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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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vom Wasser entfernt hielt sie inne, öffnete die Tasche und holte das einzige Pergament hervor, das sich darin befand.
    Die ersten Zeilen überflog sie mit unergründlichem Gesichtsausdruck. Plötzlich hellte sich ihre Miene auf. »Wir haben Glück«, sagte sie zu der Felis. »Deine Schwester ist noch am Leben.«
    Die Felis gab einen Laut von sich, der sich wie ein Schnurren anhörte. »Was ist mit ihr?«, fragte sie.
    »Nun ja.« Suara zögerte. Dann gab sie sich einen Ruck und sagte: »Die Hohepriesterin lässt verkünden, dass sie deine Schwester anlässlich des großen Opferfestes durch ein Gottesurteil öffentlich hinrichten lassen wird. Sie befiehlt allen Stämmen, zum Tempel zu kommen, um mit eigenen Augen anzusehen, dass auch die Felis sterblich sind.« Sie blickte die Katzenfrau mitfühlend an. »Immerhin ist sie noch am Leben«, versuchte sie unbeholfen zu trösten. »Und bis zum Opferfest ist es noch lange hin. Zeit genug, einen guten Plan zu schmieden.«

 

     
     
     
     
     
    Liebliche Laute schwebten durch die Halle der schlafenden Götter. Laute, die hier schon eine Ewigkeit nicht mehr erklungen waren. Laute, die ein winziges Stück des Lichts und der fröhlichen Gelassenheit zurückbrachten, die hier einst beheimatet gewesen waren.
    Jemand sang.
    Betörend und rein, aber auch traurig und voller Sehnsucht.
    Dem Wanderer war die Stimme wohl vertraut. Die schwebenden Klänge begleiteten ihn, während er durch die große Halle schritt, vorbei an den staubbedeckten Ruhestätten derer, die sich hier vor vielen hundert Wintern zur Ruhe gelegt hatten. Vor Thorns Liegestatt mit den Formen galoppierender Pferde hielt er inne, blies den Staub beiseite und bedachte das graue Gestein mit prüfendem Blick. Auch Emos mit steinernen Blumen verzierter Bank und Asnars Stätte widmete er große Aufmerksamkeit, ehe er sich schließlich Callugar zuwandte, dessen erstarrter Körper neben seinem Weib Tyra ruhte.
    »Nun?« Asza war lautlos herangetreten und betrachtete aufmerksam die feinen Risse, die sich unter dem Staub im Gestein von Callugars Ruhestätte abzeichneten. »Wie sieht es aus?«
    »Es geht langsam voran.« Der Wanderer seufzte. »Aber es werden immer mehr. Wie es scheint, tragen die beunruhigenden Neuigkeiten, die Eure Mutter in die fernen Gestade brachte, erste Früchte. Zudem danken die Menschen in Nymath den Göttern für den Frieden. Das Ende des Krieges hat ihren Glauben neu erstarken lassen – auch das ist ein gutes Zeichen.« Er schaute die junge Göttin an und lächelte. »Ihr habt eine wunderschöne Stimme.«
    »Danke.« Asza errötete. Nach der langen Zeit, die sie als altes Weib in Nymath gelebt hatte, war sie es nicht mehr gewohnt, Komplimente zu erhalten. »Aber eine schöne Stimme ist leider nicht genug.«
    »Habt Ihr etwas erreichen können?« Der Wanderer stand auf und blickte in die Halle, in der einst Callugars prächtiger Sternenstaubbrunnen gestanden hatte.
    »Ein wenig. Aber ich bin nicht so stark wie Callugar.« Asza senkte den Blick. »Außerdem muss ich einen Großteil meiner Kraft darauf verwenden, dass unser Wirken unbemerkt bleibt. Er hat uns nicht vergessen – und er war schon einmal hier.«
    »Seid unbesorgt.« Der Wanderer ging auf die Überreste dessen zu, was einmal ein magischer Brunnen gewesen war. »Er gründet seine Herrschaft auf Blut, nicht auf den Glauben. So kurz vor dem großen Opferfest ist seine Macht geschwächt. Er wird die Täuschung nicht durchschauen und uns an anderen Orten suchen.«
    »Aber jene, die ihre Macht auf den Glauben gründen, sind noch schwächer«, entgegnete Asza düster. »Wir können nur hoffen und beten, dass unser Plan gelingt. Die Figuren sind aufgestellt. Das Spiel hat begonnen.« Sie fuhr mit der flachen Hand beschwörend über den kleinen See, der sich nach mühsamer Arbeit wieder am Grund der flachen Schale aus Sternenstaub gebildet hatte. »Willst du sie sehen?«
    »Sehen?« der Wanderer horchte auf. »Aber ich dachte, du …«
    »Ich kann den Brunnen nicht wieder herstellen, das ist richtig«, räumte Asza ein. »Aber wir können ihn nutzen, um zu sehen.«
    Erst verschwommen, dann immer klarer erschien auf der Wasserfläche das Bild zweier Reiter, die über die Steppe preschten. »Die Nebelsängerin ist auf dem Weg zum Arnad«, bemerkte Asza sichtlich zufrieden. »Ihr Wille zur Heimkehr macht sie zu einer mächtigen Verbündeten.« Sie löschte das Bild, indem sie mit dem Zeigefinger sanft in das Wasser tippte und fragte: »Was ist

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