absurde Gefühl, die Flanke eines gewaltigen Untiers zu erklimmen, dass sich hier vor Tausenden von Wintern zur Ruhe gelegt hatte und im Lauf der Zeit von dem üppigen Grün überwuchert wurde.
    »Komm!«, hörte sie Miya von weiter oben rufen. Ihre Freundin hatte das Ende der Lichtung bereits erreicht und bedeutete ihr winkend, ihr zu folgen. »Du darfst hier nicht stehen bleiben«, mahnte sie. »Auf der Lichtung können wir viel zu leicht gesehen werden.«
    »Ich komme schon.« Für einen Augenblick schämte sich Yenu, nicht selbst daran gedacht zu haben. Das Dach der Blätter bot ihnen zwar etwas Schutz, doch einem aufmerksamen Hederospäher würde nicht entgehen, wenn sich auf der Lichtung am Bergrücken etwas bewegte. Eilig schloss sie zu Miya auf und setzte mit ihr den Aufstieg fort.
    Es wurde Abend, ehe sie den Kamm des

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