Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin
Abrutschen des Sands nicht entgangen. Ihre ganze Haltung zeugte von Anspannung, aber auch sie schien ratlos.
»Keelin, was ist?«, wagte Aileys erneut einen Versuch, Keelin anzusprechen. »Hat Horus etwas entdeckt? Gibt es einen …«
In diesem Augenblick explodierte der Sand der Düne, als bräche ein Sturm daraus hervor. Keelin und Aileys wichen erschrocken zurück. Die Pferde wieherten schrill und flohen, aber ihre Bewegungen litten unter der Hitze. Sie waren viel zu langsam.
Wie aus einem Albtraum entsprungen, schoss eine gewaltige rot geschuppte Echse mitten aus dem Sand hervor und schnappte nach den Pferden. Diese hatten Glück; obwohl der weiche Sand unter ihren Hufen immer wieder nachgab, gelang es ihnen, sich aus der Mulde zu befreien und den Dünenkamm hinaufzupreschen.
Die Echse zögerte nicht. Mit einer spielerisch anmutenden Bewegung wand sie sich gänzlich aus der Düne hervor, grub die klauenbewehrten Krallen tief in den weichen Sand und setzte den Pferden nach, die in alle Himmelsrichtungen davongaloppierten.
Als die Echse den Dünenkamm erreichte, verharrte sie, als hätte sie entschieden, dass sich eine Verfolgung nicht lohnte.
»Wach auf, Kruin, wir müssen hier weg!« Keelin rüttelte den Uzoma an der Schulter. Die Augen fest auf das gewaltige Untier gerichtet, das inmitten der Düne auf Beute gelauert hatte, bewegte er sich langsam rückwärts vom Grund der Mulde fort.
»Was … was ist das?«, hörte Keelin Aileys neben sich murmeln. Nie zuvor hatte er ein solches Entsetzen bei einer Wunand gesehen.
»Ich weiß es nicht.« Keuchend stemmte Keelin sich gegen den Sand, der unter seinen Füßen immer wieder nachgab. Noch wandte die Echse ihnen den Rücken zu und hatte sie nicht bemerkt, aber das konnte sich jeden Augenblick ändern. Und als hätte sie Keelins Gedanken aufgefangen, bewegte sie den rot geschuppten Kopf langsam in ihre Richtung.
»Lauft!« Aileys’ gellender Befehl zerriss die Stille.
Die anderen reagierten sofort.
Die Echse auch. Mit einer Gewandtheit, die man ihr wegen ihrer Größe nicht zugetraut hätte, fuhr sie herum, verharrte auf der Stelle und starrte den Flüchtenden nach, als müsse sie erst überlegen, ob es sich um lohnende Beute handelte. Dann rannte sie los.
Die vier liefen so schnell sie konnten, wohl wissend, dass eine Flucht sinnlos war. Die Riesenechse war für die Jagd in der Wüste ausgestattet und kam rasch näher. Zu beiden Seiten des Kopfes hatten sich zwei armlange Fächer aus dünnen Hautlappen entfaltet, die sie noch größer erscheinen ließen und im Licht der tief stehenden Sonne bedrohlich rot leuchteten.
»Wir teilen uns in zwei Gruppen«, hörte Keelin Kruin ausrufen. Zusammen mit dem Uzoma schwenkte er nach links, während Inahwen und Aileys nach rechts liefen.
Das Manöver schien die Echse zu verwirren. Unschlüssig, wem sie folgen sollte, blieb sie stehen und bewegte den Kopf ruckartig von links nach rechts. Endlose Augenblicke verstrichen. Dann entschied sie sich, Inahwen und Aileys zu folgen. Mit wiegendem Laufschritt setzte sie sich in Bewegung und schloss schnell zu den beiden auf.
Darauf hatte Kruin nur gewartet. Kaum dass die Echse die ersten Schritte auf die beiden zu machte, hob er die Arme und stieß laute Rufe aus.
Die Echse blieb unvermittelt stehen. Der Kopf mit den roten Fächern flog herum, und die geschlitzten Augen maßen Kruin mit hungrigem Blick. Einen Augenblick lang zögerte sie noch, dann wandte sie sich um, um ihn anzugreifen.
Aileys und Inahwen hatten verstanden, worauf der Uzoma hinaus wollte. Kaum, dass die Echse ein paar Schritte getan hatte, riefen sie laut, um die Aufmerksamkeit des Untiers auf sich zu ziehen. Mit Erfolg! Wieder stutzte die Echse, und wieder wechselte sie die Richtung des Angriffs, was Kruin und Keelin zum Anlass nahmen, die Aufmerksamkeit erneut auf sich zu lenken.
Das Spiel setzten sie noch eine Weile fort. Keiner von ihnen wusste, wie lange es gut gehen würde, aber da sie ihre Waffen in der Senke hatten zurücklassen müssen, erschien ihnen jeder noch so kleine Zeitgewinn wie ein Sieg.
Keelin nutzte die Zeit, die ihm die anderen verschafften, um Horus zurückzurufen. Er sandte dem Falken ein Gefühl der Dringlichkeit und höchster Gefahr und bemerkte erleichtert, dass dieser dem Ruf sofort folgte. Allerdings war er auf der Suche nach Beute sehr weit geflogen, und Keelin konnte nur hoffen, dass er zurückkehrte, ehe es zu spät war.
Die Sonne berührte fast den Horizont, als die
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