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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Sie hatte ihn gesucht …
    Jetzt erst wurde ihm klar, dass sie ihm zu dem Zeitpunkt etwas hatte sagen wollen. Etwas Wichtiges. Etwas, das vielleicht mit dem Ulvars oder mit dem gefährlichen Ritt nach Andaurien zusammenhing. Eine eisige Hand griff nach seinem Herzen, als er begriff, dass er in jenem Augenblick vermutlich die einzige Gelegenheit verspielt hatte zu erfahren, was Ajana vorhatte.
    »Umso wichtiger ist es, dass wir ihr folgen«, hörte er Inahwen sagen. »Die Nunou ist riesig. Sie kennt sich dort nicht aus. Allein in der Wüste ist sie verloren.«
    »Inahwen hat Recht«, pflichtete Aileys der Elbin bei. »Wir müssen sie finden und von diesem Irrsinn abbringen. Wenn sie Andaurien erreicht, besteht die Gefahr, dass dort alle von uns – und von Nymath – erfahren. Nicht nur ihr Leben und das von Abbas, auch die Sicherheit unseres Landes ist in höchster Gefahr!«
     
     

    ***
     
    Für Ajana und Abbas verlief der Ritt vom Pandarasgebirge zum Arnad ohne Zwischenfälle. Abgesehen von einer Handelskarawane, die aus Udnobe kommend auf dem Weg zum Pass war, begegneten sie keiner Menschenseele und sahen außer ein paar Schlangen und Eidechsen, die es sich auf den sonnenwarmen Felsen bequem gemacht hatten, auch nur wenige Tiere.
    Zwei- oder dreimal flogen Raubvögel über sie hinweg. Wie sich jedoch herausstellte, waren keine Falken darunter, und Ajana, die immer noch Sorge hatte, verfolgt zu werden, atmete erleichtert auf.
    Die Zeit verrann unter dem monotonen Dreischlag der Hufe. Hügel und Felsen blieben hinter ihnen zurück, und das Pandarasgebirge schmolz langsam zu einer dunklen Linie am südlichen Horizont zusammen. Was blieb, waren Steine, das Stachelgras und der rote Wüstensand, der sich in den flachen Senken und Mulden der Ebene zu kleinen Staubseen gesammelt hatte.
    Am frühen Nachmittag kam Wind auf, ein warmer, trockener Nordwind, der den feinen Staub der Nunou wie ein Versprechen auf kommende Herausforderungen mit sich trug.
    Die Sonne neigte sich gen Westen, und noch immer gab es keinen Hinweis darauf, dass sie sich ihrem vorläufigen Ziel näherten.
    Und wenn wir uns verirrt haben? Je weiter sie nach Norden ritten, desto häufiger beschlichen Ajana Zweifel. Schweigend ritt sie neben Abbas her und hing ihren eigenen Gedanken nach, bis dieser ganz unvermittelt sein Pferd zügelte.
    »Wasser!«, sagte er mit leuchtenden Augen, hielt die Nase in den Wind und atmete tief durch. »Wir sind bald da!«
    Ajana tat es ihm gleich, bemerkte aber nichts. »Wie weit ist es noch?«, fragte sie zweifelnd.
    »Nicht mehr weit!« Zum ersten Mal an diesem Tag sah sie Abbas lächeln.
     
    Als der Silbermond aufging, errichteten sie ihr Lager unmittelbar am Fluss. Eingehüllt in Decken, saßen sie an dem kleinen Feuer, das Abbas aus trockenem Treibholz entfacht hatte, verzehrten eine kalte Mahlzeit und blickten auf das Wasser hinaus, wo sich das Licht des Silbermonds in abertausend kleinen Wellen spiegelte.
    Einmal glaubte Ajana sogar einen Fisch aus dem Wasser springen zu sehen. Der Anblick erfüllte sie mit Stolz. Nicht mehr lange, und der Arnad würde wieder voller Leben sein. Mit Fischen und Wasservögeln, mit grünem Ufersaum und Wasserstellen, an denen die Ziegen der Uzoma, die Talpungas und andere Wüstentiere ihren Durst stillen konnten. Das Leben kehrte bereits zurück. Alles war gut.
    Zu aufgewühlt, um schlafen zu können, bot sie an, die erste Wache zu übernehmen. Abbas widersprach nicht. Er rollte sich in seiner Decke am Feuer zusammen und war augenblicklich eingeschlafen.
    Ajana saß da und starrte in die Dunkelheit hinaus. Über das Knistern des Feuers und das leise Schnauben der Pferde hinweg hörte sie Abbas atmen. Sie war froh, nicht allein zu reisen. Er war nicht Keelin, aber er war ein Freund, und seine Nähe tat ihr gut. Sie hatte geglaubt, darüber hinweg zu sein, aber sie fühlte sich in Nymath noch immer fremd. Es fehlte die Vertrautheit, die in ihrer eigenen Welt etwas Selbstverständliches war, und die sie deshalb nie wirklich wahrgenommen hatte. Wie sooft war auch ihr erst durch den Verlust deutlich geworden, was sie besessen hatte …
    Sie ließ den Gedanken unvollendet und blickte wieder auf den Fluss hinaus. Auf der anderen Seite lag die Wüste und irgendwo dahinter Andaurien. Sie wusste nicht, wie viele Nächte sie in der Nunou mit all ihren Gefahren verbringen musste. Doch ganz gleich, ob es eine oder zehn waren: Sie fürchtete sich davor.
     
    Mit dem ersten Licht der Dämmerung

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