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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Haarsträhne aus der Stirn und hob den Blick, um den Stand der Sonne zu bestimmen. Inmitten der dichten Wolken, die am Morgen von Westen her aufgezogen waren und den Himmel während ihrer Wanderung bedeckten, fiel es ihr schwer, doch sie hatte sich im Verlauf der vielen hundert Winter ein umfassendes Wissen über die Gestirne angeeignet. Der Blick ihrer kleinen, altersmüden Augen wanderte nach Westen, und sie erkannte, dass sich die Sonne schon bald zur Ruhe begeben würde. Nicht mehr lange, und die Nacht würde ihren dunklen Mantel über die eisigen Höhen jenseits der Baumgrenze breiten.
    Der Gedanke, die Nacht auf den ungeschützten Hängen verbringen zu müssen, drängte die Magun dazu, noch schneller auszuschreiten. Sie spürte, dass das Ziel nicht mehr fern war, und wenn sie auch nicht ermessen konnte, ob es noch hundert oder tausend Schritte sein mochten, so hoffte sie doch, es vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen.
    Keuchend und um Atem ringend, schleppte sie sich voran, ein winziger dunkler Punkt auf dem endlosen Weiß. »Ihr allwissenden Götter, diese Wege sind wahrlich nicht für Menschen gemacht«, sprach sie leise zu sich selbst, während sie sich im Stillen fragte, wie der Wanderer die verborgenen Tore ein ums andere Mal erreicht haben mochte. Ganz gewiss nicht wie sie – zu Fuß!
    Wie zur Antwort zerriss der Schrei eines Runkaadlers die Stille der frostigen Bergwelt. Die Magun hielt inne, um nach dem stolzen Herrscher der Lüfte Ausschau zu halten. Doch die Wolken waren zu dicht und das Licht zu schlecht, als dass sie etwas hätte erkennen können, und so machte sie sich alsbald wieder auf den Weg.
    Sie war noch keine fünfzig Schritt gegangen, als sie den Ruf des Adlers erneut vernahm, diesmal in unmittelbarer Nähe. Die Magun sandte dem Tier einen freundschaftlichen Gedanken, da sie fürchtete, er könne sich durch ihre Nähe bedroht fühlen, dann setzte sie die Reise fort. Die Wolken waren inzwischen so dicht, dass sie kaum drei Schritte weit sehen konnte. Es wurde noch kälter, und das Licht schwand immer schneller, doch sie fühlte, dass sie fast am Ziel war, und gönnte sich keine Rast.
    Froh, ihre Schneeschuhe dabei zu haben, hastete sie weiter über den lockeren Pulverschnee. Zehn, zwanzig, fünfundzwanzig Schritte, dann hielt sie plötzlich inne und wich instinktiv zurück.
    Vor ihr öffnete sich ein gähnender Abgrund, so steil und bodenlos, wie sie noch keinen gesehen hatte. Eine tödliche Schlucht, an deren zerklüfteten Wänden der Wind den Schnee fortgerissen hatte und die angefüllt war mit wirbelnden Wolken, die den Blick auf alles verbargen, was darunter liegen mochte.
    Fassungslos hielt die Magun inne. Ihr Herz raste, und das Blut rauschte ihr in pulsierenden Strömen in den Ohren. Sie schloss die Augen und rang um Atem, während sie versuchte, den grauenvollen Schrecken zu überwinden, der ihr in die Glieder gefahren war.
    Dabei vernahm sie erneut den Schrei des Runkaadlers, und diesmal gab er sich ihr zu erkennen. Mit majestätischem Flügelschlag landete er einen Schritt vom Abgrund entfernt, legte die gewaltigen Schwingen an den Körper und kam auf sie zu. Den Kopf mit dem weißen Wintergefieder stolz erhoben, reichte er ihr fast bis zu den Hüften. Er ließ sie nicht aus den Augen, und obwohl sie wusste, dass es gefährlich sein konnte, erwiderte sie den Blick.
    Die dunklen Vogelaugen schlugen sie sofort in ihren Bann; sie spürte die Wildheit des ungezähmten Raubvogels und seinen Stolz, als seien diese Gefühle auch ihr zu Eigen. Sie wehrte sich nicht dagegen. Auch empfand sie keine Furcht, denn trotz aller Schrecken lag etwas Vertrautes in dem Blick des Runkaadlers. Ein uraltes Wissen und die Ahnung von etwas, das auch die Magun einmal ihr Eigen genannt hatte.
    Ich bin bereit! Die Worte formten sich wie von selbst in ihren Gedanken und brachen so selbstverständlich aus den Tiefen ihres Bewusstseins hervor, wie eine Parole, die lange an einem geheimen Ort verborgen war, um nun ohne ihr Zutun wieder an die Oberfläche zu gelangen.
    Gleich darauf spürte sie, wie etwas von ihr Besitz ergriff.
    Etwas Warmes, Wohlvertrautes, das in ihren Gedanken wie in den Seiten eines offenen Buches las und sogar noch tiefer bis in den hintersten Winkel ihres Bewusstseins vordrang.
    Die Magun konnte sich nicht bewegen und nicht atmen. Sie fühlte nicht einmal ihren eigenen Herzschlag, aber sie fürchtete sich nicht.
    Es ist eine Prüfung, wisperte es in ihren Gedanken. Eine Prüfung, die

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