Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin
kämpfte.
Jenseits der Schreckensnachrichten, die sich in Nymath um das dunkelhäutige Volk rankten, schien die Lebensweise der beiden Völker sehr ähnlich, wenn man einmal außer Acht ließ, dass die Uzoma in ihrer Verzweiflung dem verwerflichen Glauben an den dunklen Gott anheim gefallen waren.
Dass die drei Krieger ihrem Volk über das Schicksal des Heeres berichten wollten, nachdem das Tribunal nun nicht stattfand, erschien ihr einleuchtend. Allerdings war es ihr angesichts des offen zur Schau getragenen Hasses auf beiden Seiten unverständlich, warum Ylva so hartnäckig darauf bestand, dass beide Gruppen den Weg gemeinsam zurücklegten.
Die Befürchtungen, die Bayard hegte, lagen nahe, ebenso jedoch der Gedanke, dass auch die Uzoma nicht vor Racheakten sicher waren.
All das musste Ylva nur allzu bewusst sein, und Ajana fragte sich insgeheim, was die Seherin des kleinen Volkes mit ihrem eindringlichen Wunsch wirklich zu erreichen hoffte.
»… sollten wir nicht vergessen, dass vor allem Ajana in großer Gefahr ist.« Der Klang ihres Namens lenkte Ajanas Aufmerksamkeit wieder auf die leise geführte Unterredung und auf Inahwen, die soeben ihre Bedenken kundtat. »Wir haben keine Kenntnis darüber, wie viel sie über Ajana wissen«, hörte sie die Elbin flüstern. »Doch wenn … dann ist ihr Leben in höchster Gefahr.« Inahwen schüttelte den Kopf und seufzte. »Dennoch, ich sehe keinen Ausweg. Wenn wir Nymath vor dem Schlimmsten bewahren wollen, sind wir auf die Hilfe der Vaughn angewiesen. Und wie es aussieht, wird uns diese Hilfe nur dann zuteil, wenn wir uns auf den Handel einlassen.«
»Das … das ist eine hinterhältige Androhung!« Bayard stieß einen ärgerlichen Laut aus und ballte die Fäuste. Die innere Zerrissenheit und das zähe Ringen widerstreitender Gefühle standen dem Heermeister deutlich ins wettergegerbte Gesicht geschrieben. Der Hass auf die Uzoma wütete in ihm mindestens ebenso stark wie der Wunsch, seine Heimat vor den Feuerkriegern zu schützen. Beide Gefühle fochten in ihm einen heftigen Kampf aus, bei dem es keinen Sieger geben konnte. Schließlich trat er mit dem Fuß einen Stein fort und stieß knurrend hervor: »Also gut, aber nur, wenn sie keine Waffen tragen! Man muss schließlich nicht bewaffnet sein, um seiner Mutter einen Besuch abzustatten.« Er schnaubte wie ein wütender Warrunbüffel und fügte gereizt hinzu: »Und sie gehen voraus. Ich könnte es nicht ertragen, die Blicke des elenden Lagarengeschmeißes im Nacken zu spüren.«
»Was sagt ihr?« Inahwen blickte die anderen der Reihe nach an.
»Sieht ganz so aus, als bliebe uns keine Wahl.« Artis wirkte ernüchtert und niedergeschlagen. »Möge Callugar schützend seine Hand über uns halten.«
Tarun nickte und fügte hinzu: »Mögen unsere Augen und Ohren stets wachsam sein.«
Inahwen nickte. »Und du, Maylea?«, fragte sie.
Maylea antwortete nicht. Die Augen zu schmalen Schlitzen verengt, starrte sie die Uzoma an, die Hand wie eine Klaue um das Heft ihres Kurzschwertes gekrallt.
Endlose Augenblicke lang herrschte Schweigen.
»Ich werde nicht von Ajanas Seite weichen …«, antwortete Keelin rasch, als die Stille unerträglich wurde, und legte den Arm um Ajanas Schultern,»… und sie mit meinem Leben beschützen.«
»Ich habe nichts anderes erwartet.« Inahwen lächelte wissend. »Und was ist mit dir?«, richtete sie das Wort an Ajana. »Du bist von uns allen am meisten gefährdet. Stünde es in meiner Macht, ich ließe dich hier zurück. Doch ohne deine Hilfe werden wir die Hohepriesterin niemals schnell genug finden und …«
»Macht Euch um mich keine Sorgen.« Ajana versuchte tapfer zu klingen. »Ich werde meine Aufgabe so erfüllen, wie ich es zugesagt habe.«
Inahwen nickte bedächtig und wartete, ob irgendjemand dem noch etwas hinzuzufügen hatte. Als niemand die Stimme erhob, sagte sie mit einem letzten prüfenden Blick in die Runde: »Dann ist es also entschieden.«
Wenig später verließen alle das Tal.
Wie Bayard es gefordert hatte, gingen die Uzoma mit Nahma vorneweg, während die Angehörigen der Vereinigten Stämme ihnen in sicherem Abstand unter Ghans Führung folgten.
Zu Bayards großem Unbehagen trugen die Uzoma auch weiterhin ihre Kurzschwerter am Gürtel. Nur unter Protest hatte man sich darauf geeinigt, dass angesichts der unsicheren Wegstrecke jeder seine Waffen bei sich behielt, wenngleich Ylva allen das Versprechen abgenommen hatte, diese für die Dauer der Reise ruhen zu
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