Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin
Pflanzen nicht erreichte, hatten sie am Morgen eine große Anzahl solcher Lampenkörbe vorgefunden, ohne die sie in der Finsternis bald hoffnungslos verloren gewesen wären.
Nahma ging mit den drei Uzoma voraus, während Ghan, gefolgt von Bayard und Inahwen, die zweite Gruppe anführte. Bayard traute den Uzoma noch immer nicht und hatte mit der Begründung, einen möglichen Hinterhalt der drei Stammesfürsten schon aus der Entfernung riechen zu können, darauf bestanden, ganz vorn mit dabei zu sein.
Maylea ging vor Ajana und Keelin, der die Höhlen aus Rücksicht auf den Falken ohne Horus betreten hatte, unmittelbar hinter ihr, gefolgt von Artis und Tarun, die den Schluss bildeten. Ajana empfand es als tröstlich, in der Mitte der Gruppe zu gehen, und beneidete Tarun nicht um sein Los, der Letzte zu sein. Das Gefühl, nichts als die Dunkelheit im Rücken zu wissen, machte ihr Angst, und sie spürte, wie sich ihr schon bei dem bloßen Gedanken daran die Nackenhaare aufstellten.
Maylea hingegen schien selbst inmitten der Gruppe keine Ruhe zu finden. Immer wieder zuckte sie zusammen und blickte sich um, als hätte sie in den Schatten etwas entdeckt, das ihre Aufmerksamkeit weckte.
Ajana konnte das gut nachvollziehen. Das Wissen um Millionen Tonnen Gestein über ihrem Kopf weckte auch in ihr ein bedrückendes Gefühl, doch sie rang die aufkommende Beklemmung nieder und gestattete es sich nicht, weiter darüber nachzudenken.
Um sich abzulenken, richtete sie ihr Augenmerk wieder auf die Umgebung und versuchte, die Größe der Räume und Gänge, die sie durchschritten, anhand des Nachhalls ihrer Schritte zu ermessen. An einigen Stellen rückten die Wände so dicht heran, dass Ajana sie mit den Händen berühren konnte, dann wiederum wich das poröse Gestein zurück, und die Schwärze jenseits der Lichtkegel barg die Ahnung einer gewaltigen Höhle in sich, an deren Wänden sich das Scharren der Stiefel wie in einem gewaltigen Kirchengewölbe brach.
In einer solchen Höhle legten sie die erste Rast ein.
Das Gewölbe war geradezu gigantisch. Ajana fiel kein anderer Begriff ein, der dem Anblick, der sich ihr bot, auch nur annährend entsprochen hätte. Allein die kathedralenartige Höhle der Seelensteine mit ihren Säulen und Bogen mochte in Größe und Ausdehnung an diesen unterirdischen Felsendom heranreichen, dessen wahre Dimensionen sie nur erahnen konnte. Hoch über ihren Köpfen spannte sich die Höhlendecke, fern und düster wie ein Himmelszelt, an dem Hunderte kleinster Moosgeflechte wie winzige Sterne leuchteten. Auch an den Wänden, am Boden und an den steinernen Säulen, die bis zur Decke emporreichten, konnte Ajana moosbewachsene Stellen erkennen, ein beeindruckender Anblick, der sie in den Bann zog. Obwohl das Moos nur schwach leuchtete, reichte das Licht aus, die Dunkelheit zu vertreiben und die Höhle in ein schwaches Zwielicht zu tauchen.
»Atemberaubend, nicht wahr?« Inahwen trat neben Ajana und verharrte wie sie in ehrfürchtigem Schweigen.
Ajana nickte stumm. Nach den endlosen, engen Gängen und Tunneln fühlte sie sich in der weitläufigen Höhle befreit und atmete erleichtert auf. Unfähig, den Blick abzuwenden, bedauerte sie das schlechte Licht, das es ihr unmöglich machte, die Schönheit des Felsendoms gänzlich zu erfassen. Sie fragte sich, welche gewaltigen Kräfte wohl nötig gewesen sein mochten, um eine solche Höhle zu erschaffen.
Nahma und die Uzoma erwarteten sie schon. Ajana entdeckte die Umrisse der vier Gestalten, die ihnen vorausgegangen waren, und das Licht ihrer Leuchtkörbe nicht weit entfernt im Innern der Höhle.
Keelin, Artis und Tarun waren schon an Inahwen und ihr vorbei zu dem Lagerplatz gegangen, den Ghan nur wenige Schritte von den Uzoma entfernt ausgewählt hatte, doch die beiden Frauen gönnten sich noch einen Augenblick des Innehaltens und schauten sich um.
Nach einer angemessenen Weile wandte die Elbin sich schließlich zur Seite, deutete auf einen Felssims ein wenig abseits des Lagerplatzes und forderte Ajana mit gedämpfter Stimme auf: »Lass uns dort ein wenig verweilen. Es ist an der Zeit, dass du etwas mehr erfährst über den Mondstein und seine Verwendung.«
Dass jene, denen sie unbemerkt folgte, drei der Leuchtkörbe nahe dem Höhleneingang zurückgelassen hatten, wertete Faizah als ein Zeichen des Schicksals.
Nachdem sie lautlos in den lichtdurchwirkten Eingang hineingehuscht war, hatte sie zunächst gezögert, ihr Vorhaben fortzuführen, denn
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