Das Erbe der Uraniden
sich wegen seines langen Ausbleibens schon Sorge gemacht. Mit ein paar herzlichen Worten verabschiedete sich Gorm von Tim Broker und versprach, ihn, bevor er fortfuhr, noch einmal wiederzusehen. –
Die anderen hatten sich schon zur Ruhe begeben. Gorm und Sidney Stamford saßen allein. Jeder hatte seine Erlebnisse erzählt. Jetzt wollten sie auch zur Ruhe gehen. Zerstreut griff Sidney Stamford nach der Zeitung.
Da! Seine Faust fiel schwer auf den Tisch. War’s möglich? Gorm schaute verwundert auf den Freund, der in sichtlicher Erregung war.
»Was ist Ihnen, Stamford?«
Der ließ die Zeitung sinken. Erstaunen, Betroffenheit kämpfte in seinen Zügen.
»Eine sonderbare Nachricht, Gorm. Majadevi…«
»Majadevi? Was ist mit ihr?« Erregt unterbrach er ihn.
»Hören Sie, was hier steht:
Buenos Aires. In der Psychologischen Vereinigung tritt seit einigen Tagen der indische Jogi Sarata mit seinem Medium Majadevi auf. Die Vorstellungen, die vor einem großen Kreis hervorragender Personen stattfinden, erregen das größte Aufsehen, die Leistungen des Mediums grenzen an das Wunderbare…«
»Wär’s möglich?« Gorm ergriff die Zeitung, las selbst die Nachricht, strich sich über die Stirn, schloß die Augen.
»Karma! Das Karma…«, hörte er die Stimme des Freundes, »es läßt sie nicht auseinanderkommen, die seinen Ruf vernommen haben. Hören sie ihn noch klingen, dann folgen sie dem Gebot.«
Gorm war aufgesprungen.
»Ich fühle die Last stärker als je… dieses Mädchen Majadevi… wo immer ich auch bin, meine Gedanken kommen nicht los von ihr.«
»So werden wir morgen nach Buenos Aires fahren. Wir werden einer Sitzung beiwohnen. Was dann weiter geschehen wird, nur das Karma weiß es.«
*
England war stolz darauf, die erste Hubschraubersternwarte der Welt zu besitzen. Über dem Meridian von Greenwich stand sie in fünfzehn Kilometer Höhe bewegungslos im Äther, von Hubschraubern gehalten und getragen. Ein gewaltiger Bau aus Aluminium und Glas, der ein vollkommenes Observatorium mit den stärksten Teleskopen enthielt. Im Wetteifer mit anderen Ländern hatte England ein solches Wunderwerk zuerst fertiggestellt. Die amerikanische und die deutsche Hubschrauberstation konnten erst einige Zeit später in Betrieb genommen werden.
Für die astronomische Forschung bedeuteten diese Stationen einen ungeheuren Fortschritt. Hier oben, jenseits von Wind und Wetter, über atmosphärische Störungen erhaben, in dünnster, schlierenfreier Luft, konnte man bei den teleskopischen Beobachtungen Vergrößerungen stärksten Ausmaßes benutzen. Das Auge des Beobachters sah hier die Objekte der Sternenwelt zwanzigtausendmal näher, als sie wirklich waren. So manche Erscheinung, so lange ein Streitobjekt, mußte jetzt ihre Klärung finden.
In der großen Kuppelhalle der Greenwicher Hubschrauberwarte trat Professor Moore vom Okular des großen Refraktors zurück.
»Nun, mein lieber Lee, sind wir in der Lage, ziemlich genau die Stelle zu sehen, an der Ihr Oheim Jonas Lee scheiterte.«
Während der Professor sich entfernte, begab sich der junge Gelehrte an das Okular. Er hatte die Tagebuchaufzeichnungen seines Oheims wohl im Gedächtnis. Dort an jener Stelle, wo eine steile Kraterwand zackige Schatten warf, mußte der Ort der Katastrophe sein. Doch vergeblich spähte er nach Überresten der verunglückten Rakete.
Ein Stück mangelhaften Materials an einer der seitlichen Steuerdüsen war die Ursache der Katastrophe gewesen. Das Schiff war durch das unregelmäßige Arbeiten der Düsen aus der planmäßigen Richtung weit nach Norden getrieben. Ferner entsprang daraus ein übermäßig hartes Aufsetzen bei der Landung.
Die Insassen waren aber noch mit heilen Gliedern davongekommen. Voll böser Ahnungen hatten sie sich an die Untersuchung der Rakete gemacht. Schon glaubte man, daß die Einrichtungen unversehrt seien, gab der Welt durch Lichtsignale von der glücklichen Ankunft Kunde, da entdeckte Jonas Lee, daß die Wasserstoffbehälter leck geschlagen waren.
Über das, was da oben weiter geschehen, schwieg das Tagebuch. Die letzten Aufzeichnungen, die Lee mit zitternder Hand geschrieben hatte, lauteten:
»Alle meine Gefährten tot… ich der letzte Überlebende… Noch Sauerstoff für eine Stunde – «
Die Zeit von der Landung bis zum Tode – wie furchtbar, wie schrecklich mußte sie für Jonas Lee und seine Gefährten gewesen sein!
Und dennoch! Ronald Lee trat zur Seite, blickte in das schimmernde Firmament – und
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