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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Aufbegehren gegen die verlockende Stimme des Todes und das Bild des großen, zweiflügeligen Tores, das die ersehnte Rettung verhieß.
     
    Als sie das Ziel schließlich erreichten, hätten Keldas erschöpfte Sinne es fast nicht bemerkt, wäre nicht ihr Hengst wiehernd gestiegen, weil die Reiter vor ihr unerwartet anhielten. Der Schrecken weckte die erstarrten Lebensgeister der Herdmeisterin gerade so weit, dass sie einen Sturz im letzten Augenblick verhindern konnte, indem sie sich an der eisverkrusteten Mähne ihres Reittieres festklammerte.
    »Ho!«, hörte sie jemanden wie aus weiter Ferne rufen, und gleich darauf fragte dieselbe Stimme: »Wer verlangt Einlass in die Festung am Pass des Pandaras?«
    … in die Festung am Pass des Pandaras!
    Es dauerte eine Weile, bis der ermattete Verstand der Herdmeisterin die ganze Tragweite der Worte erfasste.
    »Geschafft!«, rief jemand vor ihr aus. »Wir haben es geschafft!«
    Geschafft … Kelda konnte kaum glauben, was sie da hörte. Unter Aufbietung aller Kräfte gelang es ihr, den Kopf und die bleischweren Augenlider zu heben und ihren Blick in die Richtung zu lenken, aus der die Stimme kam – dorthin, wo sich das große zweiflügelige Tor im Fackelschein wie ein Symbol der Hoffnung hinter den wirbelnden Flocken abzeichnete.
    Wir haben es geschafft!
    Plötzlich hatte Kelda das Gefühl, ihr werde eine zentnerschwere Last von den Schultern genommen. Alle Anspannung und alle Pein fielen im Bruchteil eines einzigen Augenblicks von ihr ab, und ein tiefes Aufatmen füllte ihre Lungen mit frischer Luft. Das Tor und die wirbelnden Schneeflocken verschmolzen zu einem winzigen Punkt vor ihren Augen, dann wurde auch dieser von einer samtenen Dunkelheit verschluckt, während gleichzeitig ein letzter, befreiender Gedanke ihr Bewusstsein streifte: Ich bin gerettet!
     

     
    Wie die Perlen an einer Schnur folgten die Angehörigen der Vereinigten Stämme dem Wegfinder der Vaughn über die schmalen Pfade, die sich an den Südhängen des grünen Tals entlangschlängelten.
    Die Sonne hatte den Zenit längst überschritten, aber noch immer sprach keiner ein Wort. Die meisten waren mit dem Gedanken befasst, was sie wohl jenseits des Arnad erwarten mochte, oder sie setzten sich mit den seltsamen Umständen auseinander, die sich seit dem Morgen mit dem Auftauchen der Uzoma ergeben hatten.
    Ajana war über den Punkt hinaus, an dem ihre Gedanken von Furcht und Verbitterung über die Ungerechtigkeit des Schicksals beherrscht wurden. Ähnlich wie bei ihrem Aufbruch von der Festung am Pass verspürte sie eine dumpfe Lähmung der Sinne, nahm die Ereignisse ergeben hin und ließ den Dingen ihren Lauf, ohne zu klagen. Und wie schon am Pass empfand sie sich auch diesmal wieder wie die Figur eines undurchsichtigen Strategiespiels, auf dessen Verlauf sie keinen Einfluss nehmen konnte und in dem sie lediglich die Züge eines imaginären Spielers auszuführen hatte.
    Aber da war auch noch etwas anderes, etwas, das ihr damals am Pass nicht bewusst geworden war. Trotz der resignierenden Erkenntnis, ihr Leben nicht mehr allein bestimmen zu können, erwuchs in ihr diesmal der feste Glaube, diesem neuen, schier unüberwindlich erscheinenden Hindernis gewachsen sein zu können.
    An den Ufern des Arnad hatte sie zum ersten Mal erfahren, welche Kräfte in ihr schlummerten und was sie zu vollbringen in der Lage war. Sie hatte bisher mit niemandem darüber gesprochen, aber sie wusste, dass der Zauber, den sie gewoben hatte, auch einen Teil ihres Selbst verändert hatte. Etwas in ihr war erwacht. Etwas Altes, Mächtiges, das sechzehn Jahre lang in den Tiefen ihres Bewusstseins geschlummert hatte und nur auf eine Gelegenheit wartete, erneut aus ihr hervorzubrechen und sich durchzusetzen – ihr elbisches Erbe, Gaelithils Macht. Wenn sie den Glauben daran nicht verlor, würde sie auch die neuerliche Herausforderung meistern, so wie es ihr schon einmal gelungen war.
    Sie trug nun wieder die Kleidung, die ihr die Heilerinnen des Heeres nach der Befreiung aus den Händen der Uzoma gegeben hatten. Frisch gewaschen und von den Vaughn säuberlichst geflickt, lag der Stoff fast angenehm auf ihrer Haut, und Ajana bemerkte erstaunt, wie schnell sie sich an die fremdartige Gewandung gewöhnt hatte. Cyllamdir , das elbische Kurzschwert ihrer Ahnen, das sie am Pass von Inahwen erhalten hatte, steckte blank poliert in der ledernen Scheide an ihrem Gürtel, und der lange Reiseumhang war von den Vaughn zum Schutz vor Wind, Kälte

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